Der Sohn des Perlenfischers
Nasser Al-Khelaifi ist nicht nur Präsident von Paris Saint-Germain. Er gilt als einer der mächtigsten Strippenzieher im Weltfußball. Sein Team spielt am Dienstag in der Champions League gegen RB Leipzig.
PARIS Nasser Al-Khelaifi (47) ist ein reicher Mann. Die Schätzungen über sein Vermögen gehen auseinander – irgendwo zwischen einer Viertel und einer ganzen Milliarde Euro liegen sie. Sicher ist, dass er sich keine Gedanken um die Finanzierung der nächsten warmen Mahlzeit machen muss.
Nasser Al-Khelaifi ist auch ein einflussreicher Mann. Er ist der Vorsitzende von Paris Saint-Germain, dem Fußball-Ableger des katarischen Staatsunternehmens Qatar Sports Investment (QSI), der am Dienstag in der Champions League auf eine andere Fußballfirma, RB Leipzig, trifft. Er ist Geschäftsführer des Medienunternehmens BeIN, einem Ableger der Al Jazeera-Gruppe. Er sitzt in allen wichtigen Gremien des europäischen Fußballs, und er führt als Präsident die Vereinigung der europäischen Klubs
(ECA), den Dachverband von 246 Vereinen. Er ist Minister ohne besondere Aufgaben. Natürlich sitzt er im Organisationskomitee für die Weltmeisterschaft 2022 in seinem Heimatland Katar. Kein Zweifel: Er ist einer der mächtigsten Männer im Fußball.
An der Wiege ist ihm das nicht gesungen worden. In Katar erzählt man sich gern die märchenhafte Geschichte vom Sohn eines Perlenfischers, der auf dem Tennisplatz den Sohn des Emirs kennenlernte. Die beiden jungen Leute wurden Freunde, weil Tamin bin Hamad Al Thani geradezu verrückt nach Tennis war und seinen Trainingspartner als Sportler verehrte. Schließlich wurde dieser in der ATP-Rangliste auf Platz 995 geführt und war in seinem Land der beste Spieler.
Als der Sohn des Emirs selbst den Thron bestieg, machte er seinen Kumpel zum wichtigsten Sportfunktionär des Landes. Al-Khelaifi übernahm den Vorsitz bei Qatar Sports
Investment, das mit seinen Investitionen den Namen des Staats in die Welt tragen soll – „National Branding“nennt man das.
Fußball, so dachten sie im Emirat, sei der beste Werbeträger für ein Land, über dessen prekäre Praktiken in Fragen der Menschenrechte ansonsten Organisationen wie Amnesty international kritisch berichten. QSI stieg deshalb 2011 bei Paris Saint-Germain ein. Aus katarischer Sicht mit Kleingeld. 30 Millionen Euro kosteten die Aktienanteile, 20 Millionen wurden zur Schuldentilgung eingebracht. Inzwischen besitzt QSI den Klub zu 100 Prozent. Rund 1,5 Milliarden hat Katar in dieses Projekt gesteckt. Mit einem einzigen Ziel: Der Klub möge die Champions League gewinnen. Dafür wurde für Neymar die höchste Ablösesumme der Geschichte gezahlt (222 Millionen Euro). Dafür leistet sich der Klub eine schon obszön glitzernde Angriffsbesetzung mit dem Brasilianer Neymar, den Argentiniern Lionel Messi und Angel di Maria und dem französischen Superstar Kylian Mbappé.
Geld spielt keine Rolle. Und das Financial Fair Play, das die Uefa bis zum Sommer zum wirtschaftlichen Imperativ erklärte, offenbar auch nicht. Nasser Al-Khelaifi versicherte nach dem Transfer von Messi in bester Geberlaune: „Wir achten immer auf das Financial Fair Play. Wir haben die Zahlen gecheckt, und wir haben festgestellt, dass wir uns Messi leisten können. Sie würden schockiert sein, wenn wir Ihnen die Zahlen präsentieren.“Natürlich wurden die Zahlen nicht präsentiert, allenfalls die Spekulation, dass die Einnahmen im Merchandising Messis Gehalt übersteigen werden.
Solche Feststellungen trifft der Präsident von PSG bei seinen wenigen öffentlichen Auftritten immer freundlich, immer undurchdringlich hinter dem Kostüm aus dunklem
Maßanzug und feinem Lächeln. So reagiert er auch auf unbequeme Fragen zu den Menschenrechtsverletzungen auf den WM-Baustellen. „Menschenrechtsverletzungen gibt es nicht“, beteuert er, „Katar ist ein sehr herzliches Volk, das so etwas nicht dulden würde.“Ende der Durchsage.
Als großer Menschenfreund darf sich Al-Khelaifi auch als Chef der Klubvereinigung ECA inszenieren. Neben Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern München trat er mit dem größten Nachdruck gegen die Gründung einer Super League ein, mit der Klubs wie Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin den drohenden wirtschaftlichen Kollaps verhindern wollen. Al-Khelaifi wurde für sein Engagement vom UefaPräsidenten Aleksander Ceferin nahezu in den Rang des Retters von Fußball und Fankultur befördert. Die Wahrheit ist: QSI und damit Paris Saint-Germain können sich ein Luxus-Leben ohne Super League leisten. Nasser Al-Khelaifi kann das ohnehin. Seine Spitzenämter erlauben ihm die Bemerkung: „Wir sind sehr stolz darauf, uns als eine der führenden Gruppen in den Bereichen Sport, Unterhaltung und Medien etabliert zu haben.“Den politischen Bereich „Imageverbesserung für Katar“hat er nicht erwähnt.
Der aber gehört selbstverständlich dazu.
„Wir haben festgestellt, dass wir uns Messi leisten können“Nasser Al-Khelaifi Präsident PSG