Wie Homeoffice die Bürowelt verändert
Zufriedenheit und Erfolg im Job hängen stark vom Arbeitsplatz ab, sagen Forscher.
DÜSSELDORF Die Qualität der Arbeit im Homeoffice hängt sehr stark von der jeweiligen Wohnsituation ab, und ältere, besserverdienende und erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind bei der Arbeit zu Hause mitunter produktiver als ihre jüngeren Kolleginnen und Kollegen – weil sie erfahrener sind, oft höhere Positionen mit mehr Selbstständigkeit bekleiden, weniger Hilfe benötigen, ihr Wohnumfeld komfortabler ist. Das sind zwei Thesen, die Mitarbeiter der Technischen Universität (TU) Darmstadt aus der Befragung von etwa 1000 Beschäftigten abgeleitet haben, von denen der weit überwiegende Teil in der Zeit der Befragung von zu Hause gearbeitet hat. Klarer Trend: Die meisten von ihnen haben bereits vor Corona ein Viertel ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbracht und glauben nicht, dass sich das ändert, wenn unsere Gesellschaft die Pandemie wieder mehr oder weniger im Griff hat. Mehr sei auch nicht effizient, so das Fazit.
Aus den Erkenntnissen der Studienautoren um Andreas Pfnür, Leiter des Fachgebiets Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre an der TU Darmstadt, lassen sich Konsequenzen für Entwicklungen in der Immobilienwirtschaft ableiten. Eine davon lautet: Zwar wird auch dann, wenn das Homeoffice einen noch breiteren Raum in der Arbeitswelt einnehmen sollte, das Büro nicht verschwinden. Aber: „Der Trend geht dahin, dass man einen Arbeitsplatz hat, aber keinen individuellen mehr und nicht immer den gleichen. Dadurch wird der Arbeitsplatz für den
Arbeitgeber und den Arbeitnehmer flexibler nutzbar“, meint Aygül Özkan, Geschäftsführerin des Zentralen Immobilienausschusses, des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft.
Das würde beispielsweise heißen: Heute im Homeoffice, morgen an diesem Schreibtisch im Büro, übermorgen an jenem. Mit eigenem Rollcontainer oder Koffer, den man mit durchs Büro nimmt und mit dessen Hilfe man den benutzten Arbeitsplatz besenrein hinterlässt. „Clean Desk“heißt das im Fachjargon. Dadurch lassen sich physische Arbeitsplätze einsparen. Einen Trend, dass Unternehmen dies nutzten, um ganze Flächen an andere zu vermieten, gebe es allerdings nicht, sagt Sonja Wärntges, die Chefin der auf Gewerbeimmobilien spezialisierten DIC Asset AG.
Bei denen, die nach der Pandemie ins Büro zurückkehren, sind womöglich auch die Ansprüche an ihre Arbeitsumgebung gewachsen. „Bedeutsam ist, dass vor allem Faktoren wie Beleuchtung, Belüftung, Klimatisierung und Lärm zu Hause besser abschneiden als im Büro“, schreiben die Autoren. Das heißt: Auch da müssten Arbeitgeber bestehende Mängel verringern oder beseitigen, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu steigern.
Unterm Strich gilt also: Die Büros sind kein Relikt der Vergangenheit, aber ihre Gestaltung wird sich in den kommenden Jahren womöglich nachhaltig verändern. Wahrscheinlich werden auch die CoWorking-Spaces wichtiger. Eine Art Großraumbüro, in dem nicht nur Beschäftigte eines einzelnen Unternehmens zusammenarbeiten, sondern Menschen mit unterschiedlichen Jobs, die unabhängig voneinander im selben Raum arbeiten, sich aber auch austauschen und so die Produktivität des Einzelnen steigern können. „Die Investitionen in den Ausbau dieser Standorte werden steigen“, glaubt Andreas Wende, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Büroimmobilien. Die Nachfrage nehme zu.
Solche Arbeitsplatz-Angebote treffen offenbar bei den Beschäftigten einen Nerv. Trotz vergleichsweise wenig Erfahrungen„möchten die Beschäftigten in Deutschland durchschnittlich sieben Prozent ihrer Arbeitszeit an dritten Arbeitsorten verbringen“, hat die TU Darmstadt festgestellt.
„Einen Arbeitsplatz, aber keinen individuellen und nicht immer den gleichen“
Aygül Özkan ZIA-Geschäftsführerin