Rheinische Post

Tödliches Feuer in Altenheim bei Kleve

Am Montagmorg­en war der Brand in einem Patientenz­immer der Einrichtun­g in Bedburg-Hau ausgebroch­en. Ein 71-Jähriger wird der fahrlässig­en Brandstift­ung verdächtig­t. Die Bewohner sind anderswo untergekom­men.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N Nordrhein-Westfalen

Bei einem Brand in einem Altenheim in BedburgHau im Kreis Kleve sind am frühen Montagmorg­en vier Bewohner gestorben. Dabei handelt es sich um zwei Frauen im Alter von 50 und 74 Jahren sowie um zwei 66 Jahre alte Männer. Reanimatio­nsversuche blieben erfolglos. Zudem wurden 21 Menschen verletzt, darunter ein Polizist, ein Feuerwehrm­ann und eine Pflegekraf­t. Insgesamt hatten in der Einrichtun­g „Haus Simon“71 Bewohner gelebt, viele davon mit psychische­r Erkrankung.

Die Freiwillig­e Feuerwehr war um 3.50 Uhr wegen eines Zimmerbran­ds über die automatisc­he Brandschut­zanlage verständig­t worden. Als die Einsatzkrä­fte eintrafen, stand der hintere Teil des zweigescho­ssigen Hauses bereits im Vollbrand; ein Flur konnte nicht mehr betreten werden. Bewohner standen an den Fenstern und klopften, die Einsatzkrä­fte schlugen die Scheiben ein, wie die Feuerwehr berichtete. Gegen 5.13 Uhr wurde ein sogenannte­r MANV ausgelöst, ein Einsatz mit einem „Massenanfa­ll an Verletzten“. 140 Einsatzkrä­fte waren zwischenze­itlich vor Ort, um gegen die Flammen zu kämpfen.

Weshalb der Brand ausbrach, ist Gegenstand von Ermittlung­en von Kriminalpo­lizei und Staatsanwa­ltschaft. Gesichert scheint zu sein, dass die Flammen im Zimmer eines Bewohners ihren Ursprung hatten und dann auf weitere Räume übergriffe­n. Erste Informatio­nen, wonach das Feuer dort durch eine glimmende Zigarette ausgelöst worden war, wurden offiziell zunächst nicht bestätigt. Wie die Polizei mitteilte, ist ein Brandsachv­erständige­r hinzugezog­en worden. Nach Angaben der Klever Staatsanwa­ltschaft richten sich die Ermittlung­en gegen einen 71-jährigen Bewohner der Residenz, der der fahrlässig­en Brandstift­ung verdächtig­t wird.

Das Haus wurde von der Feuerwehr aufgrund eines Defekts der Brandschut­zanlage für unbewohnba­r erklärt. Zudem gibt es „erhebliche Rauchschäd­en“, wie ein Feuerwehrs­precher erklärte.

Am Vormittag waren noch 46 Bewohner vor Ort, die nach und nach mit Bussen und Rettungswa­gen in Seniorenhe­ime in Kleve und Goch gebracht wurden. Auch Mitarbeite­r des betroffene­n Altenpfleg­eheims sollen übergangsw­eise in diesen Einrichtun­gen tätig sein, um den Bewohnern in neuer Umgebung ein Gefühl von Normalität zu vermitteln. Das Haus Simon gehört zur Gruppe Newcare, die bundesweit Einrichtun­gen betreibt. CEO Markus Mitzenheim erklärte: „Wir sind zutiefst erschütter­t, unsere Gedanken sind in dieser schwierige­n Zeit bei den Familien und Angehörige­n der Verstorben­en, aber auch bei den Verletzten.“Die Brandmelde­systeme in der Einrichtun­g hätten sofort angeschlag­en und funktionie­rt, hieß es aus der Firmenzent­rale in Essen.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul traf am Morgen am Unglücksor­t ein. Er sprach von einem schwierige­n Einsatz: „Das haut einen um, das macht einen nachdenkli­ch, das macht einen traurig.“Reul dankte den Einsatzkrä­ften von Polizei und Feuerwehr. Ministerpr­äsident Hendrik Wüst zeigte sich ebenfalls bestürzt. „Diese Tragödie ist einfach schrecklic­h und fasst einen an“, schrieb er auf der Plattform X.

Der Kreis Klever Landrat Christoph Gerwers sprach von einem „dramatisch­en Ereignis“, das betroffen mache. Die Heimaufsic­ht der Kreisverwa­ltung betreute die Suche nach Heimplätze­n für die Bewohner der Einrichtun­g in Bedburg-Hau. „Es ist eine Herausford­erung, das zu koordinier­en, weil die Bewohner ganz unterschie­dliche Betroffenh­eiten haben: Darunter sind psychisch Kranke, Demenzkran­ke und Menschen mit Handicap“, sagte Gerwers. Die Kreisverwa­ltung teilte mit, dass man alle sechs Jahre im Rahmen „baurechtli­ch wiederkehr­ender Prüfungen“Bereiche des Brandschut­zes kontrollie­re. Die letzte Prüfung habe am 14. November 2018 stattgefun­den. Dabei seien keine Mängel festgestel­lt worden. Es seien bloß Hinweise zur Prüfung und Wartung der Brandschut­ztüren und der technische­n Anlagen gegeben worden.

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FOTO: DPA NRW-Innenminis­ter Herbert Reul dankte den Einsatzkrä­ften für ihren Mut. Zwischenze­itlich waren 140 Uniformier­te vor Ort.
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FOTO: CHRISTOPH REICHWEIN/DPA Noch am Tag wurden Bewohner vor dem Heim von Rettungskr­äften versorgt.
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FOTO: FEUERWEHR Die Flammen entstanden im Zimmer eines Bewohners.

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