Glandorf in der Jokerrolle
Deutsche Mannschaft gibt sich vor dem Auftakt selbstbewusst und hat einen Weltmeister in der Hinterhand
Die deutschen Handballer sind vor der WM längst kein Geheimtipp mehr. Und auch die Spieler der DHB-Auswahl wissen, dass sie am Mittwoch als eines der nominell stärksten Teams der Welt zu dem Turnier nach Frankreich reisen werden. „Natürlich will ich jetzt Weltmeister werden“, sagt nicht nur Torhüter Andreas Wolff. Vor gut einem Jahr war er für ähnlich ambitionierte Sätze vor der Europameisterschaft noch belächelt worden. Dann holte das Team von Bundestrainer Dagur Sigurdsson sensationell den Titel.
Und die deutsche Rolle in der Handball-Welt veränderte sich. „Wir gehören in Frankreich zu einem Kreis von sechs Mannschaften, die bei der WM zu den Favoriten zählen. Den Anspruch haben wir nun einfach“, sagt Rückraumspieler Paul Drux. Wie gut er und die DHB-Auswahl auch aktuell drauf sind, wurde bei den Siegen in der WM-Vorbereitung gegen Rumänien (30:21) und Österreich (33:17) deutlich. Zwar seien die Österreicher am Montagabend in Kassel in den ersten 15 Minuten stärker gewesen, sagte Sigurdsson. „Dann haben wir sie aber über die Breite des Kaders und mit vielen Emotionen überrannt.“
Dabei werden dem Isländer im ersten WM-Spiel am Freitagabend (17.45 Uhr) gegen Ungarn mal wieder zahlreiche Stammkräfte fehlen. Erfahrene Topleute wie Steffen Weinhold, Martin Strobel oder Hendrik Pekeler fallen verletzt oder aus Belastungsgründen aus. Bei den Gruppenspielen in Rouen muss Sigurdsson auf einen komplett neu formierten Rückraum setzen. Wenn es in die heiße Phase des Turniers geht, könnte er aber auf einen erfahrenen Joker setzen. Weltmeister Holger Glandorf hatte gegen Österreich nach über zwei Jahren sein überraschendes Comeback im Nationaltrikot gefeiert – trat nach dem Spiel aber direkt wieder die Heimreise an. Vorerst. „Wir hätten nix dagegen gehabt, wenn er direkt mit uns nach Frankreich gefahren wäre. Ich denke, dass er uns helfen kann“, sagte Mitspieler Julius Kühn. Der 33-Jährige wird sich aber nun zunächst mit der SG Flensburg-Handewitt auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereiten. „Wenn etwas passieren sollte, steht ich parat“, betonte Glandorf. Eine Rückholaktion des Altstars für die intensive K.o.-Phase könnte dem jungen deutschen Team einen zusätzlichen Schub geben.
Ob die Fans die Spiele der deutschen Mannschaft im Internet sehen können, ist noch nicht sicher. Die Medienanstalten prüfen, ob die Übertragung durch die Deutsche Kreditbank (DKB) rechtlich erlaubt ist. Dabei sei zu klären, ob es sich bei dem Livestream-Angebot der Bank um Rundfunk handele, sagte Anneke Plaß, die Sprecherin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Außerdem müsse geklärt werden, ob für diesen Fall eine Lizenz nötig sei. Bis wann die Klärung abschlossen sein wird, war noch unklar.
Der ehemalige Bundestrainer Heiner Brand sieht durch die geplante Internet-Übertragung gerade das ältere Publikum außen vor. Dass die Spiele lediglich via Stream übertragen werden sei für die „ältere Generation keine Alternative“.