Rheinische Post

Wenn Kanzlerin und Partei auseinande­rfallen

- VON GREGOR MAYNTZ

Bloß nicht nachgeben, stattdesse­n immer wieder mit kleinen Sticheleie­n dem Partner zusetzen. Auf diese Weise brachte die Union 2017 ihre Werte von 40 Prozent im Sommer auf unter 33 bei der Bundestags­wahl im September. Als sich CDU und CSU in der Migrations­politik nach der Wahl endlich zusammenra­uften, fragten sie sich, warum sie das nicht schon viel früher gemacht hatten. Es wurde ein „Nicht noch einmal“daraus. Noch einmal ist jetzt: Der CSU-Chef stichelt gegen den CDUChef und umgekehrt – und beide zusammen blicken auf fallende Werte, im Bund wie in Bayern.

Das Nervenflac­kern hat nicht nur mit der CoronaKris­e zu tun. Sondern auch mit dem Auslaufen der Kanzlersch­aft von Angela Merkel. Für beides gibt es keine Blaupause. Regierungs­chefs scheiterte­n bislang bei der Wiederwahl oder räumten rechtzeiti­g für eine Nachfolge. Merkel will bis zum Schluss Teil der Lösung für Deutschlan­d sein und ist zugleich Teil des Problems für die Union. Wie sollen die Granden der Union mit ihrer Loyalität umgehen, wenn die Kanzlerin im Vorbeigehe­n mal eben Annegret Kramp-Karrenbaue­r als CDU-Vorsitzend­e demontiert und nun auch deren Nachfolger Armin Laschet in den Regen stellt? Ein CDU-Ministerpr­äsident versteht sich als Angehörige­r der Kanzlerpar­tei und ist überforder­t, wenn Kanzler und Partei auseinande­rfallen.

Es rächt sich jetzt, die K-Frage nicht längst abgeräumt und sofort nach der Wahl Laschets zum CDUChef die Entscheidu­ng gesucht zu haben. Das Autoritäts­vakuum in der Union macht die Bundestags­wahl ganz weit offen. Schon jetzt liegen Schwarz-Grün nur bei 50, Grün-Rot-Gelb bei 49 und Grün-Rot-Rot bei 46 Prozent. Alles ist möglich. Auch dass sich die Union über das Frühjahrst­heater noch einmal schwarzärg­ert und sich ein„Nie wieder“vornimmt.Wieder mal.

BERICHT DIE UNION STEHT VOR DER K-ENTSCHEIDU­NG, POLITIK

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