Skistart im Sauerland
Nach vielen Wochen im Lockdown laufen seit Dienstag die Lifte in Winterberg wieder. Skifahren geht aber nur mit vorab gekauftem Ticket. Für ein bisschen Spaß im Schnee fährt sogar mancher Bayer nach NRW.
Bevor es die Waldschneise runtergeht, eine 1500 Meter lange blaue Piste von der Bergstation bis runter ins Tal, legt Marius Ziegler eine kurze Pause ein. „Es ist herrlich“, sagt er. „Wir sind seit 9 Uhr hier und noch keine Piste zweimal gefahren.“Schon um 6 Uhr ist er mit seinen Freundinnen Maren Ehrke und Pia Goldner in Wuppertal aufgebrochen, um einen Tag Skiurlaub im Sauerland zu verbringen. Am Dienstag haben sie ihre Tagespässe online gebucht. „Ich hab direkt Urlaub eingereicht“, sagt Pia Goldner. „Das ist eine so schöne Abwechslung zum Alltag im Homeoffice.“Eigentlich wären sie jetzt in Ischgl.
Nun ist das Sauerland nicht das Paznauntal, aber in Zeiten der Pandemie verheißt ein Ausflug nach Winterberg größtes Skifahrerglück. Seit Anfang der Woche dürfen die Skifahrer und Snowboarder wieder auf Winterbergs Pisten – unter strengen Corona-Beschränkungen. „Ganz Deutschland ist heiß aufs Skifahren und wir sind neben dem hessischen Willingen die einzigen Skigebiete, die geöffnet haben“, sagt Julian Pape, Sprecher der Wintersport-Arena Sauerland, einem Zusammenschluss der Skigebiete in der Region. Hessen hatte schon am Montag grünes Licht für die Skipisten gegeben, Nordrhein-Westfalen zog am Dienstag nach. Zwölf von 29 Liften sind in Winterberg geöffnet, 5,4 Kilometer Langlaufloipen gespurt. Besucher müssen beim Skiverleih, im Kassen- und Seilbahnbereich sowie in den Sesselliften FFP2- oder medizinische Masken tragen. Spontanes Anreisen geht nicht: Wer in den Schnee will, muss vorher ein Online-Ticket auf der Seite des Winterberger Skiliftkarussells buchen. Einige hundert Halbtagesund Tagestickets gibt es täglich, das Wochenende ist bereits ausgebucht.
Oben an der Seilbahnstation Kappe achtet Jannis im Betriebsstand darauf, dass die Leute ihre Masken tragen und Abstand halten. „Bisher musste ich aber erst zwei Skifahrer ansprechen“, sagt der 24-Jährige. SeitWeihnachten war er in Kurzarbeit. „Als wir gehört haben, dass wir wieder öffnen dürfen, haben einige Kollegen gleich eine Nachtschicht eingelegt, damit wir so früh wie möglich aufmachen können.“
Wer ein Ticket gebucht hat, kommt in den Genuss einer leeren Piste. Der Schnee aus dem Winter ist allerdings so gut wie weg, nur auf den Nordseiten der höchsten Berge liegt richtiger Schnee – alle anderen Hänge wurden künstlich beschneit. 34 Pisten sind präpariert, bis in den April hinein werde Wintersport auf jeden Fall möglich sein, sagt Pape. „Einige Pisten sind sicher auch in den Osterferien geöffnet.“
Im Dezember und Anfang Januar hatte der Schnee massenweise Tagesurlauber ins Sauerland gelockt – obwohl das Skigebiet geschlossen war.Winterbergs Bürgermeister Michael Beckmann appellierte immer wieder an die Menschen, zuhause zu bleiben. Das wird jetzt nicht notwendig werden, meint Beckmann.
„Wir gehen davon aus, dass diesmal keine Schneetouristen nachWinterberg kommen, sondern Skifahrer“, sagt er. Die Saison läuft gerade aus, auf den Wiesen liegt kein Schnee mehr. „Also erwarten wir schonmal keine Rodler oder Menschen, die einfach mal Schnee sehen wollen.“
Ende 2020 war die Situation auch deshalb besonders, weil es das erste Mal seit Jahren war, dass anWeihnachten Schnee in Winterberg lag. „Das hat die Menschen natürlich angezogen“, sagt Beckmann. Das Schutz- und Hygienekonzept, das jetzt für Winterbergs Pisten gilt, hatte der Bürgermeister schon im vergangenen Sommer in der Schublade.„Aber ab Mitte November durften wir dann ja nichts öffnen.“Ihm sei klar gewesen, dass die Menschen nachWinterberg kommen, wenn es schneit, „auch wenn alles zu war.“Es kam zu überfüllten Straßen und Gruppen, die die Betretungsverbote an den Pisten ignorierten – die Polizei sperrte sämtliche Zufahrtsstraßen schließlich rigoros ab.
Mit Blick auf dieses erste Wochenende mit geöffneten Liften sagt Beckmann: „Hoffen wir, dass es ein gutes Wochenende wird.“Die kommenden Tage würden zeigen, ob die Schutzmaßnahmen passen, sagt er. „Und wenn es bei uns funktioniert, ist damit ein Stück weit der Beweis erbracht, dass Bewegung unter freiem Himmel mit einem guten Hygienekonzept gut funktionieren kann.“Der Verband Deutscher Seilbahnen hat die Politik inzwischen zur Öffnung der Skigebiete auch in anderen Ländern aufgefordert.
Während die Skifahrer in Winterberg die späte Saison schon auskosten können, müssen die Menschen in Bayern und Baden-Württemberg noch warten. Oder einfach losfahren. So wie die drei Bayern Udo Hasenstab, Stefan Löber und Mathias Haun. Sie sind 180 Kilometer von Aschaffenburg nach Winterberg gefahren und machen jetzt Mittagspause. „Den Äppelwoi haben wir mitgebracht“, sagt Hasenstab. Gegessen wird am offenen Kofferraum. „Ich war den ganzen Winter schon auf Stand-by, wollte endlich Skifahren“, sagt er. „Als ich gehört hab, dassWinterberg aufmacht, hab ich die zwei hier gleich angerufen.“Dass die Pisten im Sauerland so gut sind, hätten sie nicht gedacht, sagt Löber. „Im April wollen wir trotzdem noch auf den Gletscher, vielleicht wird das was.“