Laschet setzt sich durch
CSU-Chef Markus Söder proklamiert den CDU-Chef zum Kanzlerkandidaten der Union. Vorausgegangen war das Votum des CDU-Vorstands für den Ministerpräsidenten von NRW.
BERLIN/MÜNCHEN Nach dem klarenVotum des CDU-Vorstands hat CSU-Chef Markus Söder denVorsitzenden der Schwesterpartei, Armin Laschet, als Kanzlerkandidaten der Union ausgerufen. „Die Würfel sind gefallen“, sagte der bayerische Ministerpräsident in München. Söder betonte, er werde das klare Votum akzeptieren und Laschet ohne Groll und mit voller Kraft unterstützen: „Nur eine geschlossene Union kann am Ende erfolgreich sein.“Es gebe Tage der Diskussion, und es gebe Tage der Entscheidung, sagte Söder.
Laschet hatte, um sein Ziel zu erreichen, die Mitglieder des CDU-Vorstands erneut in eine Nachtsitzung zwingen müssen. Sechseinhalb Stunden tagte das Spitzengremium in der Nacht zu Dienstag. Laschet wollte sich dort die Rückendeckung holen, die Söder gefordert hatte.Wenn sich die CDU klar für Laschet ausspreche, werde er das akzeptieren – so hatte Söder einen Verzicht angedeutet.
Mehr als 60 Wortmeldungen soll es beim digitalen Vorstandstreffen gegeben haben, teils zwiespältige. Parteivize Julia Klöckner habe etwa aus ihrem Landesverband Rheinland-Pfalz berichtet, in dem es ein eindeutiges Meinungsbild für Söder gebe. Zugleich hätten sich die CDU-Mitglieder aber für Laschet als Parteichef ausgesprochen. In den Ost-Landesverbänden soll das Bild uneinheitlich gewesen sein, auch wenn Sachsen und Sachsen-Anhalt offen für Söder waren. Schließlich votierten 31 Vorstandsmitglieder für Laschet, neun für Söder, bei sechs Enthaltungen.
Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) sagte unserer Redaktion: „Es ist gut, dass die Entscheidung jetzt getroffen ist und wir uns voll auf Inhalte konzentrieren können: Der Klimaschutz ist die wichtigere K-Frage.“CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte dagegen keinen Hehl daraus, dass die Christsozialen von der Art des Entscheidungsprozesses wenig halten: „Das Verfahren kann man – konziliant formuliert – als interessant bezeichnen.“Der frühere Grünen-Chef Jürgen
Trittin sagte: „Armin Laschet zieht mit einer gespaltenen CDU/CSU maximal beschädigt in das Rennen Grün gegen Schwarz.“SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach von „Chaostagen“. Zwar habe Laschet „mit Hängen und Würgen“die Unterstützung für seine Kandidatur erhalten. Doch es gebe „durchaus vergiftete Sätze“in Söders Zugeständnis.
Wie sehr die Ereignisse der Union als Ganzer geschadet hatten, wollte am Dienstag in CDU und CSU niemand öffentlich beurteilen. Doch allein der Streit über das richtige Verfahren bei der Entscheidung für einen Kanzlerkandidaten hat tiefe Gräben offengelegt. Gegen Söders Vorwurf, der die CDU-Spitzengremien mit„Hinterzimmern“verglichen hatte, wehrte man sich in der CDU mit aller Kraft. „Der Bundesvorstand hat die entscheidende Legitimation“, war aus Parteikreisen zu hören.
CSU-Generalsekretär Markus Blume erklärte Söder zum „Kandidaten der Herzen“. Blumes Stellvertreter Florian Hahn sagte, Söders Kandidatur habe die eigenen Reihen bei der CSU „noch mehr geschlossen“. Bei den Söder-Unterstützern unter den CDU-Bundestagsabgeordneten war auch aus Nordrhein-Westfalen erheblicher Unmut über Laschet zu hören. Der CSU-Chef bedankte sich am Montag bei vielen „mutigen Abgeordneten, die entgegen normaler Parteisolidarität sehr offen gesagt haben, was sie schätzen“. Es gebe „Verantwortung für das Land – das wäre die Bereitschaft gewesen zu kandidieren. Aber es gibt auch Verantwortung für die Union“. Unions-Chefhaushälter Eckardt Rehberg plädierte dafür, dass sowohl Söder als auch Friedrich Merz Teil eines breiten Teams in Laschets Wahlkampf sein müssten.
Laschet sagte eine Stunde nach Söders Rückzug von der Kanzlerkandidatur:„Wir haben es uns nicht leicht gemacht, weil es schließlich um etwas geht.“Die CSU habe mit ihrer Entscheidung wiederum erst dasVotum der CDU möglich gemacht. Manche hätten sich „eine andere Entscheidung gewünscht“. Er dankte Söder für den „Vertrauensbeweis“.
Als Konsequenz aus dem Machtkampf sollten die Unionsparteien nach Auffassung von Fraktionschef Ralph Brinkhaus ein klares Verfahren für diese Entscheidung festlegen. Das werde man zwar hoffentlich nicht so schnell brauchen, sagte der CDU-Politiker am Dienstag vor Beginn der Fraktionssitzung. „Aber wenn es denn so weit ist, dann sollte man rechtzeitig einen Prozess definieren. Das ist die Aufgabe der Generalsekretäre.“