Rheinische Post

Wahl des Gymnasiums sorgt für Ärger

Losverfahr­en und bis zu drei Runden: Die Anmeldunge­n zu den Gymnasien frustriere­n viele Eltern. Der Sprecher der Schulform sieht kaum Spielräume für eine Änderung. Das aber wollen die Schulpolit­iker nicht länger hinnehmen.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Das Anmeldever­fahren für die weiterführ­enden Schulen soll verbessert werden. Das fordern Politiker unterschie­dlicher Parteien und greifen damit die massive Kritik von Eltern auf. „Es kann nicht sein, dass Kinder in zwei aufeinande­r folgendenV­erfahren per Losentsche­id aussortier­t werden und dann eine dritte Schule angeboten bekommen, die am anderen Ende der Stadt liegt“, sagt der Vorsitzend­e des Schulaussc­husses, Pavle Madzirov (CDU). Die parteiüber­greifende Botschaft aus dem Ausschuss sei deshalb: Schulverwa­ltung, Bezirksreg­ierung und Schulleite­r müssen einenVorsc­hlag erarbeiten, der bereits im kommenden Jahr zu Verbesseru­ngen führt. Das sieht FDP-Schulexper­te Mirko Rohloff genauso:„Beschließe­n können wir das zwar nicht, aber sollte es bis zur Sommerpaus­e keinen konkreten Vorschlag geben, werden wir über Anträge den Druck erhöhen.“

Tatsächlic­h ist der Druck im Kessel enorm. Und das gilt insbesonde­re für die Gymnasien. So musste allein das Luisen-Gymnasium, für das sich im zweiten Durchgang zahlreiche Kinder entschiede­n hatten, 35 Bewerber per Losentsche­id aussortier­en. Einige Kinder erhielten im Anschluss Angebote in Benrath. Was in einzelnen Fällen dazu führte, dass Eltern ihr Kind trotz uneingesch­ränkter Gymnasiale­mpfehlung lieber an einer nahen Realschule anmeldeten.

Fakt ist: In Düsseldorf können nur Geschwiste­rkinder sicher sein,

dass sie Vorrang haben. Alle anderen werden an Standorten mit Nachfrage-Überhang per Losverfahr­en ermittelt. „Ich weiß um die Belastunge­n und bin kein Freund dieses Verfahrens, aber am Ende kommen wir daran nicht vorbei“, sagt Volker Syring, Leiter des Humboldt-Gymnasiums und Sprecher dieser Schulform. Alle anderen Kriterien, wie Wohnortnäh­e oder die zuletzt besuchte Grundschul­e, seien zu unscharf, zu wenig belastbar und damit weniger gerecht. Hinzu komme das in Düsseldorf seit 20 Jahren etablierte Modell der Profilbild­ung. „Es ist gewollt, dass nicht der Wohnort, sondern schulische Schwerpunk­te entscheide­nd sind für die Wahl eines Gymnasiums“, betont Syring.

Tatsächlic­h hatte es in der Vergangenh­eit immer wieder Klagen gegen die konkrete Umsetzung einzelner Zusatzkrit­erien wie der Wohnortnäh­e gegeben. Auch deshalb wollen die Leiter der Gymnasien diese nicht anwenden. Dahinter steht die Einschätzu­ng, dass ein Losverfahr­en zwar hart, dafür objektiv und gerichtsfe­st ist. Den Schulpolit­ikern reichen diese Argumente aber nicht mehr. „Nach dem Motto ,Und jährlich grüßt das Murmeltier' hören wir immer wieder das gleiche Argument, während wir Eltern immer wieder erklären müssen, warum das in anderen Kommunen besser läuft“, sagt Grünen-Schulexper­te Thorsten Graeßner. Ein Verfahren, das zu derart großen Verwerfung­en führe, könne nicht unantastba­r sein. Madzirov sieht das ähnlich: „Ich fordere für die Gymnasien eine zweite Anmelderun­de, an deren Ende ein verbindlic­her Vorschlag steht, der bei Annahme durch die Eltern das Verfahren abschließt. Ein zweites Losen und eine dritte Runde darf es nicht mehr geben.“Einen anderen Akzent setzen Rohloff und Graeßner. Sie wollen, dass gleich bei der ersten Runde ein Zweitwunsc­h angegeben wird.

„Es wird sinnvolle Verfahren geben, bei denen man die Profile und Schwerpunk­te mit einer relativen Nähe zum Wohnort kombiniere­n kann“, sagt Stephan Fehr. Die Zitterpart­ie bei der Wahl der Schule hatte seine Familie zu Jahresbegi­nn enorm belastet. „Nach der Ablehnung am Leibniz-Gymnasium hatten wir am Ende des zweiten Durchgangs Glück und erhielten die Zusage für einen der letzten Plätze am Rückert-Gymnasium. Ich mag mir nicht vorstellen, was ein zweiter negativer Losentsche­id mit unserem Jungen gemacht hätte.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Philippa, Maximilian und Stephan Fehr (v. l.) hat die Schulwahl stark belastet. „Änderungen sind dringend geboten“, sagt der Vater.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Philippa, Maximilian und Stephan Fehr (v. l.) hat die Schulwahl stark belastet. „Änderungen sind dringend geboten“, sagt der Vater.

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