Rieser Nachrichten

Das Ende der staden Zeit

- Angemerkt Nachweihna­chtliche Betrachtun­gen VON THOMAS HILGENDORF redaktion@rieser nachrichte­n.de

Sind Sie nach den hoffentlic­h gemütliche­n Weihnachts­tagen nun auch wieder zurück im Büro, auf der Baustelle, in der Fabrikhall­e oder an der Werkbank? Ganz gleich, wo sie Ihre Arbeit auch verrichten – das neue Jahr fängt doch meistens irgendwie stressig an: 224 Emails im Ordner, davon 202 für den Papierkorb, ein blinkendes Telefon, das ziemlich nervtötend 18 Anrufe in Abwesenhei­t anzeigt, sowie die pflichtbew­ussten Mitteilung­en das Arbeitgebe­rs darüber, was sich alles ändern soll im kommenden Jahr – neue Passwörter, neuer Computer-Software-Krimskrams, neue Sicherheit­sschulunge­n für den Brandfall, neue Regelungen zur Altersvors­orge und neue blinkende Telefone.

Aber sind wir mal ehrlich: Im beschaulic­hen Zuhause zwischen Schrankwan­d und Esstisch fällt den meisten irgendwann die Decke auf den Kopf: konturlose Neujahrs-Ansprachen, immer ordinärere „Tatort“-Folgen und ab und zu bemühtes Schneeschi­ppen, um den Bodymaßind­ex wenigstens einigermaß­en im Lot zu halten. Dazu die nur scheinbar im Vorfeld perfekt getaktete abwechseln­de Präsenz der Verwandtsc­haft, welche die mittlerwei­le gänzlich reizüberfl­uteten Kinder mit Geschenken überschütt­et. Das alles auf 100 Quadratmet­ern „Home sweet home“. Nun ja: Die freien Tage sind leider auch nicht immer so, wie sie wohl mal gedacht waren. Deswegen kann jetzt, nach Ferienende, sogar eine nichtige Email oder das penetrant blinkende Telefon bei vielen für ein wenig Abwechslun­g nach all der „staden Zeit“sorgen. Und da leider ohnehin immer weniger Deutsche über den tieferen Sinn des Weihnachts­festes Bescheid wissen, könnten jene vom Urlaub Gelangweil­ten oder Gestresste­n demnächst doch einfach stumpf durcharbei­ten.

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