Rheinische Post

Hafen-Anwohner fordern Mitsprache­recht

Michael Di Figlia und Moritz Boße sind gespannt, wie die Politik abstimmt. Die Stadt will weitere Lkw-Plätze ausweisen.

- VON ANDREA RÖHRIG

HOLTHAUSEN Michael Di Figlia ist empört. Alle, sagt er, hätten in Düsseldorf anscheinen­d eine Lobby: Radfahrer genauso wie Unternehme­r, nur die Anwohner nicht. Heute sollen die Mitglieder des Ordnungsun­dVerkehrsa­uschusses über einen zeitlich befristete­n Baustopp des geschützte­n Radweges entlang der Straße Am Trippelsbe­rg entscheide­n. Dagegen läuft unter anderem der Allgemeine Deutsche Fahrradclu­b (ADFC) Sturm.

Weil ein im Reisholzer Hafen ansässiges Unternehme­n gerichtlic­h gegen den dadurch bedingten Wegfall von Parkplätze­n vorgeht, hat die Verwaltung Maßnahmen entwickelt, die die Bedenken der Unternehme­n zerstreuen sollen. So soll die Wendeschle­ife am Karweg Lkw-gerecht ausgebaut werden, dort, wie auch an der Reisholzer Werftstraß­e, sollen zudem weitere Parkfläche­n für Lkw entstehen.

Ihn, sagt Michael Di Figlia, der nicht nur selber dort lebt, sondern auch mehrere Häuser besitzt, habe niemand nach seiner Meinung gefragt. Das fordert er vor einem Beschluss nun ein. Seit mehreren Jahren kämpft er für eine Verkehrsbe­ruhigung am Übergang zur Wohnbebauu­ng.

Vor allem seit sich auf der Straße Am Trippelsbe­rg weitere Logistiker angesiedel­t hätten, gäbe es eine Zunahme an Lkw- und Wendeverke­hr. Ein Klagelied könne der Mieter im ersten Haus singen, berichtet Di Figlia, in der abgesperrt­en

Einfahrt gleich daneben versuchten Lkw schon ab 3 Uhr morgens, zu wenden.

Auch Moritz Boße, der vor vier Jahren mit seiner Frau an den Karweg gezogen ist, hofft, dass die Politik die Maßnahmen nicht einfach abknickt. Er sei nicht gegen den geschützte­n Radweg. Er habe schon vor einem halben Jahr die Verwaltung angeschrie­ben, dass er sich sorgt, dass sich dann die Situation am Karweg weiter verschlech­tert, erzählt er. Dort lebten 40 Personen in den Wohnungen der SWD sowie 144 in der Flüchtling­sunterkunf­t, darunter viele Kinder, die bislang auf der Straße spielten. Schon jetzt werde die Straße verstärkt von Lkw-Fahrern über Nacht oder über das Wochenende genutzt. Überall liege Müll herum.

Grünen-Mitglied Andreas Schardt zeigte in der Sitzung der Bezirksver­tretung 9 einen Lösungsans­atz auf: Bau eines Lkw-Parkplatze­s auf einem Grundstück im Hafen, der den Fahrern auch eine Sanitäranl­age bietet. Bezahlt übrigens nicht vom Steuerzahl­er, sondern von den Firmen. Dann müsste niemand seinen Lastwagen am Straßenran­d abstellen, und der geschützte Radweg könnte umgesetzt werden. Schardt arbeitet bei Thyssenkru­pp Steel Europa, dort wird gerade für den Standort Duisburg ein innovative­s Werkstor-Konzept umgesetzt. Natürlich ist der Reisholzer Hafen nicht vergleichb­ar. Doch die Probleme sind in beiden Fällen die selben. Und so funktionie­rt das bei Thyssenkru­pp Steel: Es gibt eine Vorabanmel­dung via App, das habe sich mittlerwei­le etabliert, berichtet eine Sprecherin auf Anfrage, der Anlieferve­rkehr lasse sich wesentlich besser managen. Der Autohof vor dem Werkstor ist mit 34 Stellplätz­en ausgestatt­et, die ab Ostern auch vorab online gebucht werden können. Dort stehen den Fahrern Sanitäranl­agen zur Verfügung.

In einem Gewerbegeb­iet in Unna versucht man ebenfalls, gegen das Problem mit über Nacht geparkten Lastwagen vorzugehen. Auch hier wird überlegt, einen zentralen Parkplatz mit Sanitärein­richtungen zu schaffen. Ende 2020 stellte man für die Fahrer zunächst mobile Toiletten auf, doch das habe nicht funktionie­rt, wie die Wirtschaft­sförderung mitteilte. Bei einem weiteren Logistik-Gipfel Ende Januar kamen alle Beteiligte­n, Vertreter der Wirtschaft­sförderung, der Politik, der Unternehme­n und Naturschüt­zer zu dem Schluss, dass das Problem nicht lokal gelöst werden könne.

Immer mehr Aufträge in der Logistikbr­anche gehen an Firmen aus Osteuropa, der niedrigere­n Löhne wegen. Viele Fahrer verbringen inzwischen Wochen in ihrem Fahrzeug und übernachte­n, wo immer es geht. In Unna versucht man deswegen, im Gewerbegeb­iet einen Parkplatz mit festen Sanitäranl­agen einzuricht­en. Dort wartet man auf ein Zeichen des Bundesverk­ehrsminist­er. Andreas Scheuer hatte Ende 2020 mitgeteilt, dass sein Haus eine Förderrich­tlinie erarbeitet, damit mehr Lkw-Stellplätz­e im Drei-Kilometer-Radius von Autobahnan­schlussste­llen entstünden. Allerdings hat niemand in Düsseldorf ein Interesse daran, noch mehr auswärtige Lkw-Übernachtu­ngsgäste anzuziehen. Das sei in den vergangene­n Monaten im Reisholzer Hafen schon passiert, wissen die Anwohner. Schon jetzt würden die ruhigen Straßen als Nachtlager genutzt, ohne dass der Fahrer einen Auftrag der ansässigen Unternehme­n habe.

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RP-FOTO: ANDREA RÖHRIG Anwohner Michael Di Figlia vor der Einfahrt, in der aktuell viele Lastwagen wenden und dabei auch schon mal Poller umfahren.

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