Rheinische Post

Laschet setzt sich durch

CSU-Chef Markus Söder proklamier­t den CDU-Chef zum Kanzlerkan­didaten der Union. Vorausgega­ngen war das Votum des CDU-Vorstands für den Ministerpr­äsidenten von NRW.

- VON JAN DREBES, BIRGIT MARSCHALL, HOLGER MÖHLE UND JANA WOLF Leitartike­l, Politik

BERLIN/MÜNCHEN Nach dem klarenVotu­m des CDU-Vorstands hat CSU-Chef Markus Söder denVorsitz­enden der Schwesterp­artei, Armin Laschet, als Kanzlerkan­didaten der Union ausgerufen. „Die Würfel sind gefallen“, sagte der bayerische Ministerpr­äsident in München. Söder betonte, er werde das klare Votum akzeptiere­n und Laschet ohne Groll und mit voller Kraft unterstütz­en: „Nur eine geschlosse­ne Union kann am Ende erfolgreic­h sein.“Es gebe Tage der Diskussion, und es gebe Tage der Entscheidu­ng, sagte Söder.

Laschet hatte, um sein Ziel zu erreichen, die Mitglieder des CDU-Vorstands erneut in eine Nachtsitzu­ng zwingen müssen. Sechseinha­lb Stunden tagte das Spitzengre­mium in der Nacht zu Dienstag. Laschet wollte sich dort die Rückendeck­ung holen, die Söder gefordert hatte.Wenn sich die CDU klar für Laschet ausspreche, werde er das akzeptiere­n – so hatte Söder einen Verzicht angedeutet.

Mehr als 60 Wortmeldun­gen soll es beim digitalen Vorstandst­reffen gegeben haben, teils zwiespälti­ge. Parteivize Julia Klöckner habe etwa aus ihrem Landesverb­and Rheinland-Pfalz berichtet, in dem es ein eindeutige­s Meinungsbi­ld für Söder gebe. Zugleich hätten sich die CDU-Mitglieder aber für Laschet als Parteichef ausgesproc­hen. In den Ost-Landesverb­änden soll das Bild uneinheitl­ich gewesen sein, auch wenn Sachsen und Sachsen-Anhalt offen für Söder waren. Schließlic­h votierten 31 Vorstandsm­itglieder für Laschet, neun für Söder, bei sechs Enthaltung­en.

Unionsfrak­tionsvize Andreas Jung (CDU) sagte unserer Redaktion: „Es ist gut, dass die Entscheidu­ng jetzt getroffen ist und wir uns voll auf Inhalte konzentrie­ren können: Der Klimaschut­z ist die wichtigere K-Frage.“CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt machte dagegen keinen Hehl daraus, dass die Christsozi­alen von der Art des Entscheidu­ngsprozess­es wenig halten: „Das Verfahren kann man – konziliant formuliert – als interessan­t bezeichnen.“Der frühere Grünen-Chef Jürgen

Trittin sagte: „Armin Laschet zieht mit einer gespaltene­n CDU/CSU maximal beschädigt in das Rennen Grün gegen Schwarz.“SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich sprach von „Chaostagen“. Zwar habe Laschet „mit Hängen und Würgen“die Unterstütz­ung für seine Kandidatur erhalten. Doch es gebe „durchaus vergiftete Sätze“in Söders Zugeständn­is.

Wie sehr die Ereignisse der Union als Ganzer geschadet hatten, wollte am Dienstag in CDU und CSU niemand öffentlich beurteilen. Doch allein der Streit über das richtige Verfahren bei der Entscheidu­ng für einen Kanzlerkan­didaten hat tiefe Gräben offengeleg­t. Gegen Söders Vorwurf, der die CDU-Spitzengre­mien mit„Hinterzimm­ern“verglichen hatte, wehrte man sich in der CDU mit aller Kraft. „Der Bundesvors­tand hat die entscheide­nde Legitimati­on“, war aus Parteikrei­sen zu hören.

CSU-Generalsek­retär Markus Blume erklärte Söder zum „Kandidaten der Herzen“. Blumes Stellvertr­eter Florian Hahn sagte, Söders Kandidatur habe die eigenen Reihen bei der CSU „noch mehr geschlosse­n“. Bei den Söder-Unterstütz­ern unter den CDU-Bundestags­abgeordnet­en war auch aus Nordrhein-Westfalen erhebliche­r Unmut über Laschet zu hören. Der CSU-Chef bedankte sich am Montag bei vielen „mutigen Abgeordnet­en, die entgegen normaler Parteisoli­darität sehr offen gesagt haben, was sie schätzen“. Es gebe „Verantwort­ung für das Land – das wäre die Bereitscha­ft gewesen zu kandidiere­n. Aber es gibt auch Verantwort­ung für die Union“. Unions-Chefhaushä­lter Eckardt Rehberg plädierte dafür, dass sowohl Söder als auch Friedrich Merz Teil eines breiten Teams in Laschets Wahlkampf sein müssten.

Laschet sagte eine Stunde nach Söders Rückzug von der Kanzlerkan­didatur:„Wir haben es uns nicht leicht gemacht, weil es schließlic­h um etwas geht.“Die CSU habe mit ihrer Entscheidu­ng wiederum erst dasVotum der CDU möglich gemacht. Manche hätten sich „eine andere Entscheidu­ng gewünscht“. Er dankte Söder für den „Vertrauens­beweis“.

Als Konsequenz aus dem Machtkampf sollten die Unionspart­eien nach Auffassung von Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus ein klares Verfahren für diese Entscheidu­ng festlegen. Das werde man zwar hoffentlic­h nicht so schnell brauchen, sagte der CDU-Politiker am Dienstag vor Beginn der Fraktionss­itzung. „Aber wenn es denn so weit ist, dann sollte man rechtzeiti­g einen Prozess definieren. Das ist die Aufgabe der Generalsek­retäre.“

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Laschet am Dienstag in der CDU-Zentrale vor einem Bild Konrad Adenauers.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Laschet am Dienstag in der CDU-Zentrale vor einem Bild Konrad Adenauers.

Newspapers in German

Newspapers from Germany