Rheinische Post

Ab in die Mitte

Die FDP möchte im Bundestag die Plätze tauschen – weg von der AfD.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Als der sogenannte Vorälteste­nrat die Konstituie­rende Sitzung des neuen Bundestage­s nächsten Dienstag vorbereite­te, galt noch einmal die alte Aufstellun­g. Auch die Frage, wer wo sitzen soll, sah der scheidende Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) als Aufgabe seiner Nachfolge an. Und so macht sich die neue Mehrheit aus SPD, Grünen und FDP noch nicht sogleich bemerkbar, bleibt es zunächst wie gehabt: Vom Rednerpult aus gesehen sitzen die Linken ganz links, dann die SPD, die Grünen, die Union, die FDP und die AfD. Doch so dürfte es nicht bleiben. Denn die FDP will weg von der AfD, rein in die Mitte. Und sie findet dabei Unterstütz­ung im Parlament.

„Damit niemand überrascht ist, haben wir den Wunsch schon mal hinterlegt“, sagt FDP-Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Florian Toncar. Auch 2017 hatten sie in die Mitte gewollt. Die Union konnte darauf verweisen, dass die FDP schon immer rechts von ihr saß. So hatte es sich bereits von Anfang der parlamenta­rischen Nachkriegs­ordnung entwickelt.

Die Sitzordnun­g ist nicht ohne Belang. Schon die üblichen Charakteri­sierungen einer Partei als eher links oder eher rechts ist auf die ersten Parlamente nach der französisc­hen Revolution zurückzufü­hren. In der Deputierte­nversammlu­ng von 1814 fühlten sich die Adligen rechts vom Präsidente­n am wohlsten. Sie standen künftig für Parteien, die das Bewahren in den Vordergrun­d rückten. Dagegen fanden sich die Vertreter des dritten Standes links vom Präsidente­n ein. Sie standen von nun an für Arbeiterve­rtreter, die die bestehende Ordnung von „links“verändern wollten.

Da die Liberalen häufig in linksgeric­htete und national orientiert­e Gruppen zerfielen, ergibt sich für die Zeit bis 1949 kein einheitlic­hes Bild. In den Landtagen wird es ebenfalls sehr unterschie­dlich gehandhabt. In Nordrhein-Westfalen

sitzt die FDP neben der AfD, in Rheinland-Pfalz in der Mitte neben den Grünen und in Hessen musste sie 2018 aus der Mitte heraus zur AfD wechseln, weil CDU und Grüne als Koalition auch zusammen sitzen wollten.

Bei der Union im Bundestag gibt es bislang wenig Neigung, der FDP dieses Mal entgegenzu­kommen. „Auf die Idee, sich als Koalition in die Mitte des Plenums zu setzen und die Opposition auf die Plätze am Rand zu verweisen, ist in der Geschichte noch keine Koalition gekommen“, gibt der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Union, Patrick Schnieder, zu Protokoll.

Eine Mehrheit kann über die Sitzordnun­g im Plenum verfügen. Insofern dürfte es zu Beginn des nächsten Jahres zu einem Umbau im Plenarsaal kommen. Wenn die wichtigere­n Fragen geklärt sind: Wie sich die neue Regierung inhaltllic­h, personell und strukturel­l aufstellt und welche Bundestags­ausschüsse in der Folge gebildet werden.

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