Impfteams für ärmere Viertel
Laschet will dort mit Schwerpunktaktionen hohen Inzidenzen entgegenwirken.
DÜSSELDORF (kib) NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) will Stadtviertel mit schwieriger Sozialstruktur beim Impfen künftig besonders berücksichtigen. „Wir werden in diesenVierteln einen besonderen Schwerpunkt setzen mit Infokampagnen und mobilen Impfteams“, sagte Laschet am Mittwoch in einer Debatte im Düsseldorfer Landtag. Wo Menschen beengt lebten, steckten sie sich schneller an als in einem Einfamilienhaus mit Garten. Laschet bezog sich dabei auf Zahlen aus der Stadt Köln, wo die Inzidenzwerte zwischen ärmeren und reicheren Vierteln derzeit weit auseinanderklaffen.
Die Landesregierung kommt damit auch Forderungen ihres eigenen Beratergremiums nach.
Die Medizinethikerin Christiane Woopen fordert dies seit Längerem.
Die Opposition verlangte, Laschet müsse nun aber auch sagen, was genau er vorhabe. „Es ist keine neue Erkenntnis, dass sozialer Status und Sterberisiko zusammenhängen: Was heißt das jetzt konkret?“, fragte Grünen-Co-Fraktionschefin Verena Schäffer. Notwendig sei es, die Menschen in diesen Vierteln in ihren Wohnungen aktiv aufzusuchen, um ihnen eine Impfung anzubieten. Unverständlich sei, warum es nicht längst auch mehrsprachige Info-Hotlines gebe.
SPD-Oppositionschef Thomas Kutschaty äußerte die Befürchtung, dass die Impfquote unter sozial Bessergestellten deutlich höher sein werde als in Brennpunktvierteln.
Zugleich warnte er vor Engpässen auf den Intensivstationen: „In Essen wurde heute der erste Patient, der Beatmung brauchte, abgewiesen.“
Kutschaty warf Laschet Schönfärberei vor, weil dieser behaupte, es gehe in NRW so schnell mit dem Impfen voran wie in den USA. „Erst sieben Prozent haben hier eine Zweitimpfung erhalten – von Herdenimmunität sind wir weit entfernt.“Laschet hatte zuvor eingeräumt, dass die Ressourcen auf den Intensivstationen knapp würden und dort keine Entspannung in Sicht sei. Familienminister Joachim Stamp (FDP) verteidigte die Kita-Notbetreuung gegen Kritik der Opposition:„Wir orientieren uns an den Bedarfen der Kinder.“
DÜSSELDORF Weil immer mehr Menschen geimpft sind, wächst der Druck auf die Politik, ihnen alte Freiheiten und Grundrechte zurückzugeben. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) warb am Mittwoch im Landtag für ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und den Ländern und verwies auf die vom Bund geplante Rechtsverordnung. Doch darauf wollen andere Bundesländer nicht warten.
Was erlauben andere Länder? Bayern stellt Geimpfte bereits Bürgern mit negativem Corona-Test gleich. „Wer zweimal geimpft ist, muss keine Tests mehr vorlegen“, kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an. Tests sind im Freistaat für den Besuch von Friseuren, Kosmetiksalons und in vielen Geschäften vorgeschrieben. Ähnliches gilt für Hessen und Berlin. In Hessen entfällt für Geimpfte auch die Quarantäne-Pflicht nach bestimmten Reisen. In Brandenburg können Geimpfte Altenheime frei besuchen. Mecklenburg-Vorpommern plant die Gleichstellung mit Getesteten für den 1. Mai, Thüringen für den 5. Mai. Noch offen und besonders heikel ist, ob sich Geimpfte auch an Ausgangssperren halten müssen. Das Bundesjustizministerium strebt dies an, da es um Beschränkungen von individuellen Rechten geht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnt dagegen soziale Gerechtigkeit an. Sonst drohten Menschen, die nur mangels Impfstoff nicht geimpft sind, doppelt benachteiligt zu werden.
Was plant NRW? Der Apothekerverband Nordrhein fordert eine Gleichstellung von Geimpften und Getesteten auch in NRW: „Ich begrüße Bayerns Entscheidung. Mittlerweile ist es wissenschaftlicher Konsens, dass vollständig geimpfte Personen nur äußerst selten das Virus weitertragen tragen können“, sagte Verbandschef Thomas Preis. Eine Gleichstellung würde auch die Testzentren in NRW entlasten, aktuell würden hier pro Woche fast zwei Millionen Schnelltests durchgeführt. Doch Laschet will auf den Bund warten – und dann wird es erst Ende Mai etwas mit der Gleichstellung.
Warum dauert das so lange? Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) will „schnellstmöglich“eine Verordnung vorlegen, mit der vollständig Geimpfte ihre Grundrechte zurückerhalten. Das neue Infektionsschutzgesetz erlaubt zwar bundeseinheitliche Corona-Maßnahmen, doch Bundestag und Bundesrat haben bei Verordnungsermächtigungen ein Mitspracherecht. Und deren Einbeziehung braucht Zeit. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will das Verfahren bis zum 28. Mai abschließen.
Wie weist man die Impfung nach? Deutschland will gemeinsam mit der EU einen digitalen Impfpass einführen, die EU will sich am Freitag konkret dazu äußern. Für Deutschland zeichnen sich bereits Details ab: Ärzte und Impfzentren sollen demnach eine Software erhalten, mit der sie die Impfung fälschungssicher bestätigen. Die Bestätigung kann in eine App übertragen oder in Papierform ausgestellt werden. Der digitale Impfpass soll als Baustein in bestehende Apps integriert werden. So sollten die 25 Millionen Nutzer der Corona-Warn-App die digitale Impfbestätigung in die App eintragen lassen können.
Was ist mit dem gelben Impfbuch? Der digitale Impfpass startet frühestens Mitte Mai, realistischerweise aber wohl erst Ende Juni. Daher werden viele erst noch ihr gelbes Impfbuch nutzen müssen, um die erfolgreiche Impfung nachzuweisen. Der Automobilclub ADAC rät dazu, sich die Impfung dort eintragen zu lassen. „Der gelbe Impfausweis ist ein international anerkanntes Dokument. Mit Blick auf die Debatte über Impfnachweise scheint er mir in seiner jetzigen Form allerdings so fälschungssicher zu sein wie ein Schülerausweis“, kritisierte hinge
gen SPD-Gesundheitspolitiker Josef Neumann im Landtag. Erste Betrügereien mit gefälschten Impfpässen seien bereits aufgeflogen. Neumann sieht Alternativen: Impfnachweise per QR-Code oder fälschungssichere Ausweise im Format der Krankenversicherungskarte. „Leider sind aber alle notwendigen Vorkehrungen verschlafen worden. Digitaltechnisch ist die Impfkampagne noch in der Steinzeit“.
Welche Urlaubsreisen sind mit einer Impfung möglich? Schon jetzt gewähren viele Staaten vollständig geimpften Personen Einreisevorteile. Damit wollen sie auch wieder Touristen ins Land locken. Mallorca, Ibiza und Menorca wollen als erste Region Spaniens geimpften Touristen erlauben, keinen negativen Test mehr vorlegen zu müssen. Nicht-Geimpfte können derzeit nur mit einem frischen negativem Test einreisen. Die Erleichterungen für Geimpfte sind für Mai geplant. In Griechenland und Kroatien ist eine freie Einreise möglich, wenn die vollständige Impfung mindestens zwei Wochen zurückliegt. Sonst wird in Griechenland ein PCR-Test verlangt. Vergleichbare Regelungen haben Estland, Kroatien, Polen, das Impfmusterland Island, Montenegro, Rumänien, Slowenien oder die Inselgruppe Malediven. In Zypern kommt die Einreisefreiheit für Geimpfte am 10. Mai.