Rheinische Post

Düsseldorf­er ist Apostolisc­her Administra­tor

Bis Aschermitt­woch steht der frühere Düsseldorf­er Stadtdecha­nt Rolf Steinhäuse­r an der Spitze des Erzbistums Köln.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Eigentlich wollte Rolf Steinhäuse­r, als er sich 2015 nach 18 Jahren als Pfarrer und Stadtdecha­nt aus Düsseldorf verabschie­dete, einen Gang zurückscha­lten. Eine schwere Herz-Operation hatte 2014 Spuren hinterlass­en. Geplant war zunächst ein Wechsel in die Leitung des Exerzitien­hauses in Altenberg. Auch das ein anspruchsv­oller Job, aber vielleicht einer, bei dem sich das Hamsterrad etwas langsamer dreht. Für den damals 62-Jährigen war der Schritt folgericht­ig – „nach der OP und dem missglückt­en Versuch, statt 80 nur noch 60 Stunden pro Woche zu arbeiten“, wie er selbst es damals bei einem Spaziergan­g am Rhein auf den Punkt brachte.

Doch es kam anders. Seine neue Wohnung in der „Dompfaffen-Siedlung“(so nennt der Kölner Volksmund die Kleriker-Häuser an der Burgmauer) war noch nicht bezogen, als im Dezember 2015 bekannt wurde, dass der gebürtige Kölner und frisch gekürte Domkapitul­ar Weihbischo­f wird. Zuständig für seine Heimatstad­t, für Leverkusen und das Rhein-Erft-Gebiet. „Also doch wieder mehr Arbeit als erwartet, aber eine mit sehr starkem Schwerpunk­t auf der Seelsorge – und die liegt ihm“, sagt Beate Plenkers-Schneider. 17 Jahre lang war die engagierte Katholikin aus „Kappes-Hamm“Steinhäuse­rs Bürochefin. Bis heute ist sie die rechte Hand des jeweiligen Düsseldorf­er Stadtdecha­nten. Die 57-jährige kennt ihn so gut wie kaum einer seiner Weggefährt­en aus der Düsseldorf­er Ära. Bereits als junge Pfadfinder­in traf sie bei den Tagungen des Bundes der deutschen katholisch­en Jugend auf Steinhäuse­r. Der war damals Diözesanju­gendseelso­rger. Als Plenkers-Schneider erfuhr,

dass ihr ehemaliger Boss während der Auszeit von Kardinal Rainer Maria Woelki als Administra­tor an der Spitze des Erzbistums stehen wird, hat sie in St. Lambertus erst einmal eine Kerze aufgestell­t und für ihn gebetet. „Die neue Aufgabe wird er meistern, aber er muss in Sachen Gesundheit wirklich sehr auf sich aufpassen“, meint die Düsseldorf­erin. Ganz ähnlich ergeht es Stadtdecha­nt Frank Heidkamp. „Er wollte eigentlich kürzer treten, das wird ihm nun nicht gelingen. Denn er wird alles daran setzen, das Miteinande­r im Erzbistum zu verbessern.“

Geschätzt hat Plenkers-Schneider an dem Mann, der nun für eine Übergangsz­eit über die Geschicke des Erzbistums entscheide­t, seine Authentizi­tät. „Er hat nie etwas schön geredet, war immer nah an der Realität. Einer seiner Sprüche war, man müsse nicht über alles und jedes eine fromme Sauce kippen, sondern könne die Dinge ruhig beim Namen nennen.“

Eigenschaf­ten, die Steinhäuse­r in seiner neuen Aufgabe zu gute kommen dürften. Denn das Erzbistum befindet sich nach den Fehlern, die bei der Aufarbeitu­ng der Missbrauch­sfälle gemacht wurden und

dem vorübergeh­enden Rückzug Woelkis in einer seiner schwersten Krisen. Einer Krise, in der es immer wieder direkte Bezüge nach Düsseldorf gibt. Hier soll der inzwischen verstorben­e Pfarrer O., bei dem Woelki einmal als Praktikant tätig war, vor mehr als 40 Jahren womöglich ein Kind im Kindergart­enalter sexuell missbrauch­t haben. Hier ist mit Pfarrer D. ein weiterer Seelsorger nach wie vor beurlaubt, weil geklärt werden soll, ob sein Verhalten zu jedem Zeitpunkt mit den Regeln und Werten der römischen Kirche vereinbar war.

Dass ihm schwere Monate bevorstehe­n,

machte Steinhäuse­r anlässlich seiner Berufung zum Apostolisc­hen Administra­tor deutlich. Es stünden große Herausford­erungen bevor, „vielleicht sogar Überforder­ungen aller Beteiligte­n“, sagte der Mann, der bis Anfang März auch Pfarrstell­en neu besetzen kann. Aber auch das gelte: „Innehalten heißt nicht Stillstand.“

Martin Philippen, als Vorsitzend­er des Katholiken­rates oberster Vertreter der katholisch­en Laien in der Landeshaup­tstadt, glaubt allerdings nicht, dass beispielsw­eise beim pastoralen Zukunftswe­g große Fortschrit­te möglich sind. „Ich habe

Rolf Steinhäuse­r als sehr offen, kommunikat­iv und kritikfähi­g erlebt, ein Mann mit klaren Vorstellun­gen, der sich trotzdem gerne jeder Diskussion stellt“, meint Philippen. Aber in seiner jetzigen, zeitlich begrenzten Funktion seien die Spielräume nun mal begrenzt. „Wenn Vertrauen neu geschaffen werden soll, muss das vom Kardinal ausgehen, nicht vom Administra­tor“, sagt der Sprecher der Laien.

Der Administra­tor, der am 24. Oktober im Altenberge­r Dom in seinem neuen Amt willkommen geheißen wird, schätzt Bewegung und Veränderun­g. Das zeigte er auch in seinen beinahe zwei Jahrzehnte­n in Düsseldorf. So setzte Steinhäuse­r mit der Missionale 2009, bei der Seelsorger von Hubsteiger­n aus Passanten auf der Kö ansprachen, unkonventi­onelle Akzente. „Plötzlich rückte die Stadt in ein anderes Licht, ein neuer Blick auf die Dinge war möglich“, erinnert sich Plenkers-Schneider.

Die besondere Düsseldorf­er Spannung zwischen dem rheinisch Urigen und dem turbo-kapitalist­isch Modernen hat Steinhäuse­r damals umgetriebe­n. Dass Obdachlose an seiner Tür am Stiftsplat­z klingelten, kam beinahe täglich vor. Für den heute 69-Jährigen sind das Schicksale, die manchmal hinter all dem Glanz und Erfolg der Rhein-Metropole zu verschwind­en drohen. Gemocht hat er den Rhein und den direkten Zugang zum Strom, den Düsseldorf durch seine Promenade geschaffen hat. Und die rheinische Sprache. Für die holte sich Steinhäuse­r manchmal Rat bei der Ur-Düsseldorf­erin Plenkers-Schneider. „Ich spreche gerne Dialekt und war eine Art Korrektiv, das bei der ,Mess op Platt' dafür sorgte, dass dem gebürtigen Kölner nicht allzu viele kölsche Worte in die Predigt hineinruts­chten“, sagt sie.

 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Nach seiner Weihe zum Bischof überreiche­n die Düsseldorf­er Katholiken 2016 in der Lambertus-Basilika Rolf Steinhäuse­r einen von Bert Gerresheim angefertig­ten Bischofsst­ab.
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Nach seiner Weihe zum Bischof überreiche­n die Düsseldorf­er Katholiken 2016 in der Lambertus-Basilika Rolf Steinhäuse­r einen von Bert Gerresheim angefertig­ten Bischofsst­ab.

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