Libyen hat erstmals eine Außenministerin
Auf die Juristin Najla el-Mangoush kommen schwierige Verhandlungen mit der Uno und der EU zu.
TRIPOLIS Das Bürgerkriegsland Libyen hat erstmals in seiner Geschichte eine Außenministerin: Die Juristin Najla el-Mangoush aus der ostlibyschen Hafenstadt Benghazi wurde zusammen mit dem Kabinett von Übergangspremier Abdelhamid Dabeiba vom Parlament bestätigt und soll kommende Woche vereidigt werden. Mangoush, Anfang 50 und bis vor Kurzem an einer Universität in den USA tätig, steht vor einer schweren Aufgabe, denn angesichts der vielen mächtigen ausländischen Akteure im Libyen-Konflikt ist ihr Spielraum begrenzt. Zudem ist ihre Regierung schon bei Amtsantritt heftig umstritten.
Mangoush studierte Jura in Benghazi und arbeitete nach dem Sturz von Diktator Muammar Gaddafi vor zehn Jahren für den Nationalen Übergangsrat, der die Macht im Jahr 2012 an ein neu gewähltes Parlament abgab. Keine der beiden Institutionen konnte jedoch den Absturz des Landes in Anarchie und Bürgerkrieg verhindern. Seit 2014 ist Libyen in einenWest- und Ostteil gespalten. Die Uno nutzte in den vergangenen Monaten einen Waffenstillstand, um eine Versammlung einzuberufen, aus der Dabeibas Regierung hervorging. Die Bestätigung der Regierung durch das Parlament ist deshalb ein wichtiger Schritt, der von Europa und den USA begrüßt wurde. Im Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, man freue sich auf die Zusammenarbeit mit der libyschen Übergangsregierung und der neuen Außenministerin.
In den vergangenen Jahren hatte Mangoush die Entwicklung in ihrem Heimatland aus der Ferne betrachtet. 2013 zog sie zum Studium in die USA, wo sie unter anderem als Expertin für Konfliktforschung an der George-Mason-Universität in Virginia bei Washington arbeitete. Diese Expertise wird sie gut gebrauchen können. Mehrere ausländische Staaten, darunter die Türkei, Russland, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate, mischen im Libyen-Konflikt mit. Auch die EU-Mitglieder Frankreich und Italien verfolgen eigene Interessen in Libyen, das die größten Ölvorräte in Afrika besitzt. Wichtig ist für Mangoush vor allem ein gutes Verhältnis zur US-Regierung, denn Druck aus Washington auf die ausländischen Akteure könnte die Lage stabilisieren. Den Friedensbemühungen der Uno für Libyen stand Mangoush dagegen bisher skeptisch gegenüber. „Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Uno geholfen hat“, sagte sie vor zwei Jahren. „Deshalb traue ich der Uno nicht.“In ihrem neuen Amt wird Mangoush auch mit der EU über das Flüchtlingsproblem sprechen. Allein im vergangenen Jahr kamen 34.000 Flüchtlinge aus Libyen in Italien an, weitere 11.300 wurden nach UN-Angaben von der libyschen Küstenwache abgefangen. Für andere endete die Überfahrt tödlich: Laut der Uno sind in den vergangenen sieben Jahren mehr als 17.000 Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa ertrunken. Die EU finanziert Ausrüstung und Ausbildung für die libysche Küstenwache, um die Flüchtlinge aufzuhalten.
Dem UN-Plan für Libyen zufolge soll das Übergangskabinett bis Dezember regieren. Dann sind freie Wahlen mit der Bildung einer regulären Regierung vorgesehen. Viele Beobachter sind jedoch skeptisch. Dabeibas Regierung war schon vor ihrer Bestätigung durch das Parlament umstritten, weil der Premier bei seiner Nominierung von Schmiergeldzahlungen profitiert haben soll. Ursprünglich hatte Dabeiba versprochen, rund ein Drittel der Kabinettsposten mit Frauen zu besetzen, doch am Ende fanden sich unter den 31 Regierungsmitgliedern nur fünf Frauen. Misstrauen schlägt dem Kabinett auch entgegen, weil Kritiker vermuten, dass Dabeiba die Wahlen im Dezember verschieben will, um länger an der Macht zu bleiben.