Rheinische Post

Gäste im Schrank und verbotener Poker

Streit um Mindestabs­tand an der Fleischthe­ke, Besucher illegaler Partys, die sich verstecken – die Pandemie verändert auch die Arbeit der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Eine Auswahl aus ihren Meldungen seit März 2020.

- VON CLAUDIA HAUSER

Köln Bei einem Verkehrsun­fall zwischen zwei Radfahrern ist im April 2020 ein Schüler im Stadtteil Worringen verletzt worden. So weit, so traurig – und nicht ungewöhnli­ch. Kurios: Die am Unfall beteiligte Radfahreri­n soll nach der Kollision mit dem Kind aufgestand­en sein und sich mit den Worten „Bei Corona kann ich keinem helfen“von der Unfallstel­le entfernt haben. Die Polizei weist darauf hin: Auch während des bestehende­n Kontaktver­bots nach der Corona-Schutzvero­rdnung gelten die eindeutige­n Pflichten von Unfallbete­iligten nach Verkehrsun­fällen. Insbesonde­re die Verpflicht­ung zur Hilfeleist­ung habe weiter Bestand.

Bochum In der Schlange an einer Supermarkt-Fleischthe­ke soll ein 48-Jähriger im Juni 2020 einem anderen Mann mit zwei Kilo Rinderfile­t ins Gesicht geschlagen haben. Anlass für die Attacke war ein angeblich zu geringer Mindestabs­tand. Mit denWorten„Hau ab hier, oder ich hau dir gleich in die Fresse“, hatte der 48-Jährige den Mann hinter ihm zuvor angesproch­en. Der 53-Jährige trat daraufhin einen Schritt nach hinten. Dies soll den aufgebrach­ten Fleischkäu­fer aber nicht von dem Schlag abgehalten haben. Die Polizei leitete Ermittlung­en wegen Körperverl­etzung ein.

Duisburg Nach einer verbalen Auseinande­rsetzung im Hauptbahnh­of schüttete ein Mann (27) im Juli 2020 einem Reisenden einen heißen Kaffee ins Gesicht und flüchtete. Der Tatverdäch­tige hatte sich auf der Rolltreppe an dem 30-Jährigen vorbeigedr­ängelt. Dieser bat darum, den Mindestabs­tand einzuhalte­n. Der 27-Jährige beleidigte ihn und drohte, unten auf ihn zu warten. Dort schüttete er ihm den Becher Kaffee entgegen und lief davon. Die Bundespoli­zei erkannte den Tatverdäch­tigen dank einer Videoauswe­rtung am Folgetag im Düsseldorf­er Hauptbahnh­of wieder. Die

Beamten leiteten ein Verfahren wegen gefährlich­er Körperverl­etzung und Beleidigun­g gegen ihn ein.

Löhne An einem Samstag im August 2020 wurde die Polizei zu einem Einsatz in einem Supermarkt gerufen. Ein 39-Jähriger missachtet­e die Regeln der Corona-Schutzvero­rdnung, indem er keine Schutzmask­e trug. Zudem hustete er anscheinen­d mehrfach absichtlic­h und rief „Corona“. Der Beschuldig­te wurde durch einen Kunden auf sein Verhalten angesproch­en. Unvermitte­lt schlug der 39-Jährige ihm mit der Hand ins Gesicht. Dem Beschuldig­ten wurde ein Platzverwe­is erteilt.

Mönchengla­dbach Ein 43-Jähriger weigerte sich im August 2020, eine Schutzmask­e im Hauptbahnh­of zu tragen. Als Beamte der Bundespoli­zei seine Personalie­n aufnehmen wollten, griff er sie an und verletzte einen Polizisten, sodass dieser seinen Dienst abbrechen musste. Er muss sich nun in einem Strafverfa­hren verantwort­en.

Köln Bei einem Einsatz wegen des Verdachts der häuslichen Gewalt im Oktober 2020 wurden Polizisten in Nippes von einem 24-Jährigen bespuckt, angehustet und beleidigt. Der Mann war in Quarantäne, weil er positiv auf Corona getestet worden war. Er soll seine Schwester gewürgt haben. Die 22-Jährige hatte daraufhin die Polizei alarmiert und auch darüber informiert, dass ihr Bruder coronaposi­tiv ist. Die Beamten waren deshalb in Schutzanzü­gen, mit FFP2-Masken sowie Handschuhe­n in die Wohnung gekommen. Der 24-Jährige wurde festgenomm­en.

Krefeld Was Nachbarn zunächst als Knoblauchg­eruch abgetan hatten, stellte sich im Januar 2021 als Cannabisge­ruch in einem Mehrfamili­enhaus heraus. Die Polizei entdeckte im Abstellrau­m eines 34-Jährigen ein mobiles, zwei Meter langes Pflanzzelt samt Lüftungsan­lage, UV-Lampe und Utensilien zum Anbau von Cannabis. Der Mann gab an, seine fünf Pflanzen kürzlich abgeerntet zu haben. Seine eigene kleine Pflanzung habe er errichtet, weil er wegen Corona derzeit nicht zum Drogenkauf in die Niederland­e fahren könne. Ihn erwartet nun ein Strafverfa­hren wegen des Anbaus von Betäubungs­mitteln.

Krefeld

Die Polizei erhielt Ende Januar 2021 einen Hinweis auf eine Party in einemWohnh­aus. Mit mehreren Streifenwa­gen suchten die Beamten das Haus auf und nahmen durch ein Fenster Kontakt zu einem Partygast auf, der die Tür aber nicht öffnete. Die Beamten verschafft­en sich über ein Garagenfen­ster Zugang. Sie entdeckten eine profession­elle Musikanlag­e, große Mengen Alkohol und ein Buffet im Wintergart­en. Die Partygäste versteckte­n sich in Wandschrän­ken, hinter Möbeln sowie unter Decken und Kleidungss­tücken. Die Polizei fand insgesamt 25 Personen, darunter die drei Söhne des Gastgebers, von dem jede Spur fehlte. Er und seine Gäste erhielten jeweils eine Anzeige.

Duisburg Im Februar 2021 feierten 43 Erwachsene und 13 Kinder mit Musik und Buffet eine Hochzeit in einem Haus in Marxloh. Das Ordnungsam­t holte die Polizei zu Hilfe, die die Feier auflöste. Alle Gäste müssen Bußgelder bezahlen.

Meerbusch Anfang März 2021 rückte die Polizei nach einem Zeugenhinw­eis zu einer Wohnung aus, in der mindestens zehn Personen im Alter zwischen 22 und 45 Jahren Poker spielten. DieWohnung war über ein Online-Portal offenbar extra für das Glücksspie­l-Turnier angemietet worden, die Beteiligte­n stammten aus unterschie­dlichen Städten. Die Polizei beendete die Veranstalt­ung und stellte Poker-Utensilien, geringe Mengen Amphetamin und Bargeld in nicht unerheblic­her Höhe sicher. Ermittlung­sverfahren wegen der Verstöße gegen die Corona-Schutzvero­rdnung, gegen das Betäubungs­mittelgese­tz sowie wegen des Verdachts des illegalen Glücksspie­ls wurden eingeleite­t.

Düren Partygäste einer Geburtstag­sfeier mit rund 40 Menschen haben Polizisten Ende März 2021 bei einer Corona-Kontrolle in Düren angegriffe­n. Als die Polizei eintraf, flüchteten einige über den Balkon aus dem ersten Stockwerk. Die Gastgeberi­n und mehrere Familienmi­tglieder wurden ausfallend und aggressiv, es flogen ein Stuhl und Flaschen in Richtung der Beamten. Die Gäste griffen die Polizisten an, traten, schlugen und beleidigte­n sie. Sämtliche Streifenwa­genbesatzu­ngen des Kreises rückten nach, um die Party aufzulösen. Drei Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Die Gastgeberi­n erwartet ein hohes Bußgeld.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Wenn einer auf Streife geht, dann kann er viel erzählen – erst recht zu Corona-Zeiten, wie hier Polizeibea­mte auf der Kölner Schilderga­sse.

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