Rheinische Post

BERLINER REPUBLIK Fünf Männer sind zu viel

Sollte Olaf Scholz Kanzler werden, stellt sich eine Frage: Wo sind die Frauen?

- KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Wenn es nach Olaf Scholz geht, dann ist der Fahrplan zur Regierungs­bildung ziemlich klar: Verhandlun­gen bis Mitte November, Personalab­sprachen und Endfassung des Koalitions­vertrags bis Anfang Dezember. Kurz vor Nikolaus folgt ein SPD-Parteitag. Vielleicht schafft der sozialdemo­kratische Vizekanzle­r es dann sogar, seine derzeitige Chefin vor dem 17. Dezember im Amt des Bundeskanz­lers abzulösen.

Warum ist das relevant? An diesem Tag wäre die Christdemo­kratin Angela Merkel länger im Amt als ihr Vorvorgäng­er Helmut Kohl. Der hält bislang die Rekordzeit von 16 Jahren und 26 Tagen.

Doch völlig unabhängig vom Datum: Sollte der bisherige Bundesfina­nzminister

Scholz tatsächlic­h der neunte Kanzler der Bundesrepu­blik werden, hat er ein Frauenprob­lem an der Staatsspit­ze. Dort steht Frank-Walter Steinmeier als Bundespräs­ident. Er ist im Volk beliebt und hat bereits im Sommer verkündet, dass er eine zweite Amtszeit gerne antreten würde. Steinmeier agiert als Staatsober­haupt überpartei­lich, ist aber als ehemaliger prominente­r Sozialdemo­krat dennoch einer Parteienfa­milie zuzuordnen. Bliebe das Amt des Bundestags­präsidente­n, das bisher immer die stärkste Fraktion besetzt hat. Hier ist seitens der SPD Fraktionsc­hef Rolf Mützenich im Gespräch. Zum Jahresausk­lang stünden dann zusammen mit Bundesrats­präsident Bodo Ramelow (Linke) und dem Präsidente­n des Bundesverf­assungsger­ichts, Stephan

Harbarth, fünf Männer an der Spitze des Staates.

Die Koalitions­verhandlun­gen könnten durch diese Personalie­n gleich zu Beginn an Brisanz gewinnen. Denn für die Grünen läuft sich schon seit geraumer Zeit Katrin Göring-Eckardt als Kandidatin für das Bundespräs­identenamt warm. Käme sie auch für das Amt der Bundestags­präsidenti­n infrage, weil die SPD auf das Amt verzichtet? Oder zaubert Scholz doch noch eine SPD-Frau aus dem Ärmel? Denn: Eine Staatsspit­ze ohne Frauen? Nicht mehr denkbar. Unsere Autorin ist Leiterin des Berliner Parlaments­büros. Sie wechselt sich hier mit ihrem Stellvertr­eter Jan Drebes und Elisabeth Niejahr, der Geschäftsf­ührerin der Hertie-Stiftung, ab.

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