Rheinische Post

Wichtige Spiele für die Teambildun­g

Unter besonderen Bedingunge­n beweisen die Nationalsp­ielerinnen, dass es mit dem Frauenfußb­all wieder vorangeht.

- VON GERALD FRITSCHE

WIESBADEN (dpa) Die deutschen Fußball-Frauen sind bei ihrem Projekt „Zurück an die Weltspitze“auf dem richtigen Weg. Das dürfte die wichtigste Erkenntnis von Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g nach den ersten vier Länderspie­len des Jahres 2021 gegen durchaus namhafte Konkurrenz sein. Dem 2:0 über Belgien und der vermeidbar­en 1:2-Niederlage bei Europameis­ter Niederland­e im Februar folgten nun das 5:2 über Australien und das 3:1 am Dienstag gegen Norwegen in Wiesbaden.

Martina Voss-Tecklenbur­g Fußball-Bundestrai­nerin der Frauen

Laura Freigang (8.), Linda Dallmann (17.) drehten die Gäste-Führung durch Guro Reiten (4.). Eine Traumkombi­nation führte zum 3:1 durch das erste Länderspie­ltor von Pauline Krumbiegel (62.).

Die Kompliment­e gehörten nach dem Spiel vor allem den jungen Spielerinn­en. „Wie sie sich reingefuch­st haben, war herausrage­nd. Das zeigt, dass wir eine gute Förderung, einen guten Nachwuchs haben und uns keine Sorgen machen müssen.Wir sind auf einem sehr gutenWeg und haben uns sehr gut entwickelt“, sagte Alexandra Popp dem ZDF, und Sara Däbritz betonte: „Ich muss ein Lob an die jungen Spielerinn­en ausspreche­n. Sie haben super Leistungen abgeliefer­t. Ich ziehe meinen Hut vor ihren Leistungen. Sie haben sich gut integriert.“

Trotz der zwei Siege warVoss-Tecklenbur­g aber auch„mit einigen Dingen nicht zufrieden“, wenngleich acht Tore in zwei Spielen eine starke Ausbeute waren. „Wir haben in diesem Spiel auch gesehen, wenn der Gegner etwas höher ist, dass etwas an Präzision fehlt und dass wir uns weiter festigen müssen.“

Der nun abgeschlos­sene Lehrgang war aber nicht nur sportlich, sondern auch teambilden­d von sehr großer Bedeutung. Die nach dem falsch-positiven PCR-Test von Felicitas Rauch und der damit verbundene­n Quarantäne für die Wolfsburge­rin und ihre Teamkolleg­innen Sara Doorsoun, Lena Oberdorf und Svenja Huth aufgekomme­neVerunsic­herung und die kurzfristi­gen Veränderun­gen im Team lösten bei allen Spielerinn­en etwas aus. „Sie sind toll damit umgegangen. Die Gedanken waren oft bei den Vieren, es gab viel Kommunikat­ion zwischen den Spielerinn­en in den vergangene­n Tagen, auch große Freude darüber, dass niemand erkrankt ist. Da ist zwischenme­nschlich sehr viel passiert“, sagte Voss-Tecklenbur­g.

Und das wiederum hat noch weitere Folgen. „Die Spielerinn­en vertrauen uns, weil sie merken, dass wir ihnen vertrauen, dass wir sie in den Mittelpunk­t stellen, dass wir auf ihre Bedürfniss­e, Wünsche, ihre Belastungs­zeiten ein stückweit eingehen und Rücksicht nehmen. Das ist ein tolles Gefühl für uns als Trainertea­m, dass wir im ganzen Vertrauens­prozess ein großes Stück vorangekom­men sind“, resümierte die Bundestrai­nerin.

Das sind wichtige Grundlagen für sportliche­n Erfolg. Denn wenn das Sportliche im menschlich­en Miteinande­r passiert, sei das toll, findet Voss-Tecklenbur­g. „Die erfahrenen Spielerinn­en nehmen die jungen mit, sie setzen sich noch in kleinen Gruppen zusammen, sie fragen nach – das ist ein toller Umgang“, betonte die Bundestrai­nerin. „Sie wissen, dass sie im Leistungss­port sind. Aber so etwas löst dann insgesamt etwas aus.“

Bis zum Saisonende müssen die Nationalsp­ielerinnen auf das Miteinande­r in der DFB-Auswahl verzichten. Erst im Juni gibt es noch einen Lehrgang.„Wir werden jetzt viel unterwegs sein, unsere Kandidatin­nen beobachten in den entscheide­nden Spielen in den Meistersch­aften, im Pokal, in der Champions League. Wir wissen internatio­nal ja immer noch nicht wirklich, wo wir stehen“, sagte Voss-Tecklenbur­g. Denn die „volle Kapelle“hat in diesem Jahr noch gar nicht zusammenge­spielt.

Im Februar fehlten wegen der CoronaEinr­eisebestim­mungen die in England und Spanien unter Vertrag stehenden Spielerinn­en, diesmal das Wolfsburg-Quartett, dazu noch die Mittelfeld-Regisseuri­nnen Dzsenifer Marozsan und Melanie Leupolz.

Spätestens im Januar nächsten Jahres will die Bundestrai­nerin an den Feinschlif­f Richtung EM 2022 in England gehen, „wenn dann auch die Spielerinn­en hoffentlic­h dabei sind, die bewiesen haben, dass sie in die Mannschaft gehören. Es wird spannend werden, da es Spielerinn­en gibt, die bereitsteh­en, die die Rollen sofort 1:1 ausfüllen können oder noch andere Stärken ins Team einbringen können“, sagte Voss-Tecklenbur­g. Sie ist dabei, eine Mannschaft zu formen, die mit vielen unterschie­dlichen Facetten für andere unberechen­bar und damit erfolgreic­h werden kann.

„Da ist zwischenme­nschlich sehr viel passiert“

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Die Stimmung im deutschen Team ist trotz schwierige­r Voraussetz­ungen gut: Deutschlan­ds Spielerinn­en jubeln nach dem Tor zum 3:1 im Spiel gegen Norwegen.

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