Rheinische Post

Wohnungen statt Tankstelle

Heftige Proteste gab es, als der Abriss des Kulturvere­ins Brause an der Bilker Allee begann. Nun gibt es einen Bauantrag für das Areal.

- VON NICOLE KAMPE

Heftige Proteste gab es nach dem Abriss der ehemaligen Tankstelle an der Bilker Allee. Nun hat der Investor einen Bauantrag eingereich­t.

FRIEDRICHS­TADT Auf den Bauantrag für das Grundstück Bilker Allee 233 hatten Politik, Stadt und auch viele Kulturscha­ffende gespannt gewartet. Es geht um die alte Tankstelle in Friedrichs­tadt, die im November 2019 in die Schlagzeil­en geriet. Der Eigentümer, Project Immobilien, hatte damals mit dem Abriss begonnen, obwohl gerade ein Verfahren lief, um das Objekt unter Denkmalsch­utz zu stellen. Die Baustelle wurde über Wochen stillgeleg­t, doch alle Bemühen von Seiten der Stadt und der Politik kamen zu spät. Die Tankstelle war bereits so zerstört, dass es nichts Schützensw­ertes mehr gab. So entschied es das Gericht.

Jetzt, knapp 1,5 Jahre später, hat Project Immobilien den Bauantrag eingereich­t und will ein fünfgescho­ssiges Mehrfamili­enhaus mit ausgebaute­m Dachgescho­ss realisiere­n. Im Erdgeschos­s wird es Platz geben für eine Kultureinr­ichtung. Auch wenn die Vorlage in der letzten Sitzung der Bezirksver­tretung 3 vertagt wurde, weil noch Fragen offen, hat Project Immobilien schon erste konkrete Vorstellun­gen. „Aktuell ist Project hierzu mit der Bezirksver­tretung in Abstimmung und klärt, wie vertraglic­h festgelegt werden kann, dass diese Fläche langfristi­g und nachhaltig kulturwirt­schaftlich genutzt wird“, sagt Unternehme­nssprecher­in Doris Walter. Bis zur nächsten Sitzung der Bezirksver­tretung am 27. April soll das Vorhaben konkretisi­ert sein, sodass es auch abgestimmt werden kann.

118 Quadratmet­er wird der Kulturraum groß sein, „als Betreiber sind ein privater Käufer oder die Stadt denkbar, die die Kulturfläc­he selbst im Eigentum führen oder vermieten“, sagt Walter. Für die Project Immobilien sei es keine Option, den Raum selbst zu betreiben und etwa über den Verkauf der darüberlie­genden Wohnungen zu finanziere­n, so wie es Küssdenfro­sch beim Bilker Bunker an der Aachener Straße macht. Multifunkt­ional soll die Fläche gestaltet werden; sie könnte etwa für Kunstausst­ellungen, Workshops oder Lesungen genutzt werden.„Veranstalt­ungen mit erhöhtem Lärmpegel sind aufgrund der gesetzlich­en Regelungen zum nächtliche­n Lärmschutz der Nachbarn aktuell nicht vorgesehen“, sagt Doris Walter.

2019 gab es heftige Proteste, als die Bagger für den Abriss anrückten. Auch wenn der Eigentümer rechtens gehandelt hat, war das Vorgehen moralisch bedenklich. Die Stadt sagte damals, dass es gängige Praxis gewesen sei, dass die Untere Denkmalbeh­örde ein laufendes Unterschut­zstellungs­verfahren nutzt, um gemeinsam mit den jeweiligen Eigentümer­n und Investoren Bedenken auszuräume­n und Entwicklun­gspotenzia­le des Gebäudes herauszuar­beiten. Das sei in diesem Fall anders gewesen – die Stadt Düsseldorf bedauerte damals sehr,„dass dieses kooperativ­e Vorgehen durch die Ausnutzung von Gesetzeslü­cken konterkari­ert wurde“und werde die Abläufe für zukünftige Planungen anpassen, hieß es nach dem Urteil des Gerichts im Februar 2020.

Nach dem Gerichtsur­teil hätte Project Immobilien Schadenser­satzforder­ungen geltend machen können, weil die Baustelle überWochen stillgeleg­t war. Davon sah der Entwickler aber ab. Ob die Planung des Kulturraum­s ein Zugeständn­is an Stadt und Politik war oder nicht, diese Frage wird wohl offen bleiben. In Zukunft sollen bei großen Neubauproj­ekten ohnehin Kulturräum­e mitgeplant werden, „in einer wachsenden Stadt wie Düsseldorf fallen immer mehr Räume weg“, so Grünen-Bürgermeis­terin Clara Gerlach, die in einem Interview mit unserer Redaktion noch einmal konkret auf den Kulturvere­in Brause einging. „Das ist besonders offensicht­lich geworden, als das Haus des Kulturvere­ins abgerissen worden ist und viele Menschen zurecht auf die Straße gegangenen sind“, sagt Gerlach. Sie ist überzeugt, dass solche Räume bei Neubauvorh­aben in Zukunft mitgedacht werden müssen, wenn es weiter Kultur in der Innenstadt geben soll.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Nach dem Abriss der ehemaligen Tankstelle an der Bilker Allee ist nun der Bauantrag für ein Mehrfamili­enhaus eingereich­t worden.

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