Schalke ohne Einheit und ohne Rangnick
Die Absage des Hoffnungsträgers zusammen mit Vorwürfen aus seinem Umfeld treffen den wahrscheinlichen Absteiger hart.
GELSENKIRCHEN (dpa) Die Spieler überfordert, der Club zerstritten: Die Absage von Hoffnungsträger Ralf Rangnick stürzt den Tabellenletzten FC Schalke 04 noch tiefer in die Sinnkrise. Der fast sichere Weg in die 2. Liga wird begleitet von Eitelkeiten, Vorwürfen und Indiskretionen.
Der 62 Jahre alte frühere Schalker Trainer sollte eigentlich als Sportvorstand ins Revier zurückkehren. Am vergangenen Donnerstag hatte es dazu ein erstes Verhandlungsgespräch mit der Spitze des Schalker Aufsichtsrates und Rangnicks Berater Marc Kosicke gegeben. Nach Darstellung von Schalkes Aufsichtsratsboss Jens Buchta habe dieses Treffen „in ausgesprochen positiver Atmosphäre“stattgefunden. Am Montag sollte es ein weiteres Gespräch geben.
Dazu wird es nicht kommen. Wenige Stunden vor dem 0:3 Schalkes am Samstagabend gegen Borussia Mönchengladbach sagte Rangnick den Königsblauen plötzlich öffentlich ab. „Leider sehe ich mich aufgrund der zahlreichen Unwägbarkeiten innerhalb des Vereins derzeit nicht in der Lage, die sportliche Verantwortung bei S04 zu übernehmen“, teilte Rangnick mit. Kosicke soll Buchta zudem bereits am Samstag davon unterrichtet haben, dass die Absage definitiv sei und es keine weiteren Gespräche geben werde – auch wenn Buchta am Abend erklärte, erneut den Kontakt suchen zu wollen, um „noch einmal alles ausloten“.
Wie die dpa am Sonntag erfuhr, zeigte sich die Rangnick-Seite entsetzt über die Zustände und die Indiskretionen beim sportlich und finanziell schwer angeschlagenen einstigen Branchenriesen.„Es kann nicht sein, dass halb Schalke von den Gesprächen weiß“, hieß es in Bezug auf begleitende Medienberichte der vergangenen Tage, obwohl Kosicke selbst in der vergangenen Woche in einem Sport1-Interview über Rangnicks große Zuneigung zu Schalke berichtet hatte.
Als Adressat der Vorwürfe war ausdrücklich auch die Pro-Rangnick-Gruppe gemeint, die sich aus Vertretern aus Wirtschaft und Politik gebildet hatte. Dieser Gruppe gehört unter anderem auch der frühere Schalker Profi Ingo Anderbrügge an. „Es ist totaler Quatsch, dass wir
Gegner von Schalke sind“, sagte Medienunternehmer Jörg Grabosch bei Sky. „Wir versuchen alle, dem Verein zu helfen, Strukturen zu finden“, sagte Grabosch weiter.
Nun könnten die Vorwürfe von Aufsichtsrat und der Pro-Rangnick-Gruppe in eine wenige hilfreiche Schlammschlacht ausarten. Am Sonntag trat in Stefan Gesenhues bereits ein Aufsichtsratsmitglied zurück, das das Kontrollgremium vor knapp zehn Tagen mit dem Vorstoß der offiziell „Tradition und Zukunft“genannten Gruppe konfrontiert hatte, Rangnick installieren zu wollen.