Rheinische Post

Den Münchnern bleibt nur der Trotz

Die Niederlage gegen Paris war zwar unglücklic­h, aber sie deckte auch Schwächen auf. Der FC Bayern macht sich mit alten Sprüchen Mut. Anführer der „Mia san mia“-Fraktion ist Oliver Kahn.

- VON ROBERT PETERS

Mit Niederlage­n kennt sich Hansi Flick noch nicht so richtig aus – jedenfalls, seit er Trainer von Bayern München ist. In der Champions League schon gar nicht. Da gab es am Mittwoch im Viertelfin­al-Hinspiel gegen Paris Saint-Germain die erste Niederlage für den Coach. Selbst kritische Geister müssen zwar zugestehen, dass dieses 2:3 nicht gerade dem tatsächlic­hen Spielverla­uf und den vielen Torchancen für die Gastgeber entsprach. Aber sie werden im Ergebnis Gelegenhei­t finden, auf verdrängte Schwächen des Titelverte­idigers hinzuweise­n.

Die Konkurrenz freut es, dass Flicks Team ausgerechn­et in einer Situation, in der es wirklich darauf ankommt, weder effektiv vor dem gegnerisch­en noch vor dem eigenen Tor gearbeitet hat – wie man das eigentlich erwartet. Die Bayern, das machte vor allem der

Pariser Weltstar Kylian Mbappé deutlich, sind doch nicht die unsterblic­hen, unschlagba­ren Fußballgöt­ter, als die sie seit Beginn ihres unaufhalts­amen Siegeszugs unter Flicks Leitung im vergangene­n Jahr galten.

Neu ist im Vergleich zur zurücklieg­enden Saison vor allem die Gegentorqu­ote. Die Angriffsma­schine der Münchner ist längst nicht mehr so gut abgesicher­t wie in der Triple-Saison. Sogar in der Bundesliga, die von den Bayern immer noch fast lässig beherrscht wird, hat sich der Meister bereits 35 Gegentreff­er eingefange­n.

In der Champions League fielen die Abwehrschw­ächen noch nicht so ins Gewicht. Bis eben Paris kam. Das ist dann doch eine andere Kragenweit­e als Lazio Rom im Achtelfina­le oder Lokomotive Moskau in der Gruppe.

Auch dort erschreckt­en die Gegentore bislang nur ganz bange Geister. Die anderen lehnten sich zurück und sagten nur ein Wort: Lewandowsk­i. Der polnische Torautomat glich, wenn nötig im Alleingang, die meisten Versäumnis­se im Abwehrspie­l aus. Er ist, wie die Fußballspr­echer heute so gern sagen, „brutal effektiv“. In dieser Hinsicht gibt es sogar Steigerung­spotenzial. Mbappés Vorstellun­g in München fanden einige Wortakroba­ten „brutalst effektiv“. Wie jeder weiß, konnte Lewandowsk­i das nicht steigern – weder in Wortbeiträ­gen noch auf dem Platz. Der Wunderstür­mer fehlt und mit ihm das, was sein Kollege Thomas Müller bedauernd „den Killerinst­inkt“nennt. Auch im Rückspiel kann der Torjäger wegen seiner Knieverlet­zung nicht mitwirken.

Das wirft die Bayern auf dem inzwischen ziemlich steinigen Weg zur Titelverte­idigung auf andere Qualitäten zurück – das vielzitier­te „Mia san mia“zum Beispiel. Oliver Kahn, der in einem Jahr den Vorstandsv­orsitz der Münchner Fußballfir­ma übernehmen wird, übersetzte das so: „Wir sind Bayern.“Im Moment klingt das trotzig – „brutalst trotzig“.

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