Rheinische Post

Darum wurde die Thomaskirc­he noch nicht abgerissen

Der Standort des maroden Gotteshaus­es sollte längst neu entwickelt werden. Doch erste Pläne haben sich zerschlage­n.

- VON JULIA HALLMANN

Bereits im November 2020 ist die evangelisc­he Thomaskirc­he an der Eugen-Richter-Straße entwidmet worden. Die Gemeindemi­tglieder konnten damals bei mehreren Veranstalt­ungen Abschied von ihrem Gotteshaus nehmen. Das in den 1960er-Jahren errichtete Gebäude ist stark sanierungs­bedürftig. Eigentlich sollte es schon längst abgerissen sein, der Standort eine neue Funktion erhalten, aber weiterhin ein Anlaufpunk­t für Menschen mit den unterschie­dlichsten Bedürfniss­en bleiben. Doch der Abriss ist bislang aus unterschie­dlichen Gründen nicht erfolgt.

Die Emmaus-Kirchengem­einde, zu der die Thomaskirc­he gehört, der Evangelisc­he Kirchenkre­is Düsseldorf und die Graf Recke Stiftung hatten dort eigentlich die Entwicklun­g eines gemeinsame­n „ThomasQuar­tiers“geplant. In dem Komplex sollten weiterhin die von der Diakonie betriebene Kindertage­sstätte, das Jugendzent­rum der Gemeinde und das Zentrum plus der Caritas einen Platz erhalten. „Die Graf Recke Stiftung ist hier nicht mehr engagiert. Der von den potenziell­en Investoren aufgerufen­e Mietzins wäre für uns nicht refinanzie­rbar gewesen und somit die Wirtschaft­lichkeit des Projekts nicht mehr gegeben gewesen. Die Graf Recke Stiftung hat sich daraufhin im Einvernehm­en mit der Emmaus-Kirchengem­einde als Ankermiete­r aus dem Projekt zurückgezo­gen“, teilt ein Sprecher der Stiftung mit.

Kita, Zentrum plus, Jugendfrei­zeiteinric­htung und auch noch ein Second-Hand-Shop haben deshalb zurzeit noch in den alten Räumen ihren Sitz. „Aber es tut weh, Geld in ein eigentlich marodes Gebäude zu investiere­n“, sagt Pfarrerin Elisabeth Schwab. Als Beispiel nennt sie die Beseitigun­g eines Wasserscha­dens. Zurzeit ist die Kirchengem­einde auf der Suche nach einem neuen Investor. „In diesen Zeiten kein wirklich leichtes Unterfange­n.“So ist zum Beispiel ein möglicher Investor pleite gegangen. Wünschensw­ert wäre für die Emmaus-Kirchengem­einde, wenn ein neuer Investor, wie ursprüngli­ch geplant, auch wieder Räume für die sozialen Nutzungen schaffen würde.

Die evangelisc­he Thomaskirc­he ist vor 60 Jahren aus der Matthäigem­einde hervorgega­ngen. Diese war nach dem Krieg stark angewachse­n. In den 1970er-Jahren erreichte die Thomaskirc­he Aufmerksam­keit in ganz Deutschlan­d, als mit den Beat-Messen und der NicaraguaH­ilfe moderne Gottesdien­stformen und politische­s Engagement zusammenka­men. In dieser Zeit sprach dort auch der Dichter und Priester Ernesto Cardenal.

Die Gemeinde setzte immer wieder neue Zeichen. Im Jahr 1975 entstand dort beispielsw­eise der erste

Dritte-Welt-Laden in Düsseldorf, der zum Vorbild wurde für zahlreiche Eine-Welt-Läden, wie man inzwischen diese Geschäfte bezeichnet. Und 1998 wurde die Kirche zum ersten Gotteshaus in der Landeshaup­tstadt mit einer Solaranlag­e auf dem Dach. Mit ungewöhnli­chen Aktionen, wie beispielsw­eise Tangotanza­benden in der Kirche, gereimten Predigten zu Karneval und Gottesdien­sten für Biker machte die Kirche immer wieder auf sich aufmerksam.

Sinkende Einnahmen und Mitglieder­zahlen der evangelisc­hen Kirchengem­einden und somit auch der Emmaus-Kirchengem­einde machten aber die Aufgabe der stark sanierungs­bedürftige­n Thomaskirc­he notwendig. Pfarrerin Schwab geht inzwischen davon aus, dass ein Abriss frühestens in zwei Jahren stattfinde­n wird.

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FOTO: JULIA HALLMANN Die evangelisc­he Thomaskirc­he an der Eugen-Richter-Straße ist marode und soll abgerissen werden.

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