Massentests für 28.000 Kita-Kinder
Nase bohren oder spucken: Die freiwilligen Selbsttests werfen bei Eltern und Erziehern zahlreiche Fragen auf. Zu viele falsche Befunde könnten das Vertrauen untergraben.
Die freiwilligen Selbsttests werfen bei Eltern und Erziehern Fragen auf. Zu viele falsche Befunde könnten das Vertrauen untergraben.
DÜSSELDORF Die freiwillige Massentestung von kleinen Kindern hat in der Landeshauptstadt begonnen. Zur Wochenmitte verfügten die meisten der 360 Kindertagesstätten und ein größerer Anteil der Tageseltern über Selbsttests, die in den Familien vorgenommen werden.„Wer eine Pandemie erfolgreich bekämpfen will, muss vor allem schnell sein. Deshalb haben Stadt und freie Träger bereits vor der Ankündigung des Landes, Testkits bereit zu stellen, größere Kontingente geordert und ausgeliefert“, sagt Jugendamtsleiter Johannes Horn. Insgesamt wurden rund 180.000 Testkits für 28.000 Kinder bestellt. Die Kosten von etwa 800.000 Euro trägt die Stadt. Die Aktion wirft bei Eltern und Erziehern viele Fragen auf. Zumal je nach Träger und Lieferung unterschiedliche Testarten ausgeliefert werden. Die wichtigsten Fakten im Überblick.
Welche Tests stehen bereit? In den städtischen Kitas, das ist ein knappes Drittel der gut 360 Einrichtungen, gibt es zum Projektstart in der Regel den so genannten Nasenbohrertest, bei dem ein Stäbchen etwa zwei Zentimeter tief in die Nase eingeführt werden muss. Anders ist das bei den meisten freien Trägern, zu denen im Kita-Bereich unter anderem die Diakonie, die Arbeiterwohlfahrt (Awo) und das Deutsche Rote Kreuz zählen. „Hier wurden überwiegend Spucktests geordert, weil diese Träger in anderen Bereichen damit offenbar gute Erfahrungen gemacht haben“, sagt Horn. Über rund 11.000 Spucktests verfügt beispielsweise die Awo. „Wenn wir jedes Kind zweimal pro Woche testen, kommen wir damit bis zum Monatsende aus“, sagt Sprecher Wolfram Lotze. Zudem habe das Land am Montag angekündigt, in der kommenden Woche Tests an die Awo auszuliefern. „Dabei wird es sich dann um Stäbchentests handeln. Auf diese Weise können wir sogar beide Varianten anbieten“, meint Lotze. Spucktests dominieren aktuell auch bei der Diakonie, sagt Sprecher Christoph Wand.
Was halten Eltern von den Tests? Hier gehen die Meinungen auseinander. „Ich finde die Stäbchen eher problematisch, immerhin sprechen wir ja von kleinen Kindern, bei denen das doch relativ weit in die Nase eingeführt werden muss“, sagt Christian Reiß. Der 43-Jährige hat drei Söhne im Alter von sechs, vier und drei Jahren. Die beiden Jüngeren gehen in Mörsenbroich in die Kita von St. Franziskus Xaverius. Kurz vor Ostern hatte die Familie die Nasenbohrer-Variante selbst ausprobiert, weil ein Besuch bei den Großeltern auf der Agenda stand. Reiß hofft nun auf die Spuckvariante. Wichtig findet er, dass die Tests anders als bei seinem Ältesten, der in die Schule geht, freiwillig sind. Eltern sollten die letzte Entscheidung behalten, da sie im Zweifel auch am besten einschätzen könnten, warum ein Test an einem bestimmten Tag auch mal verzichtbar sein kann, findet derVater.„Warum gibt es diesen Spielraum in den Kitas, nicht jedoch in den Schulen unseres Bundeslandes?“, fragt er.
Werden die Ergebnisse dokumentiert? Nein. Eine Dokumentation oder Übermittlung ist in Düsseldorf nicht geplant. Auch keine verpflichtende Meldung an das Gesundheitsamt.„Wir vertrauen unseren Familien und setzen darauf, dass Eltern bei einem positiven Befund, ihr Kind zu Hause lassen und zu einem PCRTest anmelden“, sagt Sarah Sauerborn. Dass die Familien selber testen, findet die Leiterin der Awo-Kita Cronenburg in Wersten aus zwei Gründen gut. „Unsere Hoffnung ist, dass infizierte, aber symptomfreie Kinder gar nicht erst in die Einrichtung kommen und so ein Infektionsgeschehen mit Teil-Schließungen oder Quarantänen verhindert werden kann“, sagt die 31-Jährige, die selbst Mutter eines Kleinkindes ist. Hinzu komme, dass eine Testung sämtlicher 81 Jungen und Mädchen in den vier Gruppen vor Ort nicht zu stemmen sei. „In diesem Alter wäre der Aufwand so groß, dass wir dafür eine eigene Kraft einstellen müssten“, sagt Sauerborn.
Gibt es Kritik? Ja. Einige Familien hätten sich eine frühere Information gewünscht. Tatsächlich haben manche Träger erst am Montag oder Dienstag ein entsprechendes Anschreiben versandt. Bei anderen hatten die Briefe oder Mails dagegen schon vor einer Woche vorgelegen. Die konkreten Abläufe haben auch Ronald Lennartz von der Tagespflege „Düsseltalerchen“irritiert. Dass er die Testkits auf eigene Kosten und in der Freizeit abholen muss, um sie dann an die Eltern zu übergeben, findet er „nicht optimal“. Dass das Prozedere freiwillig bleibt, hält er für falsch. „Es gibt gute Gründe, warum es in den Schulen zur Pflicht gemacht wurde.“
Für Nachfragen sorgen auch die unterschiedlichen Testarten. „Warum gibt es nicht wie in anderen Großstädten Lolli-Tests zum Lutschen, das wäre doch besonders kindgerecht“, fragt eine Mutter aus dem Stadtsüden. Johannes Horn will kein Verfahren im Detail bewerten, das in Düsseldorf nicht zum Einsatz kommt. Ein Aspekt sei aber, dass dieses Verfahren mit seinen zwei Phasen aufwändig sei. Behälter mit den gesammelten Proben würden zunächst in der Gesamtheit untersucht. Bei Anhaltspunkten für ein positives Ergebnis folgten dann weitere Einzeluntersuchungen bei den Kindern.
Erzieherin Sarah Sauerborn hofft nun, dass sich falsch positive Ergebnisse bei den Selbsttests in Grenzen halten. „Aus Sicht vieler Erzieherinnen kommt das Ganze ziemlich spät, trotzdem ist es natürlich gut. Aber es funktioniert eben nur, wenn Eltern und Kitas dem Verfahren am Ende auch vertrauen können.“