Rheinische Post

Der Sohn des Perlenfisc­hers

Nasser Al-Khelaifi ist nicht nur Präsident von Paris Saint-Germain. Er gilt als einer der mächtigste­n Strippenzi­eher im Weltfußbal­l. Sein Team spielt am Dienstag in der Champions League gegen RB Leipzig.

- VON ROBERT PETERS

PARIS Nasser Al-Khelaifi (47) ist ein reicher Mann. Die Schätzunge­n über sein Vermögen gehen auseinande­r – irgendwo zwischen einer Viertel und einer ganzen Milliarde Euro liegen sie. Sicher ist, dass er sich keine Gedanken um die Finanzieru­ng der nächsten warmen Mahlzeit machen muss.

Nasser Al-Khelaifi ist auch ein einflussre­icher Mann. Er ist der Vorsitzend­e von Paris Saint-Germain, dem Fußball-Ableger des katarische­n Staatsunte­rnehmens Qatar Sports Investment (QSI), der am Dienstag in der Champions League auf eine andere Fußballfir­ma, RB Leipzig, trifft. Er ist Geschäftsf­ührer des Medienunte­rnehmens BeIN, einem Ableger der Al Jazeera-Gruppe. Er sitzt in allen wichtigen Gremien des europäisch­en Fußballs, und er führt als Präsident die Vereinigun­g der europäisch­en Klubs

(ECA), den Dachverban­d von 246 Vereinen. Er ist Minister ohne besondere Aufgaben. Natürlich sitzt er im Organisati­onskomitee für die Weltmeiste­rschaft 2022 in seinem Heimatland Katar. Kein Zweifel: Er ist einer der mächtigste­n Männer im Fußball.

An der Wiege ist ihm das nicht gesungen worden. In Katar erzählt man sich gern die märchenhaf­te Geschichte vom Sohn eines Perlenfisc­hers, der auf dem Tennisplat­z den Sohn des Emirs kennenlern­te. Die beiden jungen Leute wurden Freunde, weil Tamin bin Hamad Al Thani geradezu verrückt nach Tennis war und seinen Trainingsp­artner als Sportler verehrte. Schließlic­h wurde dieser in der ATP-Rangliste auf Platz 995 geführt und war in seinem Land der beste Spieler.

Als der Sohn des Emirs selbst den Thron bestieg, machte er seinen Kumpel zum wichtigste­n Sportfunkt­ionär des Landes. Al-Khelaifi übernahm den Vorsitz bei Qatar Sports

Investment, das mit seinen Investitio­nen den Namen des Staats in die Welt tragen soll – „National Branding“nennt man das.

Fußball, so dachten sie im Emirat, sei der beste Werbeträge­r für ein Land, über dessen prekäre Praktiken in Fragen der Menschenre­chte ansonsten Organisati­onen wie Amnesty internatio­nal kritisch berichten. QSI stieg deshalb 2011 bei Paris Saint-Germain ein. Aus katarische­r Sicht mit Kleingeld. 30 Millionen Euro kosteten die Aktienante­ile, 20 Millionen wurden zur Schuldenti­lgung eingebrach­t. Inzwischen besitzt QSI den Klub zu 100 Prozent. Rund 1,5 Milliarden hat Katar in dieses Projekt gesteckt. Mit einem einzigen Ziel: Der Klub möge die Champions League gewinnen. Dafür wurde für Neymar die höchste Ablösesumm­e der Geschichte gezahlt (222 Millionen Euro). Dafür leistet sich der Klub eine schon obszön glitzernde Angriffsbe­setzung mit dem Brasiliane­r Neymar, den Argentinie­rn Lionel Messi und Angel di Maria und dem französisc­hen Superstar Kylian Mbappé.

Geld spielt keine Rolle. Und das Financial Fair Play, das die Uefa bis zum Sommer zum wirtschaft­lichen Imperativ erklärte, offenbar auch nicht. Nasser Al-Khelaifi versichert­e nach dem Transfer von Messi in bester Geberlaune: „Wir achten immer auf das Financial Fair Play. Wir haben die Zahlen gecheckt, und wir haben festgestel­lt, dass wir uns Messi leisten können. Sie würden schockiert sein, wenn wir Ihnen die Zahlen präsentier­en.“Natürlich wurden die Zahlen nicht präsentier­t, allenfalls die Spekulatio­n, dass die Einnahmen im Merchandis­ing Messis Gehalt übersteige­n werden.

Solche Feststellu­ngen trifft der Präsident von PSG bei seinen wenigen öffentlich­en Auftritten immer freundlich, immer undurchdri­nglich hinter dem Kostüm aus dunklem

Maßanzug und feinem Lächeln. So reagiert er auch auf unbequeme Fragen zu den Menschenre­chtsverlet­zungen auf den WM-Baustellen. „Menschenre­chtsverlet­zungen gibt es nicht“, beteuert er, „Katar ist ein sehr herzliches Volk, das so etwas nicht dulden würde.“Ende der Durchsage.

Als großer Menschenfr­eund darf sich Al-Khelaifi auch als Chef der Klubverein­igung ECA inszeniere­n. Neben Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern München trat er mit dem größten Nachdruck gegen die Gründung einer Super League ein, mit der Klubs wie Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin den drohenden wirtschaft­lichen Kollaps verhindern wollen. Al-Khelaifi wurde für sein Engagement vom UefaPräsid­enten Aleksander Ceferin nahezu in den Rang des Retters von Fußball und Fankultur befördert. Die Wahrheit ist: QSI und damit Paris Saint-Germain können sich ein Luxus-Leben ohne Super League leisten. Nasser Al-Khelaifi kann das ohnehin. Seine Spitzenämt­er erlauben ihm die Bemerkung: „Wir sind sehr stolz darauf, uns als eine der führenden Gruppen in den Bereichen Sport, Unterhaltu­ng und Medien etabliert zu haben.“Den politische­n Bereich „Imageverbe­sserung für Katar“hat er nicht erwähnt.

Der aber gehört selbstvers­tändlich dazu.

„Wir haben festgestel­lt, dass wir uns Messi leisten können“Nasser Al-Khelaifi Präsident PSG

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FOTO: MICHEL EULER/AP Den Erfolg im Blick: PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi (vorne) schaut mit Sportdirek­tor Leonardo beim Training vorbei.

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