Branchenexperten weisen auf Fehlentwicklungen hin
Düsseldorf ist sehr attraktiv. Das hat seinen Preis. Dessen sind sich die Immobilienexperten beim virtuellen Roundtable der RP einig. Doch sie sehen auch jenseits der Marktmechanismen Ursachen für die Preisexplosion.
Auch wenn die Stadt Düsseldorf immer noch Strahlkraft besitzt, so treiben vor allem die hohen Miet- und Kaufpreise immer mehr Menschen ins Umland. Die Nachfrage im Umland habe zugenommen, stellt Alexander Schmitz (Interboden) fest. „Allerdings muss man genau hinschauen: Haben sich die Menschen bewusst für das Leben außerhalb der Metropole entschieden oder nur, weil sie in Düsseldorf nichts Passendes zum Preis gefunden haben?“Generell seien Städte weiterhin sehr attraktiv. Und es sei ein Bündel von Maßnahmen notwendig: „Wir müssen im Umland mehr bauen und gleichzeitig in der Stadt verdichten.“
Bei Neubauprojekten passiere in Düsseldorf mehr als zum Beispiel in Köln, beobachtet Bernd Meier (Hüttig & Rompf). Eigentumswohnungen seien dabei im Düsseldorfer Markt recht gut vertreten, „das Angebot ist ordentlich“. Was fehle, seien Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften oder Reihenhäuser. „Und insbesondere für den Mittelstand fehlen Angebote.“
Alexander Schmitz kann wenig Hoffnung auf einen baldigen Wandel machen: „Es ist tatsächlich nicht zu erwarten, dass sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage in den nächsten Jahren verändern wird.“Die Immobilienbranche habe daran aber „keine große Freude, denn wir haben von den hohen Preisen nichts: Die Margen werden nicht größer, die Grundstückspreise dagegen immer teurer“. Es gebe bislang keine Lösung, wie die Grundstückspreise auf ein niedrigeres Niveau gebracht werden können. Es hat aber Fehlentwicklungen gegeben. Auf eine weist Klaus Franken (Catella Project Management) hin: Verschiedene Areale zum Beispiel in Gerresheim und Benrath sind fürs Bauen blockiert. „Wir brauchen eine aktive Bodenpolitik, die nicht zulässt, dass Grundstücke ohne Baurecht in Erwartung noch höherer Preise merhfach weiterverkauft werden“, fordert Franken. „Besser wäre es, wenn die Stadt die Flächen kauft, Baurecht entwickelt und gesteuert auf den Markt bringt.“
Das Thema spricht auch Matthias Spormann (Spormann Real Estate) an. Viele Fragen könnten besser gelöst werden, wenn alle Akteure besser zusammenarbeiten. In diesem Punkt sind sich die Vertreter der Immobilienwirtschaft ebenfalls einig. Alexander Schmitz (Interboden) weist darauf hin, dass im Kooperationspapier von CDU und Grünen beim Thema Wohnungsbau nur von Genossenschaften und Städtischen Wohnungsbaugesellschaften die Rede gewesen sei, die freieWohnungswirtschaft darin aber so gut wie nicht aufgetaucht sei – „dabei sind wir ein Teil der Lösung und nicht das Problem. Wir wollen uns konstruktiv einbringen.“
Verwaltung, Politik und Marktteilnehmer müssten mehr miteinander reden, fordert auch Klaus Franken. Das 2012 gegründete Forum Zukunft Wohnen sei leider eingeschlafen. Es förderte zudem zwar den Dialog zwischen Verwaltung und Markt. Aber es habe zu wenige Gespräche zwischen Politik und Marktteilnehmern gegeben.„Lokalpolitiker sind nach unserer Erfahrung aber dankbar für Berichte aus dem Markt.“Notwendig seien zudem mehr Kooperationen zwischen den Kommunen. Werner Fliescher (Haus und Grund) regt in dem Zusammenhang eine „Taskforce Metropolregion Düsseldorf“an, die sich nicht nur um den Öffentlichen Personennahverkehr kümmert, sondern um die vielen Themen, die beim Wohnen und Bauen eine Rolle spielen. Druck vom Wohnungsmarkt sollte ja eigentlich auch das Handlungskonzept für denWohnungsmarkt von 2013 nehmen. „Es reicht aber noch nicht, wie wir aus der Praxiserfahrung sehen“, sagt Klaus Franken. „Statt nur über Prei
se und Quoten zu sprechen, sollten wir Menschen aus dem einfachen Mittelstand fördern, die am Markt systematisch benachteiligt sind. Beispiel Alleinerzeihende, sie verfügen zwar über Einkommen, kommen aber im Marktwettbewerb nicht zum Zuge.“Für bestimmte Zielgruppen müsse Wohnraum reserviert werden. „Dies haben wir bei unseren Projekten bereits in Städtebaulichen Verträgen festgeschrieben.“
„Das Handlungskonzept Wohnen hat außerdem nicht zur Dämpfung der Preise beigetragen“, stellt Alexander Schmitz fest. „Und wenn die neue Stadtspitze bei großen Projekten nunmehr einen Anteil von 50 Prozent für preisregulierte Wohnungen vorsieht, führt dies auf Dauer nur dazu, dass bei den freifinanzierten Wohnungen die Preise weiter nach oben gehen müssen.“
Diese Entwicklung führe„am Ende sogar dazu, dass weniger Wohnungen entstehen“, ist Haus und Grund-Vorstand Fliescher überzeugt. „Mehr Staat und mehr Regulation verschärfen die Situation doch nur: Es führt zu noch weniger Baugrundstücken und höheren Preisen. Wir brauchen daher einen großen Runden Tisch, damit Regulierungen wegfallen und der Wohnungsbau an Fahrt aufnimmt.“Fliescher fordert zudem einen Abbau von Bürokratie.„Wir brauchen eine digitale Bauakte, um schneller zu werden. Wir brauchen auch Bauflächen außerhalb der
Stadt mit guter Anbindung an den ÖPNV. Und wir brauchen Instrumente des Landes, um auch gemeindeübergreifend planen zu können. Deshalb werden wir Preissenkungen in der Miete nur schaffen, wenn wir bauen, bauen, bauen.“
Thomas Schüttken (Böcker) hält preisgedämpften Wohnraum übrigens auch für Investoren „hoch interessant“. „Wünschenswert wäre, auch preisgedämpfte Eigentumswohnungen anzubieten, leider ist die Politik noch nicht bereit, hier mitzugehen.“
Mit Blick auf die steigenden Preise in Düsseldorf sagt Ruth Orzessek-Kruppa vom Stadtplanungsamt: „Wir wären froh, wenn die Preisentwicklung nach oben ein bisschen gedrosselt würde, das sehe ich aber nicht. Wir bräuchten eine Korrektur im Mietsegment, weil die Mieten gar nicht mehr bezahlt werden können. Mehr Eigentumswohnungen im Angebot und mehr Alternativen in Angebotsformen würden dem Markt insgesamt gut tun.“
Künftig will sich die Stadt Düsseldorf stärker auf das Erbbaurecht konzentrieren, um länger Mitspracherecht an städtischen Grundstücken zu behalten. „Wir müssen mit Flächen, die wir noch haben, haushalten, sonst besteht die Gefahr, dass wir künftigen Generationen gar keine Flächen mehr anbieten können“, erklärt Ariane Künster, Leiterin des Liegenschaftsamtes. Durch die Stärkung des Erbbaurechts habe die Stadt auch nach 30 Jahren noch Einfluss etwa auf die Mietpreisgestaltung auf eigenen Grundstücken. „Wir müssen das Erbbaurecht neu erfinden. Der Zeitpunkt ist jetzt wichtig. Sonst sind wir in 15 Jahren ausverkauft“, findet Künster klare Worte. „Hier ist aber noch viel Überzeugungsarbeit bei den Investoren und auch Beratung mit der Politik nötig“, sagt sie. Auch die Frage des kommunalen Vorkaufsrechts werde immer wichtiger.
„Verwaltung, Politik und Marktteilnehmer müssten mehr miteinander reden“
Klaus Franken
Catella Project Management GmbH