Der Reiz am Handel mit der digitalen Kunst
Werke vom Computer liegen im Trend und bringen teils Millionenbeträge ein. Wir erklären, wie das geht – und für wen es etwas ist.
DÜSSELDORF Mal ehrlich: Wie viel Geld würden Sie für ein digitales Kunstwerk ausgeben? Sie rätseln, was das sein soll – und wie so eine Transaktion über die Bühne geht? Nun ja. Das könnte beispielsweise ein Bild Ihres Lieblingskünstlers sein, das nach dem Erwerb Ihnen gehört. Sie würden nach dem Kauf also eine Bilddatei (zum Beispiel im Jpeg-Format) mit dem Kunstwerk auf Ihren Computer erhalten. Hand aufs Sammlerherz: Wäre Ihnen das 100 Euro wert? 1000 Euro? Oder vielleicht sogar 10.000 Euro?
Egal, was Sie jetzt sagen – mit solchen Beträgen hätten Sie bei dieser Auktion keine Chance gehabt: Mike Winkelmann, ein Künstler aus den USA, im beruflichen Kontext auch bekannt unter seinem Künstlernamen „Beeple“oder „Beeple Crap“, hat eines seiner digitalen Kunstwerke kürzlich für 69,3 Millionen US-Dollar, umgerechnet 58,3 Millionen Euro, versteigert. Darauf zu sehen ist eine riesige Collage aus den ersten 5000 Bildern, die er seit 2007 beinahe täglich veröffentlicht hat. Den Zuschlag für dieses durch und durch außergewöhnliche Werk hat ein Investor erhalten, der unter dem Pseudonym „Metakovan“mitbot. „Ich denke, dass es irgendwann ein Milliarden-Stück sein wird“, sagte Metakovan dem Medienunternehmen Bloomberg zu seinem jüngsten Kunsterwerb.
Das Beispiel zeigt: Digitalkunst ist ein lukratives Geschäft – und mittlerweile offensichtlich auch eine ernst zu nehmende Anlageform. Nicht nur für digitale Bilder ist der Markt interessant, auch die Musikindustrie ist auf den Zug aufgesprungen, die Sportwelt tastet sich gerade heran: So hat der kanadische Sänger The Weeknd in der vergangenen Woche unter anderem einen nicht-veröffentlichten Song versteigert und damit 2,1 Millionen US-Dollar (1,77 Millionen Euro) verdient. In Deutschland erhielt der Unternehmer und Musiker Fynn Kliemann Aufmerksamkeit, als er im März 100 Musik-Jingles für insgesamt rund 250.000 Euro versteigerte. Und ein kurzes Video, das zeigt, wie Basketball-Star LeBron James den Ball im Korb versenkt, wechselte für rund 200.000 US-Dollar (168.000 Euro) den Besitzer.
Aber wie genau funktioniert der Handel mit digitaler Kunst überhaupt? Hinter jedem Kunstwerk steckt ein digitales Echtheitszertifikat, auch Non-Fungible Token (NFT) genannt. Solche „nicht austauschbare Token“sorgen dafür, dass das jeweilige Werk exakt nur einmal existiert. Anders ist das etwa bei Geld oder Aktien, die beliebig austauschbar sind. Ein Beispiel: Welchen Zehn-Euro-Schein man im Portemonnaie hat, ist egal, weil jeder Zehn-Euro-Schein den gleichen Wert hat. Ein NFT, das jemand besitzt, ist jedoch ein Unikat.
„NFTs sind eine bahnbrechende Erfindung und werden für die digitale Welt in der Zukunft eine sehr bedeutende Rolle spielen“, sagt Philipp Sandner, Professor der Frankfurter School of Finance and Management, im Gespräch mit unserer Redaktion. Gehandelt werden diese bislang meist mit der Kryptowährung Ethereum, die durch eine Blockchain-Datenkette die Echtheit der Werke sichert.
Jede Transaktion, die mit dem NFT vollzogen wird, wird so in einer Datenbank gespeichert. Dadurch soll jedes NFT fälschungssicher sein. Investoren spekulieren auf stark steigende Werte der digitalen Vermögenswerte. Während früher die Jagd nach seltenen Briefmarken, Münzen oder Sammelkarten im Vordergrund stand, drängt nun digitale Kunst nach vorne, die theoretisch jeder entwerfen kann. „Dennoch ist das, was wir derzeit beobachten, ein Hype, der sich auch schnell zu einer kleinen Blase auswachsen kann“, sagt Sandner.
So exorbitant hoch wie eingangs erwähnt sind die Preise für digitale Kunstwerke allerdings nicht immer. Die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA verkauft mit „Top Shot“zahlreiche kurze Clips der Basketball-Historie. Die günstigsten sind bereits für neun US-Dollar zu haben. Ist der darauf zu sehende Spieler gerade gut in Form oder wechselt er demnächst zu einem größeren Verein, könnte der Wert dieses virtuellen Kunstwerks schnell steigen.
Besonders Kryptowährungen erhalten durch die NFTs noch mal eine neue Aufmerksamkeit. Aber ist ein Investment in digitale Werke tatsächlich auch für Privatpersonen, die auf große Wertsteigerungen hoffen, vielversprechend? „Zunächst lohnt es sich, sich mit Kryptowährungen intensiv auseinanderzusetzen. Wenn man sich damit wohlfühlt, kann man sich mit NFTs beschäftigen“, rät Sandner. „Erst wenn das gelungen ist, sollte man überlegen, ob man investiert oder nicht. Unter keinen Umständen sollte man nach etwasWerbung oder kurzer Einarbeitungszeit viel Geld in die Hand nehmen.“