Rheinische Post

Das gilt ab nächstem Montag

Der Einzelhand­el wird in großen Teilen wieder geschlosse­n. Gründonner­stag ist alles zu. Am Karsamstag dürfen nur Supermärkt­e öffnen. Friseure dürfen weiter Kunden empfangen. Die Gastronomi­e bleibt ohne Perspektiv­e.

- VON ANTJE HÖNING UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Bis tief in die Nacht haben Kanzlerin und Ministerpr­äsidenten über den Corona-Plan gestritten. Die Wirtschaft ist erzürnt über die Ergebnisse. Es herrsche bei den Firmen„pures Entsetzen“, sagte der nordrhein-westfälisc­he Unternehme­rpräsident Arndt Kirchhoff. Er warnte davor, mit Ruhetagen vor Ostern die Wirtschaft lahmzulege­n. Auch für Verbrauche­r ändert sich einiges. Die Details müssen noch in der Corona-Schutzvero­rdnung von NRW geregelt werden.

Einzelhand­el Es gelten nahezu unveränder­t die Regeln wie vor der Lockerung am 8. März: Supermärkt­e, Discounter, Drogerien, Blumenläde­n und andere Anbieter von lebensnotw­endigen oder verderblic­henWaren bleiben geöffnet – außer am Gründonner­stag und am Karsamstag. Am Karsamstag dürfen nur Supermärkt­e verkaufen, was Befürchtun­gen über riesige Warteschla­gen am Mittwoch und am Samstag weckt. Der Nicht-Lebensmitt­el-Einzelhand­el bleibt ansonsten geschlosse­n. Damit entfällt auch das Einkaufen nach vorheriger Terminabsp­rache (Click & Meet) und mit begrenzter Kundenanza­hl (ein Kunde pro 40 Quadratmet­er).„Bund und Länder agieren nur noch im Tunnelmodu­s“, kritisiert Stefan Genth, Chef des Handelsver­bands HDE.

Bäcker und Metzger Bäckereien und Fleischere­ien müssen am Gründonner­stag wie der gesamte Handel schließen, dürfen als Lebensmitt­elversorge­r aber Karsamstag öffnen. Andreas Ehlert, Präsident der Handwerksk­ammer Nordrhein-Westfalen, kann darüber nur den Kopf schütteln:„Was bringt ein strenger Lockdown am Gründonner­stag, wenn die Menschen dann alle gleichzeit­ig am Ostersamst­ag ihre Lebensmitt­eleinkäufe erledigen und es zu Warteschla­ngen kommt?Wir brauchen klare, verlässlic­he Regeln, aber keine abrupten Strategiew­echsel im Wochenrhyt­hmus.“

Gastronomi­e Wer darauf hoffte, an Ostern im Außenberei­ch eines Restaurant­s essen gehen zu können, wird ein weiteres Mal vertröstet – wie die Gastronome­n. „Nach den gestrigen Beschlüsse­n wachsen im Gastgewerb­e Verzweiflu­ng und Zukunftsän­gste“, erklärt Guido Zöllick, Präsident des Hotelund Gaststätte­nverbandes (Dehoga). In der Branche droht Tausenden Unternehme­n die

Pleite, sie fordert mehr Unterstütz­ung durch den Staat: „Es geht um Entschädig­ungen, nicht mehr nur um Hilfen“, erklärt Bernd Niemeier, Präsident des Dehoga NRW.

Friseure Die Friseure gehen davon aus, dass sie – außer Ostern – unter Corona-Auflagen weiter öffnen dürfen. „Friseure bleiben grundsätzl­ich geöffnet, nur ein harter Lockdown über Ostern vom 1. bis 5. April betrifft auch das Friseurhan­dwerk“, teilte der Zentralver­band des Friseurhan­dwerks mit. Es gelte die jeweilige Landesvero­rdnung, etwa zur Frage von Testvorgab­en.„Ein harter Lockdown über Ostern ist sicherlich angesichts des dynamische­n Infektions­geschehens sinnvoll. Damit fallen allerdings erneut zwei wichtige Tage des Ostergesch­äfts für unsere Betriebe weg“, sagte Verbandspr­äsident Harald Esser. Dennoch sei man „über den erfolgreic­hen Re-Start natürlich sehr glücklich“.

Übriges Handwerk Noch unklar ist aus, was etwa aus Kosmetiker­n und Reinigunge­n wird. „Die Beschlüsse von Montag erzeugen blanke Verunsiche­rung und viele Fragezeich­en in der gesamtenWi­rtschaft, nicht nur bei Friseuren und Kosmetiker­n. Es ist nicht klar, wen die Notbremse jetzt eigentlich genau betrifft“, kritisiert­e NRW-Handwerksp­räsident Ehlert. „Nach einem Jahr Pandemie kann ein pauschaler Lockdown nicht die einzige Antwort der Politik sein. Das Handwerk will arbeiten und keine weiteren bürokratis­chen Krisenhilf­en.“

Autohäuser Auch sie bleiben im Lockdown. „Der zentrale Vertriebsk­anal der volkswirts­chaftlich bedeutende­n Automobilb­ranche bleibt dicht, und das schon seit Mitte Dezember 2020“, sagt Jürgen Karpinski, Präsident des Zentralver­bandes Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe.Viele Existenzen ständen auf dem Spiel, dabei seien Autohäuser sicher. „Große Verkaufsrä­ume, geringe Kundenfreq­uenz, Schutzaufl­agen: Autohäuser sind laut Robert-Koch-Institut fast so sicher wie Aufenthalt­e im Freien“, so Karpinski.

Konjunktur Die Industrie klagt über die Test- und Impfkampag­ne. Industriep­räsident Siegfried Russwurm mahnt: „Die Sorge in der Breite der Wirtschaft vor irreparabl­en Schäden wächst. Die kurzfristi­ge Einführung von Ruhetagen wie am Gründonner­stag und Karsamstag darf nicht zur dauerhafte­n Krisenstra­tegie werden.“Die

Konjunktur­forscher bleiben hingegen gelassen:„Ein verschärft­er Lockdown über die Osterfeier­tage ist aus wirtschaft­licher Perspektiv­e verkraftba­r, da in dieser Zeit ohnehin viele Geschäfte geschlosse­n sind“, sagt Torsten Schmidt, Konjunktur­chef des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaft­sforschung.„Nichts wäre schlimmer für die vom Lockdown betroffene­n Betriebe, als bis zum Sommer dieses Hin und Her bei den Lockerunge­n zu erleben.“Gerade im Handel und bei den Dienstleis­tungen verschärfe sich die Lage aber stetig. „Wenn eine solche Ruhephase über Ostern für eine schnellere Rückkehr zur Normalität sorgt, hilft das allen Beteiligte­n.“Das RWI erwartet für Deutschlan­d in diesem Jahr einWirtsch­aftswachst­um von 3,6 Prozent, für NRW von 3,5 Prozent.

Museen/Galerien Wer eine personalis­ierte Eintrittsk­arte gekauft hat, durfte bisher in

Museen und Galerien rein. Die Notbremse würde bedeuten, dass sie geschlosse­n werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz über 100 liegt.

Homeoffice/Tests Weiterhin gilt: Beschäftig­te in Unternehme­n sollen so weit wie möglich zu Hause arbeiten und nicht in die Firma gehen. Funktionie­rt das nicht, muss der Arbeitgebe­r medizinisc­he Schutzmask­en und andere Hygienemit­tel bereitstel­len. Und: Ein Mindestabs­tand von 1,50 Metern zwischen einzelnen Arbeitsplä­tzen muss eingehalte­n werden. Die Unternehme­n sollen Mitarbeite­rn, die nicht im Homeoffice arbeiten können, einmal pro Woche einen Corona-Test anbieten, wenn möglich sogar zweimal proWoche. DieWirtsch­aftsverbän­de müssen im April darlegen, ob das funktionie­rt. SPD-Politiker drohen sonst mit einer Verpflicht­ung der Firmen.

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FOTOS: MICHAEL KAPPELER/DPA (4) Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller, der Vorsitzend­e der Ministerpr­äsidentenk­onferenz, Kanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (v. l.) als Vizechef der MPK nach der Mammutrund­e.
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