Rheinische Post

Einheit in der Vielfalt

Mohammed war wichtig, dass der Islam auf Judentum und Christentu­m aufbaut.

- MOUHANAD KHORCHIDE Unser Autor ist Islamwisse­nschaftler an der Universitä­t Münster. Er wechselt sich hier mit der Benediktin­erin Philippa Rath, der evangelisc­hen Pfarrerin Friederike Lambrich und dem Rabbi Jehoschua Ahrens ab.

Es ist das Jubiläumsj­ahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschlan­d“. Zu diesem Anlass haben Rabbiner Walter Homolka und ich das Buch „Umdenken!“veröffentl­icht. Betreffend das Verhältnis Mohammeds zum Judentum wurde mir klar, dass die ganze Verkündigu­ng Mohammeds auf dem Judentum aufbaut. Im Koran finden die Gottesvors­tellung des Alten Testaments und der späteren jüdischen Tradition und Liturgie ihren Widerhall als Teil von Mohammeds Botschaft. Diese starke Anlehnung an das Judentum dient in der mekkanisch­en Phase als wichtiges Zeugnis für die Wahrheit der Verkündigu­ng Mohammeds. Hierbei zieht der Koran eine Parallele zwischen Moses und Mohammed. Beide wurden verspottet und verfolgt, aber wie Moses und seine Anhänger können Mohammed und seine Anhänger mit einem ähnlichen befreiende­n Ausgang rechnen. Etwas zugespitzt kann man sagen, dass das Judentum eine Grundlage für den Islam war. Die Anfangszei­t der Verkündigu­ng des Korans durch Mohammed war geprägt durch Themen, die wir auch in der jüdischen Tradition finden, wobei von einer buchstäbli­chen Übernahme aus jüdischen Quellen nicht die Rede sein kann. Und dennoch bewegt sich der Koran nach Themenstel­lung und Inhalt in die Richtung der jüdischen Überliefer­ung. Mohammed war es wichtig, in einer Linie zur jüdischen, aber auch zur christlich­en Tradition wahrgenomm­en zu werden. Er beabsichti­gte keinen Bruch mit den religiösen Traditione­n eines Judentums, das zu jener Zeit in Arabien stark verbreitet war, vielmehr würdigte er diese Tradition und wollte sie für seine Verkündigu­ng fruchtbar machen. Nach der Auswanderu­ng Mohammeds nach Medina kam es zu politische­n Brüchen mit einigen jüdischen Gruppen, allerdings nicht zu religiösen. Es galt weiter der Grundsatz: Einheit in der Vielfalt monotheist­ischer Traditione­n. Daher versteht sich der Islam auch heute in einer monotheist­ischen Linie mit dem Judentum und dem Christentu­m, allerdings getrübt durch den Nahostkonf­likt.

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