Alles bleibt in der Familie
Seit 65 Jahren gibt es den Malerbetrieb Seelhorst. Jetzt wird in dritter Generation eine 29-Jährige die neue Chefin.
GRAFENBERG Die Übergabe erfolgt fließend. „Mein Vater verfügt über eine Jahrzehnte lange Erfahrung, darauf will ich natürlich nicht verzichten“, sagt Hannah Seelhorst. Gut drei Jahre möchte Christoph Seelhorst in dem vor 65 Jahren von seinem Vater gegründeten Malerbetrieb an der Ludenberger Straße noch mitarbeiten, dann will sich der 60-Jährige mit seiner Frau Bernadette, die stets mit im Laden anpackt, aus dem Tagesgeschäft zurückziehen.
Dass ein Handwerksbetrieb innerhalb der Familie weitergereicht wird, ist sicher keine Seltenheit. Dass jedoch eine junge Frau künftig Chefin von elf Malern und Lackierern sein wird, irgendwie nach wie vor schon. Auch die Vorgeschichte von Hannah Seelhorst deutet nicht unbedingt darauf hin, dass sie eines Tages das Geschäft ihrer Eltern übernehmen würde: Nach dem Abi Studium der Transkulturellen Kommunikation in Wien, gefolgt vom zweiten Bachelor in Publizistik und Kommunikationswissenschaften und einem Job als Kommunikationsberaterin in Berlin.
„Wenn ich ehrlich bin, ich hätte auch nicht damit gerechnet“, sagt der Vater, der umso überraschter war, als die Tochter durchblicken ließ, dass sie sich die Übernahme durchaus zutrauen würde und auch vorstellen könnte. „Ich habe das für mich nie ausgeschlossen, ins Rheinland wollte ich ohnehin irgendwann zurück“, erklärt Hannah Seelhorst, die natürlich während ihrer Kindheit viel mitbekommen hat von den Abläufen in der elterlichen Firma, das auch spannend fand und mitgeholfen hat. Acht Wochen hineinschnuppern in die neue Aufgabe, das hat sie sich schon erbeten, dann stand die Entscheidung fest.
Dass die 29-Jährige von den Meistern, Gesellen, Auszubildenden womöglich nicht akzeptiert oder zumindest nicht so richtig ernst genommen wird, glaubt Bernadette Seelhorst nicht: „Das Gegenteil ist der Fall, schon jetzt. Damit sie auch die letzten Details in den Abläufen kennen lernt, dafür haben wir ja die Übergangsphase vereinbart.“Und umgekehrt kann ja der traditionsreiche Betrieb vomWissen der Uni-Absolventin profitieren: Einen Blog hat sie installiert, um auf das weit über Malerarbeiten hinausgehende Portfolio des Unternehmens hinzuweisen, und ein cloudbasiertes Warensystem eingeführt. „Und einen guten Geschmack hat sie auch“, sagt die Mutter – was die Tochter milde lächelnd in Zweifel zieht.
Gerne hätte Hannah Seelhorst künftig eine Frau mit im Team, auf die Ausschreibung hat sich aber noch keine beworben. Das Malerhandwerk ist halt doch immer noch eine Männerdomäne. Was ihr aber noch wichtiger ist: „Die Mitarbeiter, die wir hier haben, besitzen unterschiedliche Fertigkeiten, ergänzen sich und brennen alle für den Beruf.“Denn bei Seelhorst geht es eben nicht nur um weiße Wände, sondern auch um fugenlose Bäder, Interieur-Konzepte, Raumplanung, Grundrissänderungen, Illusionsmalerei bis hin zur Handwerks-Koordination eines kompletten Haus-Umoder Neubaus.„Der Kunde profitiert natürlich davon, wenn er es mit einem festen Ansprechpartner zu tun hat. Und wir bleiben zu 99,9 Prozent im abgesprochenen Zeitplan“, betont Christoph Seelhorst.
Dass der Betrieb (seit 30 Jahren am aktuellen Standort) unter neuer Leitung nun auch in dritter Generation seinen guten Ruf behält, daran hat Seelhorst keine Zweifel. Allenfalls, dass es irgendwann an qualifizierten Mitarbeitern fehlt, „denn es gibt einfach zu wenig gut ausgebildete Handwerker“. Dafür wird Tochter Hannah dann eine Lösung finden müssen. Ihre erste Anschaffung: ein E-Lastenrad. Man muss ja mit der Zeit gehen.
Info Seelhorst, Hardtstraße 20a (Zugang Showroom an der Ludenberger Straße), Telefon 202081, Internet www. seelhorst-gmbh.de