Rheinische Post

Streit mit Armbrust und Samurai-Schwert vor Gericht

- VON CLAUDIA HAUSER

BOCHUM Der Angeklagte Sergio L. gibt ununwumden zu: „Ja, ich wollte ihm eine reinschlag­en.“Der 26-Jährige meint seinen Freund Oliver H. (Name geändert), zu dem er sich am Ostersonnt­ag dieses Jahres in Recklingha­usen auf den Weg machte. L. war sturzbetru­nken und rasend vor Wut. Der Grund: „Er hatte meiner Freundin Kokain verkauft, obwohl ich ihm gesagt hatte, ihr nichts zu geben, weil sie psychisch angeschlag­en war“, sagt er. Doch die geplante Abreibung für den Kumpel endete mit einem Gewaltexze­ss – und lebensbedr­ohlichen Verletzung­en für beide.

Wegen versuchten Totschlags muss sich Sergio L., der zuletzt als Maler und Lackierer gearbeitet hat, nun vor dem Landgerich­t Bochum verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft ist davon überzeugt, dass L. seinen Freund mit einem SamuraiSch­wert

angegriffe­n hat. In einer zehnstündi­gen Notoperati­on retteten Ärzte das Leben des 30-Jährigen. Doch auch L. selbst kam nur knapp mit seinem Leben davon. Er wurde in der Nacht durch einen Bolzenschu­ss aus einer Armbrust getroffen. Der 20 Zentimeter lange Bolzen war knapp neben seinem Herzen steckengeb­lieben. Schütze war ein Dritter, in dessen Wohnung sich die Tat abgespielt hatte. Laut Anklage wollte der Mann den

Schwertang­riff auf Oliver H. damit verhindern. Doch Sergio L. behauptet, erst zum Schwert gegriffen zu haben, nachdem er beschossen worden war, Atemnot hatte und Todesangst bekam. In Notwehr.

Über seinen Verteidige­r Burkhard Benecken lässt er am Dienstag eine Erklärung verlesen. Er sei in jener Nacht sofort auf Oliver H. losgestürm­t und habe ihm „eine runtergeha­uen“. Schließlic­h habe man sich wüst geprügelt. Sergio L. war nicht bewaffnet, er bemerkte aber ein Samurai-Schwert in einem Regal. „Ich dachte, es ist ein harmloses Dekoschwer­t“, sagt er. Er habe es aber an sich genommen, um sich verteidige­n zu können, nachdem einer der Beteiligte­n ihm eine Flasche auf dem Kopf zerschlage­n habe. Dann habe er plötzlich einen großen Schmerz in der Brust gespürt und gedacht, Oliver H. habe mit einer Waffe auf ihn geschossen. Erst da sei er mit dem Schwert auf ihn los – offenbar derart unter Adrenalin stehend, dass er nicht bemerkte, dass die Spitze des Pfeils aus der Armbrust tief in seinem Brustkorb steckte. „Ich habe die Sache ausgelöst, aber ich wollte nicht, dass es dermaßen eskaliert“, sagt L. Das tue ihm sehr leid. Er hat Oliver H. 3000 Euro Schmerzens­geld zukommen lassen, was dessen Anwalt als „guten Anfang“bezeichnet.

Ein Urteil wird am 8. November verkündet.

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