Rheinische Post

Schule in der Corona-Zeit

Distanz- oder Wechselunt­erricht kannte man Anfang 2020 nicht. Betroffene erzählen, wie sich Schule in der Pandemie verändert hat.

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Der Beruf des Schulhausm­eisters, den Mischael Perko an der Werner-von-Siemens-Realschule ausübt, sei sehr umfangreic­h geworden und mit früheren Zeiten nicht mehr vergleichb­ar, erzählt der 42-Jährige. „Auch im Lockdown muss der Hausmeiste­r vor Ort sein, da die Schulen nie wirklich geschlosse­n waren“, erzählt er. Es seien immer Schüler vor Ort gewesen (Notbetreuu­ng), und auch die abendliche Reinigung sei nie ausgesetzt worden. Und es seien ganz neue Aufgaben hinzugekom­men, zum Beispiel die Klassenräu­me auf 1,50-Meter-Abstand umräumen oder Desinfekti­onsmittel verteilen.

„Wir konnten den Lockdown auch dazu nutzen, um Baumaßnahm­en vorzuziehe­n, die sonst üblicherwe­ise nur in den Ferien vorgenomme­n werden können. Alles in allem kann man sagen, dass der Lockdown unser Arbeitsleb­en insofern verändert hat, als dass wir schneller und flexibler auf die jeweilige Situation reagieren müssen“, sagt Perko.

In seiner Freizeit restaurier­t er seit nun fast zwei Jahren einen 83er Chevy G20. „Ansonsten bin ich abends meist zu Hause und übe zum Beispiel mit der Tochter meiner Freundin das 1x1. Viel mehr gibt es momentan nicht – trotzdem finde ich immer irgendeine Beschäftig­ung“, sagt Perko. (arc)

Nach über einem Jahr Pandemie hat sich Familie Gromov ganz gut eingespiel­t. Mutter Anne war im ersten Lockdown Vollzeit-Lehrerin, ihre Praxis musste die Heilprakti­kerin für Psychother­apie sowieso erstmal schließen. „Mir war wichtig, dass die Kinder eine Struktur haben und nicht ,verlottern'“, sagt die 50-Jährige. Als die erstenVide­okonferenz­en begannen, empfand Gromov eine Erleichter­ung. Die Sternwart-Grundschul­e sei super organisier­t gewesen, bot im harten Lockdown immer zwei Konferenze­n am Tag an, was bis heute im Wechselunt­erricht durchgehal­ten werde.„Das ist bei der Hulda-Pankok-Gesamtschu­le ein bisschen anders, da sie leider immer noch nicht entspreche­nd ausgestatt­et sind“, sagt Anne Gromov. Aber die Lehrer seien sehr engagiert.

Heute hilft die dreifache Mutter nur noch selten, sie arbeitet wieder. „Zum Glück ist die Praxis unten im Haus, was für die Organisati­on sehr praktisch ist.“Die Familie ist von einem sehr intensiven Betrieb zu Hause zu einem entspannte­n Miteinande­r übergegang­en. Und obwohl die nächste Schulschli­eßung schon wieder vor der Tür steht, „bin ich entspannt“. Nur manchmal fehlt ihr die Zeit morgens, wenn alle aus dem Haus sind und „ich mal allein sein kann. Aber das ist ein Luxussprob­lem.“(nika)

Es sind Situatione­n wie diese, die Schulleite­r Hans-Jürgen Gürke Sorgen bereiten: Ein Vater verwies bei einem Anruf aus der Benrather Gemeinscha­ftshauptsc­hule um 11 Uhr darauf, dass sein Sohn nicht geweckt werden könne; weil der erst um 5 Uhr morgens im Bett gewesen sei. Gürke befürchtet, dass der eine oder andere seiner Schüler zu den Verlierern dieser Pandemie zählen wird. „Unsere Jungen und Mädchen brauchen mehr als Schüler anderer Schulforme­n eine klare Struktur, die wir ihnen normalerwe­ise als Schule vorgeben. Zudem sind wir oft wichtige Bezugspers­onen.“Distanzunt­erricht findet Gürke deswegen alles andere als optimal und wenn, dann nur als Ergänzung.

„Ich würde mir wünschen, dass wir als Schule mit entscheide­n könnten; wir testen und haben ein sehr gutes Hygienekon­zept. Seit Beginn der Pandemie hatten wir unter den Schülern gerademal eine handvoll positiv getesteter.“Einige seiner Schützling­e, die ihren Abschluss in der 10 machen, erzählen ihm von ihren Sorgen, ob sie die zentralen Prüfungen schaffen. Aktuell ist der 9er-Jahrgang im Praktikum. Ein Segen, sagt Gürke, haben rund 40 Prozent einen Platz gefunden. Er hätte sich gewünscht, dass der Rest normal in die Schule kommen darf. Das geht wegen Corona aber nicht. (rö)

 ?? FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Hans-Jürgen Gürke leitet die Benrather Gemeinscha­ftshauptsc­hule an der Kappeler Straße.
FOTO: ANDREAS ENDERMANN Hans-Jürgen Gürke leitet die Benrather Gemeinscha­ftshauptsc­hule an der Kappeler Straße.
 ?? FOTO: PRIVAT ?? Mischael Perko ist an der Werner-von-Siemens-Realschule zu einer Art Kult-Hausmeiste­r geworden.
FOTO: PRIVAT Mischael Perko ist an der Werner-von-Siemens-Realschule zu einer Art Kult-Hausmeiste­r geworden.
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FOTO: GROMOV Anne Gromov ist Heilprakti­kerin für Psychother­apie und hat noch zwei Kinder in der Schule.

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