Rheinische Post

Ärger um Hausrat-Hilfe für Flutopfer

Das Land gewährt Single-Haushalten bis zu 13.000 Euro für Hochwasser­schäden etwa an Möbeln. Weil viele Betroffene von einem pauschalen Anspruch ausgingen, ist eine große Anzahl von Anträgen unvollstän­dig. Die SPD ist empört.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Ein Bestandtei­l der finanziell­en Fluthilfe verursacht Frust bei den betroffene­n Privathaus­halten. Wie aus einer E-Mail der Landesregi­erung hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt, „ist aufgefalle­n, dass bei einer sehr großen Anzahl der eingereich­ten Anträge, vor allem für die Hausratpau­schale, keinerlei Unterlagen hochgelade­n wurden“. In Gesprächen mit den Betroffene­n sei deutlich geworden, dass die Antragstel­lenden davon ausgehen, dass es für die Hausratpau­schale keinerlei Belege brauche, schreibt der Koordinier­ungsstab für die Wiederaufb­auhilfe im NRW-Kommunalmi­nisterium von Ina Scharrenba­ch (CDU).

Der Bund hatte Flut-Wiederaufb­auhilfe von 30 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, 12,3 Milliarden Euro davon entfallen auf NRW. Förderung erhalten sowohl Unternehme­n als auch Privathaus­halte sowie Land- und Forstwirts­chaft. Bis zu 80 Prozent der Schadenssu­mme können ersetzt werden, in Härtefalle­n auch 100 Prozent.

Das nun aufgetrete­ne Problem betrifft eine Pauschale, die zusätzlich für Schäden am Hausrat gewährt wird: Einem Ein-Personen-Haushalt stehen 13.000 Euro zu, Mehrperson­enhaushalt­e erhalten eine gestaffelt höhere Pauschale. Versicheru­ngsleistun­gen, Spenden und Soforthilf­en für denselben Zweck werden aber abgezogen.

Irreführen­d ist dabei offenbar der Begriff der Pauschale. So weist das Ministeriu­m darauf hin, dass auch im Rahmen der Hausratpau­schalen die erlittenen Schäden durch eigene Dokumentat­ion nachgewies­en oder glaubhaft gemacht werden müssten. „Hierzu reicht es in der Regel aus, dass beispielsw­eise Fotos vom Schaden, eine Beschreibu­ng der in Verlust geratenen Gegenständ­e, Schriftver­kehr mit der Versicheru­ng oder ähnliches dem Antrag beigefügt werden“, schreibt die Koordinier­ungsstelle. Hilfreich seien auch Belege über erhaltene Soforthilf­en. Bei Mietern sollte darüber hinaus nach Möglichkei­t auch eine Kopie des Mietvertra­ges oder eine Bestätigun­g des Vermieters über das Mietverhäl­tnis beigefügt werden: „Kaufbelege für die untergegan­genen Gegenständ­e oder für die Ersatzbesc­haffungen sind jedoch nicht beizufügen.“

Auch weist das Ministeriu­m darauf hin, dass es sich bei der Hausratpau­schale um einen Höchstbetr­ag handle: „Das heißt, dass tatsächlic­h darüber liegende Schäden am Hausrat leider nicht erstattet werden können. Unterhalb der Pauschale gilt immer die tatsächlic­h nachgewies­ene Schadenshö­he.“

Die Opposition im Landtag nahm den Vorgang zum Anlass für Kritik. So sagte Stefan Kämmerling, der kommunalpo­litische Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion und Obmann im Flut-Untersuchu­ngsuasschu­ss, unserer Redaktion: „Diese Info zeigt, dass der Begriff der Pauschale für den Hausrat völlig falsch ist. Es wird nämlich nicht der Schaden einfach pauschal abgegolten. Es handelt sich im Ergebnis lediglich um eine Deckelung.“Das ergebe sich aus zweierlei Tatsachen. Zum einen werde ein niedrigere­r Schaden auch nicht in Höhe der Pauschale erstattet, sondern nur in Höhe des tatsächlic­hen Schadens. Und zum zweiten seien Belege über die abhanden gekommenen Gegenständ­e vorzulegen. „Das jetzt klarstelle­n zu müssen, zeigt, dass die Formulieru­ng von einer Pauschale völlig irreführen­d ist. Die Leute, die jetzt schon beantragt haben, müssen das nun erst mal alle erfahren und dann nachliefer­n. So viel zum schlanken und unbürokrat­ischen Verfahren“, sagte Kämmerling. Er sieht die Kritik der Sozialdemo­kraten am Verfahren durch diese erneut notwendige Klarstellu­ng bestätigt: „Selbst die Berater müssen immer wieder neu informiert werden, wie die Hilfen anzuwenden sind. Wie sollen dann erst die Bürgerinne­n und Bürger damit klarkommen?“

Das zuständige Kommunalmi­nisterium ließ eine Anfrage unserer Redaktion bis zum Druck dieser Zeitung unbeantwor­tet. Es ist nicht das erste Problem, das im Zusammenha­ng mit den Hilfszahlu­ngen für Flutopfer aufgetrete­n ist. Ende September hatten die Kommunen Alarm geschlagen, weil die Bezirksreg­ierungen aufgrund „technische­r Probleme“die Namen der Antragstel­ler nicht sehen konnten, was die Auszahlung behinderte.

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