Geldpolitik in der Pandemie
Die EU-Währungshüter müssen in der Corona-Krise flexibel reagieren können.
Der weitere Verlauf der Pandemie und damit die wirtschaftliche Entwicklung sind hochgradig unsicher. Es ist ein Wettlauf zwischen Impfen und neuen Virusvarianten, und es ist nicht klar, wie lange er dauern wird und wer in der nächsten Zeit die Nase vorn haben wird. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat drei Szenarien aufgezeigt. Im „Basisszenario“gewinnt das Impfen relativ schnell, die Eindämmungsmaßnahmen können zügig gelockert werden. Im Euroraum erreicht dann das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP), also das Einkommen, das im Euroraum insgesamt erwirtschaftet wird, Mitte 2022 wieder das Vorkrisenniveau, die Arbeitslosenquote liegt im Jahr 2022 im Durchschnitt bei 8,1 Prozent, die Inflationsrate bei 1,2 Prozent. Im „milden Szenario“erreicht das BIP schon dieses Jahr wieder sein Vorkrisenniveau, im „schwerwiegenden Szenario“nähert es sich diesem erst wieder Ende 2023 an. Im Jahr 2022 liegen die Arbeitslosenquoten entsprechend bei 7,2 und 9,3 Prozent, die Inflationsraten bei 1,5 und einem Prozent. Jedes Szenario verlangt jedoch eine andere Geldpolitik, und eine falsche Geldpolitik kostet in jedem Szenario Einkommen, Arbeitsplätze und einen problematischen Glaubwürdigkeitsverlust der Zentralbank. Eine sich einfach am mittleren Basisszenario ausrichtende Geldpolitik ist nicht sinnvoll, da bei Eintritt eines anderen Szenarios, deren Wahrscheinlichkeit ja nicht gering ist, hohe Kosten anfallen. Optimal ist es, flexibel, den einzelnen Entwicklungen angepasst, zu reagieren. Die EZB hat diesen schwierigen Weg im Rahmen ihres „Notfallankaufprogramms von Wertpapieren“eingeschlagen. Innerhalb eines möglichen Gesamtvolumens an Wertpapierkäufen in Höhe von 1850 Milliarden Euro bis März 2022 will sie die Menge in einzelnen Monaten variieren, an die Situation anpassen. Bei aller berechtigter Kritik, etwa an dem hohen Ausmaß des Gesamtvolumens dieses Programms, bietet die geschilderte flexible Nutzung jedoch eine gute Möglichkeit, mit der erheblichen Unsicherheit umzugehen.