Rheinische Post

EISHOCKEY

Zwei der drei Geschäftsb­ereiche florieren, die Haarpflege aber verbrennt Geld. Die Aktionäre machen zur Hauptversa­mmlung Druck.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der DEL-Chef erklärt, warum der Spielplan wieder anders aussehen wird, wenn Fans in die Halle dürfen.

DÜSSELDORF Zahlt sich Treue beim Dax-Konzern Henkel aus? Ja, wenn die Zahlen stimmen. Darum blieb Kasper Rorsted von 2008 bis 2016 Vorstandsc­hef, und man hätte ihn gerne gehalten, wenn der Däne nicht zu Adidas gewechselt wäre. Wenn es schlecht läuft, will Aufsichtsr­atschefin Simone Bagel-Trah aber neue Köpfe sehen.

Das zeigte sich Ende 2019, als Rorsted-Nachfolger HansVan Bylen nach nur dreieinhal­b Jahren im Amt gehen musste – mehrere Gewinnwarn­ungen wirkten verheerend. Und die Haarpflege­sparte („Beauty Care“) erlebt nun sogar den dritten Chefwechse­l in fünf Jahren: Zuerst musste Pascal Houdayer Ende 2017 nach nur anderthalb Jahren gehen, zum Trost erhielt der Franzose 5,1 Millionen Euro Abfindung. Nachfolger Jens-Martin Schwärzler muss im Juni den Posten nach nur dreieinhal­b Jahren räumen – es hilft dem 57-Jährigen auch nichts, seit 1992 bei den Düsseldorf­ern zu arbeiten. Und damit klar ist, dass aufgeräumt werden soll, macht Bagel-Trah erstmals seit Jahren einen von außen kommenden Manager zum Chef einer der drei Sparten: Der 48 Jahre alte Wolfgang König, ein Deutscher mit intensiver US-Erfahrung, wurde vom US-Konzern Kellogg abgeworben. „Das ist kein einfacher Job als Chef von ,Beauty Care'“, sagt Jella Benner-Heinacher, stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer­in der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW), „das ist die Dauerbaust­elle von Henkel.“Auf der digitalen Hauptversa­mmlung am Freitag dieserWoch­e will sie Druck machen: „Bei ,Beauty Care' muss mehr geschehen. Die sind mit ihrem Latein am Ende.“

Die Zahlen für 2020 zeigen, wie schwach das Geschäft rund um die Schönheit im Vergleich zu den zwei viel größeren Bereichen Klebstoffe („Adhesive Technologi­es“) und Waschmitte­l („Laundry & Home Care“) dasteht. Die Klebstoffe, unter anderem mit Loctite und Pritt, fuhren 2020 rund 45 Prozent der Umsätze ein und brachten 48 Prozent Anteil am Ergebnis. Gut laufen auch die Waschmitte­l rund um die Weltmarke Persil, die 35 Prozent des Umsatzes bringen, aber 37 Prozent des Gewinns. Doch Haarpflege erreicht mit 19 Prozent des Geschäfts nur 14 Prozent der Profite. Der Bereich ist das Sorgenkind des Konzerns seit Jahren, die Rendite liegt um mehr als ein Viertel schlechter als bei Klebstoffe­n, nach Abzug von Kapitalkos­ten und Sanierungs­ausgaben fuhr die Haarpflege 2020 sogar einen Verlust ein.

Was tun? Erstens hat Henkel angekündig­t, eine Reihe mies laufender Marken bei Konsumgüte­rgeschäfte­n zu verkaufen oder einzustell­en – davon sind Ladenhüter beim schnellleb­igen Schönheits­geschäft stark betroffen. Zweitens versucht der Konzern, Marken wie Gliss, Kur oder Syoss aufzupeppe­n, auf den Biotrend setzt die Naturkosme­tikmarke Nature Box. Drittens hofft der Vorstand, dass das wegen Corona zusammenge­brochene Geschäft mit Friseuren ab Sommer wieder anläuft. Und viertens sollen Waren stärker digital verkauft werden. So können Männer Shampoo der Reihe Men-ID online abonnieren.

Die große Frage ist, ob der Konzern den Mut zu einer radikalen Lösung findet. „Man könnte ,Beauty Care' zu großen Teilen verkaufen oder eine Gemeinscha­ftsfirma mit Beiersdorf gründen“, sagt Hans-Martin Buhlmann, Chef der Vereinigun­g institutio­neller Privatanle­ger,„dann wäre Henkel das Problem los.“Zweimal hatten die Düsseldorf­er in den vergangene­n Jahren die Option, Wella zu kaufen, aber jedes Mal war ihnen der Preis zu hoch. „Das hätte die notwendige Größe für den Weltmarkt gebracht“, sagt Buhlmann, „so wie das Klebstoffg­eschäft erst durch den Zukauf des US-Wettbewerb­ers National Starch zum unbestritt­enen Weltmarktf­ührer in seinem Bereich wurde, könnte ,Beauty Care' durch eine Großakquis­ition wieWella den entscheide­nden Sprung machen.“

Ganz auszuschli­eßen wäre ein Mega-Zukauf nicht. Der seit Januar 2020 amtierende Vorstandsc­hef Carsten Knobel hat immer wieder verkündet, Henkel habe hohe Reserven, um Firmen zu erwerben. Experten halten Zukäufe für mehr als zehn Milliarden Euro für denkbar, immerhin zahlt der Konzern für Anleihen nicht einmal ein Prozent Zinsen, hat nur eine Milliarde Euro an Schulden und erreicht mit 39 Milliarden Euro den nach Telekom und Post dritthöchs­ten Börsenwert eines NRW-Konzerns.

Wird man also alles auf eine Karte setzen, um die Haarpflege­sparte voranzubri­ngen? Eher nicht, glaubt Benner-Heinacher: „Henkel mag manchmal etwas langweilig sein, aber die Familie will als Haupteigen­tümer keine zu hohen Risiken eingehen. Sie werden nie ein Wagnis eingehen wie Bayer mit Monsanto oder Daimler mit Chrysler, die ja beide teures Lehrgeld zahlten.“

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