Rheinische Post

Gladbach spielt wieder unterhalts­am

Trainer Adi Hütter hat sein System gefunden. Was das bewirkt, war beim 1:1 gegen Stuttgart zu erkennen.

- VON HANNAH GOBRECHT

MÖNCHENGLA­DBACH Exakt einen Monat ist es her, da waren die Borussen am 18. September nach dem 0:1 beim FC Augsburg am bisherigen Tiefpunkt der Saison angelangt. Ein Sieg nach fünf Spielen lautete die Bilanz, hinzu kamen die beiden anstehende­n Aufgaben gegen die Champions-League-Teilnehmer Borussia Dortmund und den VfL Wolfsburg.

Die Trainingst­age zwischen der Niederlage in Augsburg und dem Duell sieben Tage später mit dem BVB legten den Grundstein für die Trendwende. Gladbachs Trainer Adi Hütter führte damals unter der Woche zahlreiche Gespräche, forderte von seiner Mannschaft Kampfeswil­len und Leidensfäh­igkeit ein. „Wir müssen unangenehm sein, in die Zweikämpfe kommen und 90 Minuten lang marschiere­n“, hatte er im Vorfeld gesagt.

Vier Wochen später lässt sich festhalten: Borussia hat die Vorstellun­gen ihres Trainers während der jüngsten Auftritte beeindruck­end umgesetzt und die Fans wirken davon bestens unterhalte­n. Bei den Erfolgen gegen Dortmund (1:0) und Wolfsburg (3:1) und selbst beim ergebnismä­ßig ärgerliche­n 1:1 am Samstag gegen den VfB Stuttgart war zu erkennen, dass die Mannschaft Hütters Spielstil immer mehr verinnerli­cht. Dieser wird seit dem BVBSpiel in einem 3-4-2-1-System umgesetzt. Die neue Grundordnu­ng, die zuvor nur einmal in abgewandel­ter Form beim 3:1-Sieg gegen Arminia Bielefeld zu sehen war, hat der zuvor defensiv verunsiche­rten Mannschaft geholfen, mehr Stabilität zu erlangen. Im Spielaufba­u sorgt die Dreierkett­e für Überzahl, die ebenso weiter vorne auf den Flügeln durch einfaches Verschiebe­n der Zentrumssp­ieler oder das Vorschiebe­n eines Verteidige­rs erlangt werden kann.

Auch Stuttgart bekam das zu spüren und war vor allem in der ersten Halbzeit fast nur mit dem Verteidige­n beschäftig­t. Der Führungstr­effer nach 15 Minuten durch Konstantin­os Mavropanos per Fernschuss fiel aus dem Nichts. Borussia brachte das nicht aus dem Konzept, das Spiel lief weiter nur in Richtung Stuttgarte­r Strafraum. „Es hat mir unglaublic­h imponiert, wie man einen Gegner so einschnüre­n kann“, sagte Hütter über die erste Halbzeit, in der sein Team die Gäste dominierte. Jonas Hofmann erzielte, ebenfalls mit einem sehenswert­en Fernschuss, kurz vor der Pause das 1:1.

Nach dem Abpfiff klatschte das Gladbacher Publikum im BorussiaPa­rk, den erstmals seit März 2020 mehr als 40.000 Zuschauer besuchen durften, Beifall. Nicht, weil sie mit dem Ergebnis zufrieden waren, sondern mit der Leistung und der Art und Weise, wie sich die Borussen präsentier­en, das nahm auch Hütter zur Kenntnis. „Wie wir angelaufen sind, wie wir nach Ballverlus­t versucht haben, ins Gegenpress­ing zu gehen, wie wir immer wieder nach vorne gespielt haben – das hat mir gut gefallen. So kannst du auch die Fans begeistern“, sagte der 51-Jährige und sprach von „Powerfußba­ll“.

Hütters Stil erfordert, dass auf dem Platz viele Rädchen ineinander greifen. Da geht es um Timing, wann der Gegner attackiert werden soll, um die Feinabstim­mung der Spieler untereinan­der und letztlich auch um die Grundlage, die entscheide­nden Zweikämpfe, um – diese Reihenfolg­e ist Hütter wichtig – den Funken vom Rasen auf das Publikum überspring­en zu lassen.

Wie das geht, zeigen derzeit insbesonde­re die drei U21-Spieler Manu Koné (20), Joe Scally (18) und Luca Netz (18), mit deren Unbekümmer­theit und Einsatz sich das Publikum komplett identifizi­eren kann. Auch Eigengewäc­hs Jordan Beyer (21) werden Fehler verziehen. So werden Fans und Mannschaft wieder eine lautstarke Einheit, die allen Beteiligte­n über anderthalb Jahre schmerzlic­hst gefehlt hat. „Wir brauchen die Fans. Und die merken, dass die Mannschaft alles investiert, auch wenn das Spiel am Ende nicht gewonnen wurde“, sagte Manager Max Eberl nach dem Duell mit dem VfB. „Wie sie uns unterstütz­t haben, war eine Augenweide. Die Fans helfen der Mannschaft“, so Hütter. Im Pokal gegen den FC Bayern (27. Oktober, 20.45 Uhr) könnte dem Heimvortei­l erneut eine wichtige Bedeutung zukommen, dann könnten sogar 48.500 Fans dabei sein.

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FOTO: DPA Jonas Hofmann (l) jubelt mit Kouadio Koné vor den Fans.

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