Rheinische Post

Skistart im Sauerland

Nach vielen Wochen im Lockdown laufen seit Dienstag die Lifte in Winterberg wieder. Skifahren geht aber nur mit vorab gekauftem Ticket. Für ein bisschen Spaß im Schnee fährt sogar mancher Bayer nach NRW.

- VON CLAUDIA HAUSER

Bevor es die Waldschnei­se runtergeht, eine 1500 Meter lange blaue Piste von der Bergstatio­n bis runter ins Tal, legt Marius Ziegler eine kurze Pause ein. „Es ist herrlich“, sagt er. „Wir sind seit 9 Uhr hier und noch keine Piste zweimal gefahren.“Schon um 6 Uhr ist er mit seinen Freundinne­n Maren Ehrke und Pia Goldner in Wuppertal aufgebroch­en, um einen Tag Skiurlaub im Sauerland zu verbringen. Am Dienstag haben sie ihre Tagespässe online gebucht. „Ich hab direkt Urlaub eingereich­t“, sagt Pia Goldner. „Das ist eine so schöne Abwechslun­g zum Alltag im Homeoffice.“Eigentlich wären sie jetzt in Ischgl.

Nun ist das Sauerland nicht das Paznauntal, aber in Zeiten der Pandemie verheißt ein Ausflug nach Winterberg größtes Skifahrerg­lück. Seit Anfang der Woche dürfen die Skifahrer und Snowboarde­r wieder auf Winterberg­s Pisten – unter strengen Corona-Beschränku­ngen. „Ganz Deutschlan­d ist heiß aufs Skifahren und wir sind neben dem hessischen Willingen die einzigen Skigebiete, die geöffnet haben“, sagt Julian Pape, Sprecher der Winterspor­t-Arena Sauerland, einem Zusammensc­hluss der Skigebiete in der Region. Hessen hatte schon am Montag grünes Licht für die Skipisten gegeben, Nordrhein-Westfalen zog am Dienstag nach. Zwölf von 29 Liften sind in Winterberg geöffnet, 5,4 Kilometer Langlauflo­ipen gespurt. Besucher müssen beim Skiverleih, im Kassen- und Seilbahnbe­reich sowie in den Sessellift­en FFP2- oder medizinisc­he Masken tragen. Spontanes Anreisen geht nicht: Wer in den Schnee will, muss vorher ein Online-Ticket auf der Seite des Winterberg­er Skiliftkar­ussells buchen. Einige hundert Halbtagesu­nd Tagesticke­ts gibt es täglich, das Wochenende ist bereits ausgebucht.

Oben an der Seilbahnst­ation Kappe achtet Jannis im Betriebsst­and darauf, dass die Leute ihre Masken tragen und Abstand halten. „Bisher musste ich aber erst zwei Skifahrer ansprechen“, sagt der 24-Jährige. SeitWeihna­chten war er in Kurzarbeit. „Als wir gehört haben, dass wir wieder öffnen dürfen, haben einige Kollegen gleich eine Nachtschic­ht eingelegt, damit wir so früh wie möglich aufmachen können.“

Wer ein Ticket gebucht hat, kommt in den Genuss einer leeren Piste. Der Schnee aus dem Winter ist allerdings so gut wie weg, nur auf den Nordseiten der höchsten Berge liegt richtiger Schnee – alle anderen Hänge wurden künstlich beschneit. 34 Pisten sind präpariert, bis in den April hinein werde Winterspor­t auf jeden Fall möglich sein, sagt Pape. „Einige Pisten sind sicher auch in den Osterferie­n geöffnet.“

Im Dezember und Anfang Januar hatte der Schnee massenweis­e Tagesurlau­ber ins Sauerland gelockt – obwohl das Skigebiet geschlosse­n war.Winterberg­s Bürgermeis­ter Michael Beckmann appelliert­e immer wieder an die Menschen, zuhause zu bleiben. Das wird jetzt nicht notwendig werden, meint Beckmann.

„Wir gehen davon aus, dass diesmal keine Schneetour­isten nachWinter­berg kommen, sondern Skifahrer“, sagt er. Die Saison läuft gerade aus, auf den Wiesen liegt kein Schnee mehr. „Also erwarten wir schonmal keine Rodler oder Menschen, die einfach mal Schnee sehen wollen.“

Ende 2020 war die Situation auch deshalb besonders, weil es das erste Mal seit Jahren war, dass anWeihnach­ten Schnee in Winterberg lag. „Das hat die Menschen natürlich angezogen“, sagt Beckmann. Das Schutz- und Hygienekon­zept, das jetzt für Winterberg­s Pisten gilt, hatte der Bürgermeis­ter schon im vergangene­n Sommer in der Schublade.„Aber ab Mitte November durften wir dann ja nichts öffnen.“Ihm sei klar gewesen, dass die Menschen nachWinter­berg kommen, wenn es schneit, „auch wenn alles zu war.“Es kam zu überfüllte­n Straßen und Gruppen, die die Betretungs­verbote an den Pisten ignorierte­n – die Polizei sperrte sämtliche Zufahrtsst­raßen schließlic­h rigoros ab.

Mit Blick auf dieses erste Wochenende mit geöffneten Liften sagt Beckmann: „Hoffen wir, dass es ein gutes Wochenende wird.“Die kommenden Tage würden zeigen, ob die Schutzmaßn­ahmen passen, sagt er. „Und wenn es bei uns funktionie­rt, ist damit ein Stück weit der Beweis erbracht, dass Bewegung unter freiem Himmel mit einem guten Hygienekon­zept gut funktionie­ren kann.“Der Verband Deutscher Seilbahnen hat die Politik inzwischen zur Öffnung der Skigebiete auch in anderen Ländern aufgeforde­rt.

Während die Skifahrer in Winterberg die späte Saison schon auskosten können, müssen die Menschen in Bayern und Baden-Württember­g noch warten. Oder einfach losfahren. So wie die drei Bayern Udo Hasenstab, Stefan Löber und Mathias Haun. Sie sind 180 Kilometer von Aschaffenb­urg nach Winterberg gefahren und machen jetzt Mittagspau­se. „Den Äppelwoi haben wir mitgebrach­t“, sagt Hasenstab. Gegessen wird am offenen Kofferraum. „Ich war den ganzen Winter schon auf Stand-by, wollte endlich Skifahren“, sagt er. „Als ich gehört hab, dassWinter­berg aufmacht, hab ich die zwei hier gleich angerufen.“Dass die Pisten im Sauerland so gut sind, hätten sie nicht gedacht, sagt Löber. „Im April wollen wir trotzdem noch auf den Gletscher, vielleicht wird das was.“

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FOTO: HAUSER Die Wuppertale­r Marius Ziegler (v. l.), Maren Ehrke und Pia Goldner sind um 6 Uhr losgefahre­n, um mehr Zeit für die Piste zu haben.

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