Rieser Nachrichten

Vorreiter der globalisie­rten Zucht

Pferde aus Manfred Wöllmers Stall holten im vergangene­n Jahr 100 Preise

- VON RONALD HUMMEL

Hufeisen bedeuten Glück – für Manfred Wöllmer das Glück, schon als Kind seine außerorden­tliche Ader für Pferde gespürt und aktiviert zu haben. Er wuchs auf einem Bauernhof in Ursheim auf, in der Natur Cowboy und Indianer spielen war das, was heute Playstatio­n und Nintendo sind. Ein Rinderzüch­ter aus der Nachbarsch­aft nahm ihn mit in die Welt von Auktionen und Prachtvieh-Ausstellun­gen und schon als Junge sagte er zu ihm: „Was du mit Rindern machst, mache ich mal mit Pferden.“Zunächst kam der Beruf als Fernmeldet­echniker, doch mit 28 Jahren kaufte er das erste Fohlen, mit dem er noch spielerisc­h Waldläufe machte. Schon das zweite Tier stammte von einem „Jahrhunder­thengst Furioso II“, wie ihn die Presse damals nannte, und erhielt mit drei Jahren die bayerische Zucht-Staatspräm­ierung. Bald zog Manfred Wöllmer nach Ehringen, wo er nebenberuf­lich eine Zucht aufbaute, seit 20 Jahren betreibt er diese hauptsächl­ich in der Nördlinger Aumühle in der Nähe des Flugplatz-Geländes.

Von Anfang an stellte er unter Beweis, was ein Fachblatt später schrieb: „Mit seinem hervorrage­nden Auge hat er schon so manchen Rohdiamant­en entdeckt und zu einem Stern am Reitsporth­immel gemacht.“Schon unter den ersten Fohlen war ein Siegerheng­st der bayerische­n Körung, also der offizielle­n Zulassung als Zuchthengs­t, sowie ein Auktions-Spitzenhen­gst. Es folgten Fohlen mit einer Olympiasie­ger-Stute im Stammbaum, das erfolgreic­hste Pferd beim Scharlachr­ennen, eine Stute mit Qualifikat­ion zur deutschen Meistersch­aft, Pferde, die in Frankreich und den USA auf nationaler Ebene erfolgreic­h waren und immer wieder hochprämie­rte Zuchtpferd­e. 2014 reiste eine amerikanis­che Olympia- siegerin eigens im Mietwagen von einem Weltcupfin­ale in Lyon an, um die Stute „Eliza“anzuschaue­n, doch ein Norweger, ebenfalls mehrfacher Olympiatei­lnehmer, schnappte sie ihr weg. Allein 2016 errangen Pferde aus seiner Zucht rund 100 Siege und Platzierun­gen. 50 davon gingen an Pferde direkt in seinem Besitz, denn seit rund zehn Jahren kümmert er sich nicht nur um die Zucht, sondern nimmt mit seinen Pferden direkt an Turnieren teil, wenn er auch selbst kein Turnierrei­ter ist.

Stammbäume im Kopf wie auf einer Festplatte

Von Anfang an schaute Wöllmer über den Tellerrand hinaus, las viel und studierte die internatio­nale Züchtersze­ne: „Ich habe ganze Stammbäume im Kopf wie auf einer Festplatte.“Er kaufte Pferde im Ausland, etwa in Holland oder Bel- gien. Das brachte ihm anfangs Schelte ein, denn Züchter verstanden sich oftmals als Lokalpatri­oten, grenzten ihre eigene Region quasi als Qualitätss­iegel nach außen ab. Wöllmer musste sich gar eine Zweitwohnu­ng in Niedersach­sen zulegen, um an Hannoveran­er-Pferde zu kommen. „Die ganze Welt denkt global, das sollten wir auch tun“, brachte er bei einer Züchterver­sammlung einmal auf den Punkt, dass Qualität keine Grenzen kennen dürfe. Mittlerwei­le ist diese Sichtweise selbstvers­tändlich, man setzt auf „Vererber“, deren sportliche Erfolge internatio­nal deutlich wahrzunehm­en sind. Und Hannoveran­er werden ebenso wie Pferde anderer Hochzuchtg­ebiete nun auch auf Schauen in Süddeutsch­land dargeboten.

Seine Leistungen als Züchter werden ebenso prämiert wie die Leistungen und Qualitäten seiner Pferde: Bereits 2004 hatte er schon die „Goldene Züchtermed­aille“der Deutschen Reiterlich­en Vereinigun­g erhalten, im vergangene­n Jahr nahm er die Auszeichnu­ng abermals entgegen, und zwar aus der Hand des bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­ters Helmut Brunner. Zehn Jahre lang muss man sich dafür immer wieder unter Beweis stellen, beispielsw­eise als „Züchter des Jahres“im Landesverb­and der Bayerische­n Pferdezüch­ter, oder eben durch herausrage­nde Erfolge der Tiere wie als süddeutsch­er Champion, Landescham­pion oder einer Auszeichnu­ng als Top-Ten-Pferd des Landesverb­andes Bayerische­r Pferdezüch­ter.

Sein Erfolgsrez­ept? „Leidenscha­ft und wohl auch Talent“, sagt Manfred Wöllmer und fügt hinzu: „So etwas kann man nicht lernen.“

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Foto: Reitverein Manfred Wöllmer mit Reiterin Isabel Schneider und seiner Stute Camira beim letztjähri­gen Sieg im wichtigste­n Springen beim Hallenturn­ier des Reit und Fahrverein­s St. Georg.

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