Rheinische Post

„Keine Sorgen um den Wald von morgen“

Mehr als 30 Jahre lang leitete Otto Pöll das Niederrhei­nische Forstamt. Jetzt geht er in den Vorruhesta­nd und zieht ein positives Fazit.

- VON KLAUS NIKOLEI

DÜSSELDORF / WESEL Am liebsten hätte Otto Pöll Medizin studiert. Doch Mitte der 70er Jahre machte dem Abiturient­en der Numerus clausus einen Strich durch die Rechnung. Auch wenn sich sein Traum, als Hausarzt Patienten bestmöglic­h zu versorgen, nicht erfüllt hat, so schaut der gebürtigeW­eseler zum Ende seines Berufslebe­ns mehr als zufrieden auf seine Karriere zurück. Die Arbeit als langjährig­er Leiter des Regionalfo­rstamtes Niederrhei­n mit Sitz in Wesel hat ihm stets viel Freude bereitet. „Ich bin immer sehr gerne zur Arbeit gegangen“, sagt der Diplom-Forstwirt, der Ende des Monats mit 63,5 Jahren in den vorzeitige­n Ruhestand geht – aus persönlich­en Gründen.

Unsere Redaktion hat sich mit ihm im Regionalfo­rstamt in Wesel verabredet. Pöll, ein Mann wie ein Baum, bittet seinen Besucher, auf dem großen braunen Ledersofa Platz zu nehmen. Er selbst setzt sich an seinen mächtigen braunen Eichen-Schreibtis­ch, schaut kurz aus dem Fenster. Wässrige Schneefloc­ken klatschen gegen die Scheibe. „Ein wunderbare­s Aprilwette­r ist das“, sagt er.

Jedenfalls für den Wald. Denn der braucht dringend Niederschl­äge. Und der sechsbeini­ge Fichtenfei­nd, der Borkenkäfe­r, hat bei winterlich­en Temperatur­en auch noch keine rechte Lust, sich zu vermehren. Wobei der Schädling Otto Pöll mittlerwei­le kein Kopfzerbre­chen mehr bereitet. Denn Fichten gibt es nach den drei Dürrejahre­n 2018 bis 2020 in der Region so gut wie gar nicht mehr.„Normalerwe­ise“, erklärt Otto Pöll, wird der Borkenkäfe­r, wenn er ein Loch in die Rinde bohrt, vom Harz des Baumes überflutet. Doch in Dürrejahre­n ist der Druck im Inneren des Stammes nicht groß genug, so dass schon 100 bis 200 Borkenkäfe­r reichen, um das Ende der vorbelaste­ten Fichte zu besiegeln.“Übrigens bekommt ein einziges Borkenkäfe­r-Weibchen nicht weniger als 20.000 Nachkommen.

Um die Zukunft des Waldes im Bereich des Regionalfo­rstamtes Niederrhei­n, das von Rommerskir­chen (Rhein-Kreis Neuss) im Süden, Brüggen imWesten, Schermbeck im Osten bis Elten im Norden reicht und auch für die Landeshaup­tstatdt zuständig ist, sorgt Pöll sich nicht. Nicht zuletzt, weil die Waldfläche in NRW (930.000 Hektar) stetig zunimmt. Aber:„DieWälder, wie wir sie bislang gekannt haben, wird es in einigen Jahren nicht mehr geben. Es werden viel mehr verschiede­ne Baumarten, die der Trockenhei­t trotzen, gepflanzt. Die Wälder als Erlebnisra­um für Menschen und Lebensraum für Insekten,Vögel und Wildtiere werden für den Laien weniger aufgeräumt erscheinen, für die Natur ist das alles nur von Vorteil.“

Seit 1990 ist Otto Pöll in seiner Heimatstad­t Wesel in leitender Funktion tätig. Dabei hätte er problemlos auch in anderen Regionen Karriere machen können. Beispielsw­eise in Süddeutsch­land. In Freiburg hatte er von 1978 bis 1983 an der Uni Forstwisse­nschaft studiert. „Aber irgendwie hat es mich später zurück nach Nordrhein-Westfalen gezogen“, erzählt er.

Zwar ist er seit 31 Jahren beim Forstamt tätig ist, doch „nur“29 Jahre als Leiter. Denn weil 1995 das Forstamt Xanten aufgelöst wurde und mit Wesel fusioniert­e, übernahm der Xantener Heinrich Hüllmann die Geschäftsf­ührung. Allerdings nur bis zu seiner Pensionier­ung zweieinhal­b Jahre später. „Wir haben uns sehr gut verstanden. Für mich war es kein Problem, die Rolle des Stellvertr­eters zu übernehmen“, erzählt Pöll.

Weil 2008 die Forstämter in Kleve, Mönchengla­dbach und Mettmann aufgelöst und alle Aktivitäte­n in Wesel gebündelt wurden, kam es, dass Otto Pöll insgesamt drei Mal feierlich als neuer Chef des Forstamtes begrüßt wurde: 1990, 1998 nach der Pensionier­ung von Hüllmann und 2008 nach der Gründung des neuen Regionalfo­rstamtes.

Gefragt nach den Projekten, auf die er besonders stolz ist, braucht er nicht lange zu überlegen. Der Kauf der Waldfläche­n Kaninchenb­erge in Hünxe und des Wohnungswa­ldes (Ex-Steag-Laubwald) in Voerde gehören ebenso dazu wie der Erlebnispf­ad Dämmerwald („Abenteuer Wildnis“). Wobei dem 2015/16 gemeinsam mit der Gemeinde Schermbeck aus der Taufe gehobenen Vorzeigepr­ojekt der erhoffte Besucherzu­spruch versagt geblieben ist. „Dabei haben wir allen Schulen in der Region Infomateri­al zukommen lassen. Das Problem ist sicher auch, dass der Dämmerwald etwas abseits liegt und die Schulen kein Geld für den Transport der Kinder dorthin haben.“Er will die Hoffnung nicht aufgeben, dass sich der Reiz desWildnis­entwicklun­gsgebietes doch noch herumspric­ht und vor allem in Zeiten von Corona verstärkt von Spaziergän­gern genutzt wird.

Ein Nachfolger für Otto Pöll ist übrigens schon da. Julian Mauerhof (42), zweifacher Familienva­ter aus Krefeld, ist seit gut zwei Jahren in Wesel aktiv und wird künftig für 100 Mitarbeite­r (inklusive Waldarbeit­er) zuständig sein. Unter ihnen sind auch 23 Revierförs­terinnen und -förster, von denen acht für die Staatswäld­er zuständig sind und 15 als Dienstleis­ter – natürlich gegen entspreche­nde Bezahlung – für private Waldbesitz­er arbeiten. Sie übernehmen auf Wunsch auch den Verkauf des Holzes, das für die Produktion von Kisten, von Spanund Faserplatt­en benötigt wird.

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RP-FOTO: KLAUS NIKOLEI Otto Pöll geht Ende des Monats in den vorzeitige­n Ruhestand treten. „Ich bin immer gerne zur Arbeit gegangen“, sagt er.

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