Ein Jahr ohne volle Stadien
Seit dem Lockdown gibt es für die Fans bei vielen Vereinen kaum noch Anbindung.
(dpa) Demut, keinWeiter-so, Lehren aus der Krise. Entfremdung, Sehnsucht, Hoffnung. Viele Schlagwörter stehen für ein Jahr Fußball unter Pandemie-Bedingungen. Oder genauer: Für den Profifußball. Denn vielerorts ist der Amateurbereich, die Basis des Volkssports, über Monate zum Erliegen gekommen und ruht weitestgehend noch immer. Ungewissheit prägt auch den Sport.
„Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass wir zum Beispiel in 14 Tagen diese Partie austragen und zwei Wochen darauf jene. So eine Zeitstruktur, die sehr stark das Erleben prägt, fällt aus, weil wir im Augenblick gegenüber der Zukunft überhaupt keine Macht haben“, sagte Sportsoziologe Gunter Gebauer der Deutschen Presse-Agentur.
Es war vor einem Jahr, auch damals stand der 26. Spieltag an, als die Deutsche Fußball-Liga den Stillstand ausrief. Und die Zuschauer bleiben derzeit weiter außen vor. Aus Sicht von Zukunfts- und Trendforscherin Anja Kirig habenVerbände und Organisationen die Corona-Zeit bisher auch nur teilweise genutzt, um Fans auf andere Weise mehr einzubeziehen. „Hier gibt es definitiv noch viel Spielraum für mehr Einbindung“, sagte sie der
Deutschen Presse-Agentur. Speziell in Deutschland würden einheitliche Plattformen fehlen, „die Daten gut aufbereiten, auf denen sich Fans informieren, austauschen und auch mitgestalten können“, erklärte Kirig. Fans wollen sich einbringen, reklamieren mitunter auch ein Mitspracherecht. Fans wollen vor allem aber eines: Zurück in die Stadien, ihre Mannschaft anfeuern, mit ihren Idolen jubeln und sie womöglich auch mal beschimpfen.
„Das Selbstverständnis von Fußballfans ist ja, dass sie keine ‚Konsumenten` sind, sondern dass sie zu dem Gesamtevent durch ihre eigenen Aktivitäten und ihre Emotionen einen gehörigen Teil beitragen“, sagte jüngst Fan-Experte Michael Gabriel, Leiter der Koordinationsstelle Fanprojekte, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Das nackte Spiel ist ohne Zuschauer in gewisser Weise banal geworden.“Die Entfremdung vom Fußball, die nicht wenige Fans durch ein Jahr Fußball in Corona-Zeiten empfinden,„hat ja aber schon vor der Pandemie begonnen, wenn Fans als Beiwerk und nicht als Mitakteure auf Augenhöhe wahrgenommen wurden“, sagte Sozialwissenschaftlerin Kirig.
Die Fans leiden, die Kassen der Vereine leiden, aber leidet auch das, was sich auf dem Rasen abspielt? Die Trefferrate weist keine negative Veränderung auf, stattdessen ist Bayerns Weltfußballer Robert Lewandowski sogar auf Torjäger-Rekordkurs. Dem Kampf um Meisterschaft, vor allem aber um internationale Ränge und gegen den Abstieg ist die Spannung sicher nicht abzusprechen.
Die schlimmste Erkenntnis aber für alle im Profifußball dürfte sein: Es geht eine Weile irgendwie ohne Zuschauer. Immerhin regte die Krise Diskussionen um eine Gehaltsobergrenze an. Die mitunter irrsinnigen Ablösesummen sollen nach Ansicht mancher der Vergangenheit angehören.
Info Das Eishockeyspiel der Düsseldorfer EG war bei der Produktion dieser Zeitung noch nicht beendet. Einen Spielbericht finden Sie im Internet: www.rp-online.de/sport