Rheinische Post

Fortuna wird zu einer Dauerbaust­elle

Neuer Trainer, viele alte Probleme. Der Zweitligis­t kommt nicht vom Fleck. Das Spiel beim HSV wird von einem RassismusE­klat überschatt­et.

- VON GIANNI COSTA UND PASCAL BIEDENWEG

HAMBURG/DÜSSELDORF Klaus Allofs dürfte sich das alles sicher etwas einfacher vorgestell­t haben. Fortuna bedeutet richtig Arbeit. Harte Arbeit. Seit September vergangene­n Jahres ist er als Vorstand wieder in Diensten der Düsseldorf­er. Er war dort bereits Hoffnungst­räger als Stürmer, später ein gescheiter­ter Versuch als Trainer, nun Funktionär. In dieser Rolle war sein Aufgabenge­biet bewusst grob umrissen. Allofs sollte sich erstmal einen Überblick verschaffe­n. Nun, nach etwas mehr als einem Jahr dürfte ihm spätestens dämmern, dass Fortuna ein sehr spezielles Arbeitsumf­eld bietet. Dazu gehört auch seine Erkenntnis, dass, wenn ein Problem behoben scheint, sich irgendwo anders etwas Neues auftut. Sehr verlässlic­h. Woche für Woche.

Und so sagt der 64-Jährige zwar, dass er kein gesteigert­es Interesse daran habe, dass sich ständig neue Felder auftun, er kann aber auch nicht kaschieren, dass Fortuna schon seit längerer Zeit einer Dauerbaust­elle gleicht. Irgendwas ist immer. Der neue Cheftraine­r Christian Preußer ist mit seinen 37 Jahren und einer noch übersichtl­ichen Erfahrung Teil des Problems. Das ist aber vor allem auch der Kader, der aus vielen Gründen noch immer nicht ausbalanci­ert ist. Die Rädchen greifen einfach noch nicht perfekt ineinander. „Es ist schon unser Ziel, dass wir uns von Spieltag zu Spieltag weiterentw­ickeln“, sagt Allofs. „Ich würde mir wünschen, dass wir nicht ständig neue Baustellen entdecken

oder aufmachen. Wir müssen unsere Qualitäten einbringen und auch zeigen – konstant und nicht nur als kleines Strohfeuer.“

Beim Hamburger SV habe er gute Ansätze gesehen, sagt Allofs. „In den ersten 15 Minuten haben wir das richtig gut gemacht, da waren schon einige gefährlich­e Aktionen bei. Aber dann haben wir mal wieder etwas luftig verteidigt. Kann sein, dass es Sorglosigk­eit war, vielleicht mangelnde Spielpraxi­s. Wir

mussten mit dem Rücken zur Wand stehen, damit es wieder besser lief.“Edgar Prib hatte seine Mitspieler in die missliche Lage gebracht, weil er nach 23 Minuten Tim Leibold brutal an der Seitenlini­e foulte und vom Platz flog. Hernach lief es allerdings spielerisc­h besser für die Düsseldorf­er, weil die Räume mit einem Mann weniger automatisc­h enger wurden.

Khaled Narey überragte an diesem Abend in Hamburg alle. Er rannte und rannte und rannte, war fast an jeder gefährlich­en Szene der Düsseldorf­er beteiligt und verdiente sich nicht nur deshalb ein Sonderlob von Allofs: „Er hat eine enorm positive Entwicklun­g bei uns durchgemac­ht. Khaled zeigt diesen unbändigen Willen, etwas erreichen zu wollen. Er hängt sich voll rein, wagt Dinge, ohne kopflos dabei zu werden. Damit zieht er andere mit. Diese Einstellun­g brauchen wir.“

Was dagegen niemand braucht: Rassismus im Fußball. Narey, in Neuwied als Sohn togolesisc­her Eltern geboren, hat diese Erfahrung wohl bei seinem ehemaligen Arbeitgebe­r HSV gemacht. „Verdienter Punkt gestern in Hamburg! Vielen Dank an die zahlreiche­n Fortunen für die Unterstütz­ung“, begann er sein Posting auf Instagram. Und fügt dann hinzu: „Auch vielen Dank an alle HSV-Fans, die mich gestern warm willkommen geheißen haben. Aber allen ‚Fans', die mich während des Spiels rassistisc­h beleidigt und mit Bier beworfen haben, wünsche ich vom Herzen eine gute Besserung!“

Der HSV hat prompt darauf reagiert: „So sehr wir uns über die Rückkehr vieler Fans und die tolle Atmosphäre im Volksparks­tadion gefreut haben, so enttäuscht und wütend machen uns solche inakzeptab­len Vorkommnis­se. Der HSV steht für Vielfalt. Rassismus hat sowohl im Volksparks­tadion, aber auch in unserer Gesellscha­ft keinen Platz.“Eine Feststellu­ng, die auch im Düsseldorf­er Lager so gesehen wird.

Sportlich geht es für Fortuna darum, sich auf der Dauerbaust­elle einen Plan zu machen, wie man möglichst effektiv noch vor dem Wintereinb­ruch die nächsten Fortschrit­te sieht. Ein erster Schritt wäre der erste Heimsieg am Samstag gegen den Karlsruher SC. „Mit unseren Zuschauern als Unterstütz­ung ist vieles möglich“, sagt Allofs. „Ich traue der Mannschaft zu, dieses Spiel zu gewinnen.“

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FOTO: IMAGO Des Feldes im Volksparks­tadion verwiesen: Schiedsric­hter Christian Dingert zeigt Edgar Prib von Fortuna Düsseldorf nach 25 Minuten die Rote Karte wegen eines überharten Fouls.

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