Nördlingen muss sparen
Oberbürgermeister Hermann Faul zieht Bilanz und prophezeit seiner Stadt eine schwierige Zukunft – obwohl das vergangene Jahr finanziell deutlich besser lief als erwartet
Als Oberbürgermeister Hermann Faul vor fast genau einem Jahr beim Nördlinger Neujahrsempfang ans Rednerpult trat, sprach er davon, dass die kommenden Jahre „alles andere als einfach“würden. Gestern stand Faul bei dem alljährlichen Termin erneut vor Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Bildung, Kirche und Ehrenamt. Das Thema Finanzen – auch diesmal unvermeidbar.
„Die kommenden Jahre werden uns finanziell das Äußerste abverlangen“, sagte der Nördlinger Rathauschef in seiner Rede und wählte damit noch drastischere Worte als zuletzt. Und das, obwohl das Jahr 2016 doch besser lief, als von den Verantwortlichen zunächst erwartet. Nach ersten Hochrechnungen habe die Stadt drei Millionen Euro mehr zur Verfügung gehabt als geplant. Das liege hauptsächlich an Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer, die um zwei Millionen Euro höher ausfiel als veranschlagt. Die „stabile und robuste Wirtschaft“habe die mit der Betriebsschließung der Firma Kathrein verbundenen Folgen „minimieren, wenn auch nicht kompensieren“können.
Die Tatsache, dass die Nördlinger Einwohnerentwicklung weiterhin positiv und die Zahl der 20 000 Einwohner im vergangenen Jahr wohl geknackt worden sei, wie Faul sagte, ging bei der Ansprache fast ein wenig unter. Auch damit verbundene Mehreinnahmen durch Grunderwerbssteuer und Einkommensteuer können der Erwartung nach ein Haushaltsdefizit in den kommenden Jahren wohl nicht verhindern. „Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem“, beurteilt Faul die finanzielle Lage seiner Stadt. Diese Zahlen nennt er seinen Zuhörern im Stadtsaal Klösterle: Während im vergangenen Jahr zunächst Schulden in Höhe von 600 000 Euro abgebaut werden konnten, muss die Stadt ihre Kasse bald wieder mit fremden Mitteln füllen. Faul rechnet mit einer Neuverschuldung in Höhe von 4,3 Millionen Euro bis Ende 2018.
Benötigt wird das Geld, um fest eingeplante Großprojekte zu finanzieren. Der Neubau der Eisenbahn- überführung in der Wemdinger Straße, der am 16. Januar beginnen soll, ist der teuerste Punkt auf der Liste. Für das Vorhaben „Wemdinger Tunnel“, insgesamt 18 Millionen Euro teuer, muss die Stadt finanziell in Vorleistung gehen. Die ebenfalls geplante Sanierung des Bahnhofsgebäudes und der Neubau von Sozialwohnungen auf dem ehemaligen Baywa-Gelände sind laut Faul Projekte, die sich erst auf lange Sicht lohnen.
Selbst wenn die Steuereinnahmen weiterhin hoch sind, bleibt die Lage dem Oberbürgermeister zu Folge mindestens schwierig. „Wir haben kaum noch Zinserträge, dafür aber viele Liegenschaften, um die wir uns kümmern müssen“, erläutert Faul. Gleichzeitig seien die Kosten für Breitbandausbau und die Sozialausgaben hoch, wegen einer dringend benötigten Erweiterung der Grundschule Nördlingen-Mitte kämen noch weitere Ausgaben hinzu.
Das alles hat zur Folge, dass Projekte, die nicht unausweichlich sind, zunächst auf die lange Bank geschoben werden müssen. Zusätzliche Vorhaben kann die Stadt „nur noch in begründeten Ausnahmefällen und nach reiflicher Überlegung der daraus resultierenden Folgen“angehen, sagte Faul in seiner Rede. Alles andere wäre mit Blick auf die mittelfristige finanzielle Handlungsfähigkeit „kaum vertretbar“.
Über mögliche Projekte diskutiert wird im laufenden Jahr dennoch. Zum Beispiel darüber, ob der Drogeriemarkt dm nun im EGMCenter einziehen darf oder wie der Einzelhandel gefördert werden kann. Was zu tun wäre, um die Parkplatzsituation in Nördlingen zu verbessern und wie Bürger bei den Straßenausbaubeiträgen beteiligt werden.
Auch beim Blick in die ferne Zukunft denkt Hermann Faul an die Finanzen. Sobald die schwierige Phase überwunden ist, müsse sich die Stadt daran machen, den Haushalt zu konsolidieren. Also die Finanzen der Stadt zu stabilisieren und Schulden abzubauen.
Zusätzliche Projekte „nur noch in Ausnahmefällen“