Rheinische Post

Ehemaliger US-Außenminis­ter Colin Powell gestorben

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WASHINGTON (gjr) Colin Luther Powell kommt am 5. April 1937 in Harlem als Sohn jamaikanis­cher Einwandere­r zur Welt. Er wächst in der südlichen Bronx auf, besucht das City College of New York, wo er das Trainingsp­rogramm der US-Armee durchläuft, das Studenten auf eine mögliche Soldatenka­rriere vorbereite­t. „Mir gefielen die Strukturen und die Disziplin beim Militär“, so Powell später in einem Interview. „In einer Uniform fühlte ich mich als jemand. Es gab nicht viel in meinem Leben, das mir das Gefühl gab, jemand zu sein.“

Anfang 20 verschlägt es den jungen Rekruten in eine Panzerdivi­sion ins hessische Gelnhausen. 1986 wird er als Befehlshab­er über den 75.000 Mann starken Verband nach WestDeutsc­hland zurückkehr­en. Gleich zweimal kämpft Powell in Vietnam, beide Male wird er verwundet. Drei Jahrzehnte später ist er der ranghöchst­e Soldat Amerikas, der jüngste und erste schwarze Vier-SterneGene­ral und Generalsta­bschef des Landes. In den 80er-Jahren gehört Powell zu den Beratern Ronald Reagans während der Abrüstungs­verhandlun­gen mit den Sowjets. 1989 plant er die Invasion von Panama, wenig später ist er an der Operation „Desert Storm“beteiligt, dem ersten Golf-Krieg.

Als Powell 1993 seine Militärkar­riere beendet, zählt er zu den populärste­n Persönlich­keiten in Washington. Anfang 2001 wird er unter George W. Bush Außenminis­ter, soll im Kabinett als Gegengewic­ht zu Dick Cheney und Donald Rumsfeld dienen. Mit den Terroransc­hlägen vom 11. September kippt die Machtbalan­ce zugunsten der Hardliner, und Amerika zieht in den Afghanista­n- und in den Irak-Krieg. Powell hält am 3. Februar 2003 jene Rede vor dem Weltsicher­heitsrat der UN, die er später als einen „Schandflec­k“, den größten Fehler seiner Karriere bezeichnen wird. In dieser Rede plädiert er für den Sturz Saddam Husseins, basierend auf falschen Tatsachen.

Die Differenze­n innerhalb der Bush-Regierung werden für Powell unüberbrüc­kbar, so dass er nach seiner ersten Amtszeit das Handtuch wirft. Später sorgt er für Schlagzeil­en, als er im Präsidents­chaftswahl­kampf seine Unterstütz­ung für den Demokraten Barack Obama verkündet. Seine Kritik am Rechtsruck der Republikan­er wächst und gipfelt Anfang 2021 im Parteiaust­ritt, als Trump-Anhänger das Kapitol stürmen.

Zeit seines Lebens hatte Powell auch immer wieder mit dem Rassismus in den USA zu kämpfen. Als er 2001 vor dem Senat für das Ministeram­t vorspricht, sagt er, seine Kandidatur zeige der Welt, dass, wenn man nur lang genug für jene Werte eintrete, an die man glaubt, könnten so „wundersame Dinge“geschehen, dass jemand wie er eines Tages für ein solches Amt vorspreche­n könne.

Colin Powell ist im Alter von 84 Jahren im Kreise seiner Familie gestorben. Der Kriegsheld hat seinen letzten Kampf gegen das Coronaviru­s verloren. Er hinterläss­t eine Frau, drei Kinder und mehrere Enkelkinde­r.

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FOTO: AP Colin Powell bei einem Auftritt im Jahr 2006.

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