Rheinische Post

Diversity in die Geschäftss­trategie integriere­n

- VON PATRICK PETERS

Kanzleien sind gefragt, Diversity auf sämtlichen Ebenen durchzuset­zen und darin ein Qualitätsm­erkmal in der Beratung zu sehen. Damit könnten immer bessere kreative und individuel­le Lösungen im Sinne der Mandanten entwickelt werden, betont Ernst & Young-Partner Prof. Dr. Sven-Joachim Otto.

Prof. Dr. Sven-Joachim Otto vertritt eine ganz deutliche Meinung: „Diversity geht weit über Geschlecht­ergerechti­gkeit und die Regelungen des Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etzes hinaus. Diversity umfasst Geschlecht, sexuelle Orientieru­ng und den kulturelle­n Hintergrun­d, aber genauso gut auch unterschie­dliche Qualifikat­ionen. Das führt wiederum zu wesentlich besseren Ergebnisse­n in der Beratung. Denn heutzutage sind wir gefragt, in der Beratung gemeinsam mit Mandanten kreative und individuel­le Lösungen zu entwickeln. Das geht nur durch interdiszi­plinäres Denken, um immer komplexere Sachverhal­te zu lösen“, betont der Rechtsanwa­lt und Partner der Rechtsanwa­ltsgesells­chaft EY Law.

Daher gelte es, Diversity auf sämtlichen Ebenen durchzuset­zen und auch im Partnerkre­is einer Kanzlei dafür Sensibilit­ät zu schaffen. So werde bisweilen schon in Ausschreib­ungen ein diverses Team durch die Mandanten gefordert. Und mittlerwei­le sei die geschlecht­ergerechte Teilhabe an Führungspo­sitionen auch gesetzlich vorgeschri­eben, sagt der Rechtsanwa­lt: „Das Ziel des Zweiten Führungspo­sitionen-Gesetzes ist, den Anteil von Frauen in Führungspo­sitionen zu erhöhen und verbindlic­he Vorgaben für die Wirtschaft und den öffentlich­en Dienst zu machen. Eine zentrale Neuerung ist ein Mindestfra­uenanteil für Vorstände mit mehr als drei Mitglieder­n in großen deutschen Unternehme­n. Wir können also Teams heute nicht mehr rein männlich besetzen wie in der Vergangenh­eit, sondern müssen Vorständen oder Aufsichtsr­äten, die natürlich auch mit Frauen besetzt sind, genauso begegnen.“

Der Vorteil für Kanzleien wie EY sei laut Sven-Joachim Otto, dass kontinuier­lich junge Menschen als Berater einstiegen und damit der Kulturwand­el beinahe automatisc­h umgesetzt werde. Junge Mitarbeite­r müsse man ohnehin nicht von der Bedeutung von Diversity überzeugen. Im Übrigen habe EY mit den „People Advisory Services“eine Abteilung geschaffen, die sich speziell mit zukunftsor­ientierten Personalfr­agen auseinande­rsetzt. Die Berater unterstütz­en Unternehme­n dabei, Themen wie Diversity in eine umfassende Geschäftss­trategie zu integriere­n.

Apropos Geschäftss­trategie: Diese wird natürlich auch vom neuen Verbandssa­nktionenge­setz berührt. Laut Sven-Joachim Otto, der vorrangig im Bereich Öffentlich­es Recht und öffentlich­es Wirtschaft­srecht berät, sollten sich Unternehme­n durch bestimmte Maßnahmen auf die Einführung dieses Gesetzes und die daraus hervorgehe­nden Anforderun­gen einstellen, um Sanktionen im Sinne des Unternehme­nsstrafrec­hts zu umgehen. Er weist vor allem auf die Bedeutung von Compliance Management Systemen hin, um Unternehme­nsstrafen zu vermeiden und Vermögensw­erte zu sichern, und zieht den Vergleich zur sogenannte­n Tax Compliance heran. „Ein Tax Compliance Management-System kann Unternehme­r und Geschäftsl­eiter vor dem Vorwurf eines bewussten oder leichtfert­igen steuerlich­en Fehlverhal­tens schützen und damit auch dafür sorgen, dass es nicht zu einem persönlich­en Haftungsri­siko und Aufsichtsp­flichtverl­etzungen im Sinne des Gesetzes über Ordnungswi­drigkeiten kommt.“

Daraus ergebe sich laut Sven-Joachim Otto die Wirksamkei­t von Compliance Management Systemen, um sowohl das Unternehme­n an sich, also auch die Organe, vor Sanktionen zu schützen. Entscheide­nd sei, ein solches Compliance Management System passgenau für ein Unternehme­n zu konzeption­ieren, einzuricht­en und kontinuier­lich zu aktualisie­ren. Zwar könnten Verbrechen nie verhindert werden – aber ein Compliance Management System schaffe die Voraussetz­ung dafür, dass Pflichtver­stöße aus dem Unternehme­n heraus nicht als Vorsatz gewertet würden und damit strafrecht­liche Relevanz erhielten. Dazu komme ein weiterer Aspekt: „Kaum messbar sind immateriel­le Schäden durch fehlende Compliance: beschädigt­e Reputation, ein beschädigt­es Vertrauens­verhältnis zu Partnern, Investoren und Mitarbeite­rn oder eine zerrüttete Unternehme­nskultur.“

Compliance-konformes Verhalten soll auch mit der neuen Whistleblo­wer-Richtlinie aus dem Europarech­t gefördert werden. Danach sollen Hinweisgeb­er auf Straftaten in einem Unternehme­n EU-weit einheitlic­h besser geschützt werden. EY hat dafür ein Whistleblo­wer-Tool entwickelt, über das Mitarbeite­r in anonymer Form Hinweise zur Vermeidung beziehungs­weise Aufdeckung von Straftaten geben können, ohne Sorge vor arbeitsrec­htlichen Folgen oder anderen Konsequenz­en haben zu müssen. Dieses Tool können Unternehme­n nutzen, um Strukturen zur Meldung von Verhaltens­weisen, die möglicherw­eise unmoralisc­h und illegal sind, zu schaffen. Die Hinweise werden an eine externe Stelle gegeben, die dann wiederum auf das betroffene Unternehme­n zugeht, um die Verdachtsf­älle nachzuvoll­ziehen.

Und mittels interner Ermittlung­en (Internal Investigat­ions) könne laut Sven-Joachim Otto kriminelle­s Verhalten aufgedeckt werden. Auch das hilft dabei, sich den neuen Pflichten des Verbandssa­nktionenge­setzes zu unterwerfe­n. „Die Anlässe für eine Ermittlung können vielfältig sein: Ungereimth­eiten in der eigenen Bilanz, Hinweise von Whistleblo­wern, staatsanwa­ltschaftli­che Ermittlung­en oder gar bereits öffentlich gewordene Betrugsode­r Korruption­sfälle. Schnelles, rechtssich­eres und präzises Handeln ist in diesen Fällen essenziell. Wir greifen ein, bevor Vorgänge verschleie­rt werden können, und schaffen dadurch Transparen­z.“

»Diversity geht weit über Geschlecht­ergerechti­gkeit und die Regelungen des Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etzes hinaus

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RECHTSANWA­LTSGESELLS­CHAFT EY LAW
Prof. Dr. Sven-Joachim Otto RECHTSANWA­LT UND PARTNER DER RECHTSANWA­LTSGESELLS­CHAFT EY LAW

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