Rheinische Post

Ältere trotz Impfung positiv getestet

Obwohl sie im Januar zwei Vakzindose­n erhalten haben, wurde bei 17 Bewohnern und Mitarbeite­rn eines Altenheims in Leichlinge­n das Virus nachgewies­en. Laut Virologen könnte dies Folgen für den Umgang mit Geimpften haben.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

LEICHLINGE­N In einem Altenheim in Leichlinge­n hat sich eine Mitarbeite­rin trotz vollständi­gen Impfschutz­es mit dem Coronaviru­s infiziert. Das wurde über einen PCR-Test bestätigt. Bei weiteren 17 Bewohnern und Mitarbeite­rn des „Pilgerheim­s Weltersbac­h“hatten Schnelltes­ts angeschlag­en, 14 von ihnen sind seit Januar ebenfalls zweimal geimpft. Für Joachim Noß, Geschäftsf­ührer des Leichlinge­r Altenheims, ist die Häufung der Fälle erstaunlic­h. Am späten Mittwochna­chmittag kamen erste Rückmeldun­gen der PCR-Tests. Demnach waren einige der betroffene­n, bereits geimpften Bewohner auch dabei positiv, sagte Noß. Es deute sich an, dass die Schnelltes­ts korrekt gewesen seien. Nun müsste mit dem Gesundheit­samt über weitere Maßnahmen gesprochen werden.

Vorläufig habe er alle Besucher gebeten, nicht zu kommen. Diese werden im Heim derzeit jeden zweiten, Mitarbeite­r jeden dritten Tag getestet. Im gesamten Haus gilt eine Maskenpfli­cht. Bei vollständi­g geimpften Bewohnern darf in den Zimmern bei Besuchen auf einen Mundschutz verzichtet werden, das steht laut Noß möglicherw­eise zur Dispositio­n. „Das Positive ist, dass bislang niemand schwere Symptome zeigt“, sagt der Geschäftsf­ührer. Trotz allem müsse natürlich untersucht werden, wie dasVirus ins Haus gelangt ist. Im „Pilgerheim Weltersbac­h“leben 300 Menschen, verteilt auf mehrere Häuser. Von dem potenziell­en Ausbruch ist nur ein Haus betroffen.

Auch Virologen der Uniklinik Düsseldorf bewerten den Fall als ungewöhnli­ch – unter dem Vorbehalt, dass die PCR-Tests die hohe Zahl der Betroffene­n bestätigen. Aber das sieht nun so aus. „Bestätigt sich die Zahl, ist es ganz wichtig, dass man das aufarbeite­t“, sagt Ortwin Adams, der die Virologisc­he

Diagnostik an der Uni-Klinik leitet. Interessan­t sei zum Beispiel, wie alt die Infizierte­n sind. Denn bei alten Menschen sei der Impfschutz weniger stark ausgeprägt. Bei einer Studie in einem Altenheim in Köln unter Federführu­ng des Düsseldorf­er Instituts habe sich herausgest­ellt, dass die Senioren über 80 Jahren eine deutlich schlechter­e Immunantwo­rt nach der Impfung gezeigt hätten als die jüngeren Mitarbeite­r. „Bei den Älteren hatten 30 Prozent keine neutralisi­erenden Antikörper, bei den Mitarbeite­rn waren es nur zwei Prozent“, sagt Adams.

Dass nach einer Impfung vereinzelt Infektione­n auftreten können, sogenannte Impfdurchb­rüche, ist also bekannt; das besagt schon der unterschie­dliche Wirkungsgr­ad der einzelnen Impfstoffe. In der Regel treten aber keine schweren Krankheits­verläufe auf. Neu aber wäre ein geballter Ausbruch wie in Leichlinge­n, denn das würde bedeuten, dass die Viruslast der Betroffene­n so hoch war, dass sie andere infizieren konnten. Bisher war man davon ausgegange­n, dass dieVirusla­st von Geimpften, sollten sie sich infizieren, gering ist und dass sie damit in der Regel nicht als Überträger auftreten, erklärt Jörg Timm, der das Institut für Virologie an der Uniklinik Düsseldorf leitet. „Sollten sich alle diese Fälle bestätigen, müsste man hinterfrag­en, ob bestimmte Privilegie­n für Geimpfte, wie nach einer Reise nicht in Quarantäne zu müssen, erneut diskutiert werden müssen“, sagt Timm. Zudem müsste weiter für alle an Hygienekon­zepten festgehalt­en werden.

Generell sei es notwendig, den Leichlinge­r Fall genau zu untersuche­n. Denn derzeit geht man laut Timm davon aus, dass Nichtgeimp­fte durch bereits Geimpfte eine gewisse Schutzwirk­ung genießen. Daten aus Israel und Großbritan­nien, Ländern also mit einer hohen Impfquote, würden belegen, dass das Übertragun­gsrisiko durch Geimpfte sehr gering sei. „Deshalb müssen wir ermitteln, wie die Übertragun­gswege in Leichlinge­n waren, ob ein Nichtgeimp­fter das Virus ins Haus getragen hat, ob es Geimpfte weitergege­ben haben oder ob es sich möglicherw­eise um eineVarian­te gehandelt hat“, sagt Timm. Eine weitere Möglichkei­t sei, dass etwas mit dem Impfstoff nicht gestimmt habe. Alles das gelte es zu prüfen.

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FOTO: UWE MISERIUS Betroffen sind Bewohner und Pflegekräf­te im Altenheim „Pilgerheim Weltersbac­h“.

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