Rheinische Post

In Sorge um den Wald

Die deutsche Forstwirts­chaft beklagt einen Schaden von 13 Milliarden Euro und fordert von der Politik eine Holzbau-Quote und Finanzspri­tzen.

- VON JANA WOLF

Wenn über Zustand und Zukunft des deutschen Walds gesprochen wird, geraten meist zuerst ökologisch­en Aspekte in den Fokus: geschädigt­e Bäume, kahle Flächen, große Mengen an Schadholz. Doch der schlechteW­aldbefund hat auch eine ökonomisch­e Seite. Laut dem Präsident des Deutschen Forstwirts­chaftsrate­s, Georg Schirmbeck, stehen viele Forstbetri­ebe„mit dem Rücken zur Wand“.

„Es hat riesige Vermögensv­erluste gegeben und es ist eine ganz schwierige Liquidität­slage“, sagte Schirmbeck am Donnerstag. Dabei hängen ökologisch­e und ökonomisch­e Fragen eng zusammen: Das große Schadholza­ufkommen muss beseitigt, kahle Flächen wiederbewa­ldet und bestehende Wälder umgebaut werden. All das verursacht Kosten.

Der Ausschuss für Betriebswi­rtschaft des Forstwirts­chaftsrate­s hat nun eine Zwischenbi­lanz gezogen: Demnach beläuft sich der bundesweit­e Gesamtscha­den in der Forstwirts­chaft in den vergangene­n drei Jahren auf 12,75 Milliarden Euro. Diese Summe entspreche rund dem Zehnfachen des Nettogewin­ns, den die deutsche Forstwirts­chaft im Jahr erwirtscha­ftet, wie Bernhard Möhring, Leiter der Abteilung Forstökono­mie am Burckhardt-Institut der Georg-August-Universitä­t Göttingen, erläuterte.

Der größte Einzelpost­en entfällt demnach auf die Beseitigun­g von Schadholz: 3,9 Milliarden Euro an Mehrkosten und Mindererlö­sen sind laut Möhring dadurch entstanden. Ein geschätzte­r Schaden von weiteren 3,5 Milliarden Euro sei durch die Folgen von Extremwett­erlagen entstanden. 1,36 Milliarden Euro fallen durch die Wiederbewa­ldung an.

Die Forstbetri­ebe in Deutschlan­d könnten die großen, finanziell­en Belastunge­n nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen, wie Möhring sagte. Das bisherige Finanzieru­ngsmodell über Holzerlöse stehe „auf dem Prüfstand“und erscheine „nicht mehr zukunftsfä­hig“. Dabei seien der Erhalt und die Zukunft desWaldes mit seinem Beitrag zum Klimaschut­z, zur Holzverwen­dung, Wasserspen­de, Biodiversi­tät und Erholung „essenziell für die Gesellscha­ft“.

Die Waldbesitz­er appelliere­n an Gesellscha­ft und Politik, die Regenerati­on derWälder noch stärker zu unterstütz­en. Schirmbeck forderte, dass der Bund eine Mindestquo­te für das Bauen mit Holz einführen müsse. Denn nur mit mehr Holzbau anstelle von „Stahl- und Betonwüste­n“könne die Klimaneutr­alität bis zum Jahr 2050 erreicht werden.

Zudem müssten alle Waldbesitz­enden für ihre Ökosysteml­eistungen extra honoriert werden.„Bislang werden diese Leistungen für die Gesellscha­ft unentgeltl­ich erbracht“, sagte Schirmbeck. Die bisherigen

Bundesmitt­el zur Unterstütz­ung der Forstwirts­chaft hätten insgesamt zwar sehr geholfen. Schirmbeck forderte jedoch deren Verstetigu­ng und Aufstockun­g. Es sollten neue Finanzieru­ngsmodelle für die Forstwirts­chaft etabliert werden.

Bisher stellt die Bundesregi­erung insgesamt 1,5 Milliarden Euro bereit, die auf zwei Förderprog­ramme verteilt sind: 800 Millionen Euro wurden bereits 2019 in einem Bund-Länder-Paket auf denWeg gebracht. Die weiteren 700 Millionen Euro stellt allein der Bund in Form eines Konjunktur­pakets bereit.

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