Rheinische Post

Söder eröffnet das Duell

CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder haben ihre Bereitscha­ft zur Kanzlerkan­didatur erklärt. Wie geht es jetzt weiter?

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

BERLIN Beziehungs­status: Mehr als komplizier­t. In der Union haben am gestrigen Sonntag – fünf Monate vor der Bundestags­wahl – beide Parteivors­itzenden ihre Bereitscha­ft erklärt, die Kanzlerkan­didatur zu übernehmen. Sowohl NRW-Ministerpr­äsident und CDU-Chef Armin Laschet als auch der bayerische Ministerpr­äsident und CSU-Chef Markus Söder stehen damit offiziell bereit.

Und jetzt? Diese Frage blieb am Sonntag noch unbeantwor­tet. Betont wurde in den vergangene­n Wochen stets, die Frage solle in einem„Prozess“entschiede­n werden. Doch aus dem „Prozess“ist ein öffentlich­es Duell geworden. Der Ausgang scheint im Moment noch vollkommen ungewiss, der Zeitpunkt derVerkünd­ung einer Entscheidu­ng genauso unklar.

Um 14.30 Uhr am Sonntagnac­hmittag sickert die Nachricht per SMS aus den internen Gesprächen. „Wenn die CDU bereit wäre, mich zu unterstütz­en, wäre ich bereit. Wenn die CDU es nicht will, bleibt ohne Groll eine gute Zusammenar­beit“, sagt Söder. Damit spielt er den Ball nach wochenlang­en Spekulatio­nen nicht ungeschick­t in das Feld von Armin Laschet. Söder sagt weiter, dass er mit Laschet am Samstagabe­nd über die Kandidatur gesprochen haben. Es habe sich um „kein abschließe­ndes Gespräch“gehandelt, zitieren Teilnehmer den CSU-Chef.

Armin Laschet berichtet dann seinerseit­s ebenfalls aus dem Gespräch. Fazit: Er und Söder trauten sich die Kandidatur gegenseiti­g zu. „Wir haben uns gegenseiti­g attestiert, dass wir es beide können“, betonte er. Über das weitere Vorgehen zur Kür des Unionskand­idaten sei er mit Söder „im Gespräch“. Laschet fügt hinzu. „Wir sind uns der Verantwort­ung bewusst.Wir werden die Frage gut miteinande­r, auch in persönlich­er Wertschätz­ung, die es gegenseiti­g gibt, beantworte­n.“Wichtig sei „die Rückendeck­ung der Parteien und die Geschlosse­nheit der Union“.

Die gemeinsame Pressekonf­erenz folgt wenig später: Söder bleibt lange hinter seiner Maske verborgen, man sieht sein Mienenspie­l nicht, als Laschet spricht. Doch die Füße verraten ihn, er wippt unruhig hin und her, die Mappe mit dem CSU-Schriftzug wechselt von einer Hand in die andere.

Auch Laschet wirkt angespannt und sehr ernst. Er hat von den beiden das erste Wort: „Markus Söder und ich haben ein langes Gespräch miteinande­r geführt“, startet er, Man werde im guten Prozess der beiden Parteien und im Benehmen mit der Fraktion die Frage schnell und zeitnah klären. Das gebiete der Respekt vor der Fraktion. Er betont: „Unser Ziel ist es, in dieser Lage, in der das Land ist, mit einer Kanzlerin, die aus dem Amt geht, so viel Einigkeit wie möglich zwischen CDU und CSU zu leisten, denn es geht um viel.“

Söder sagt, er habe mit Laschet ein offenes und freundscha­ftliches Gespräch geführt – das aber noch nicht abschließe­nd gewesen sei. Auch er selbst habe seine Bereitscha­ft zur Kandidatur erklärt. Wenn die CDU als große Schwester dies breit unterstütz­e, sei er bereit, diesen Schritt zu gehen, sagte Söder: „Ich bin bereit zu dieser Kandidatur.“Wenn die CDU aber eine andere Entscheidu­ng treffe, werde man dies akzeptiere­n. Und man werde weiterhin sehr gut zusammenar­beiten. Keine Kandidatur auf Biegen und Brechen.Wir sind nicht Helmut Kohl und Franz-Josef Strauß – schon optisch nicht, auch inhaltlich nicht“, sagt Söder. Laschet dreht die Augen fast flehentlic­h zum Himmel. Also ein verklausul­ierter Rückzug, trotz Ankündigun­g? Das nun auch nicht, wird in der CSU versichert.

Eigentlich ist man in der Union am Sonntagabe­nd also nicht weiter als vor demWochene­nde. Nur, dass Söder nun offiziell im Rennen ist. Die K-Frage der Union ist zur Kampfkandi­datur geworden. Das hat der Sonntag gebracht. Wie es nun weitergeht? Da bleiben beide Parteivors­itzenden sehr ungenau. Am Abend sind TV-Auftritte geplant, nacheinand­er. Am heutigen Montag treffen sich die Präsidien beider Parteien, die CDU am Vormittag, die CSU am Nachmittag. Ob es hier Beschlüsse geben wird, blieb am Sonntag unklar. Laschet und Söder wollten sich nicht dazu äußern, ob sie sich dabei offiziell den Rückhalt ihrer Parteispit­zen für ihre Ambitionen einholen wollen.

Beide wollen: Der eine aus dem Zuspruch aus der Bevölkerun­g, der Öffentlich­keit und auch dem Kanzleramt heraus – der andere als Chef der deutlich größeren Partei und dem Wissen heraus, schwierige Situatione­n drehen zu können. Was also wird daraus? Ein Duell Mann gegen Mann? Auch am Sonntag kursiert das Gerücht, Laschet werde dem CDU-Präsidium am Montag seine Kandidatur vorlegen und sich von der Führungssp­itze seiner Partei ausrufen lassen. Doch auch Söder wird sich mit seinem Präsidium treffen. Auch hier ein Beschluss?

Bleibt die Figur der Kanzlerin. Wer ist ihr Favorit? Hält sie nach Annegret Kramp-Karrenbaue­r auch den zweiten CDU-Vorsitzend­en für eher ungeeignet, für die Union in den Kampf ums Kanzleramt zu ziehen, um den Job dann auch anzutreten? Sagt sie das offen? Merkel ist am Sonntag zu Beginn der Tagung anwesend, berichtet über die Corona-Bekämpfung und die Außenpolit­ik. Als sich die beiden Parteivors­itzenden äußern, hat sie die Sitzung bereits verlassen. Wen sie für den geeigneter­en hält? Zumindest in der Corona-Bekämpfung ist sie sehr nah bei Söder – die beiden bilden das „Team Vorsicht“,

wie Söder es gerne ausdrückt. Merkel sieht das ähnlich.

Eine enge Allianz bilden Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Ihnen ist bewusst, dass die mühsam errungene Einheit der Fraktion nach dem Schreckens­sommer von 2018 auf dem Spiel steht. Vor der Tagung demonstrie­ren sie Einigkeit – und könne beide kaum verhehlen, dass sie das Hingehalte nervt.

Dobrindt spricht von„spannenden Zeiten“und macht dann eine ziemlich klare Ansage. Die Zeit sei reif, man müsse „in den nächsten beiden Wochen“zu einer Entscheidu­ng kommen. Brinkhaus betont, die Kolleginne­n und Kollegen aus der Fraktion und die, die rein wollten, wollten nun auch anfangen zu kämpfen. Lieber zwei herausrage­nde Optionen als einen Olaf“, sagt Dobrindt noch mit Blick auf SPD-Kanzlerkan­didat und Finanzmini­ster Olaf Scholz. Es klingt wie ein Stoßgebet.

„Lieber zwei herausrage­nde Optionen als einen Olaf“

Alexander Dobrindt CSU-Landesgrup­penführer

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