Spanien wird zum Krisengewinner
Der Tourismus des Landes profitiert von der Terrorangst der Europäer. Das Land gilt als sehr sicher. Auf Teneriffa oder Gran Canaria sind deshalb die Hotels voll
Madrid ziemlich friedliches Reiseziel zu sein. Das südeuropäische Königreich hat längst begriffen, dass die Sicherheit die beste Werbung ist und wurde so zum großen Krisengewinner am Mittelmeer.
Der spanische Reiseverband Exceltur sprach von einem „Tsunami“von Touristen, die 2016 lieber nach Spanien als in andere Mittelmeerländer reisten, um dort ihre Ferien zu verbringen. „Geliehene Urlauber“seien das, sagen Branchenexperten. Also Touristen, die ihren angestammten Reiseländern Türkei, Tunesien, Ägypten oder auch Frankreich vorerst den Rücken zukehrten, weil sie nach den dortigen Terroranschlägen Angst vor weiterer Gewalt haben.
Spanien konnte sich im vergangenen Jahr über einen Zuwachs von rund zehn Prozent ausländischen Feriengästen freuen. Nach Schätzung von Exceltur kamen 2016 insgesamt nahezu 75 Millionen internationale Urlauber nach Spanien. Vor allem Briten, Franzosen und Deutsche fliegen auf das Land. Der Tourismus ist mit wenigstens zwölf Prozent des Bruttoinlandsproduktes der Motor der spanischen Wirt- schaft und des Arbeitsmarkts. Nun rentiert es sich für das Königreich, dass es schon länger keinen Terroranschlag mehr erlebte. Zuletzt hatten baskische Terroristen im Jahr 2009 auf Mallorca zwei Polizisten mit einer Autobombe getötet. Islamistische Terroristen schlugen zum letzten Mal 2004 zu: Damals sprengte ein Kommando in Madrid vier Vorortzüge in die Luft und tötete 191 Menschen.
Spaniens Regierung versucht mit einem gigantischen Sicherheitsaufgebot dafür zu sorgen, dass es ruhig bleibt. „Wir sind vorbereitet“, lautet die Botschaft an Bewohner und Urlauber. Auf Airports, Bahnhöfen, Einkaufszentren und in Tourismusorten wurde die Polizeipräsenz sichtbar erhöht. Es gilt seit Sommer 2015 die zweithöchste Terrorwarnstufe 4, weil auch gegen Spanien neue Drohungen von Fundamentalisten auftauchten.
Im Frühjahr 2016 hatten auf Mallorca vorübergehend die Alarmglocken geschrillt, weil in Palma ein Terrorverdächtiger verhaftet worden war. Ein 26-jähriger Marokkaner soll Kämpfer für die IS-Terrormiliz angeworben haben. Offenbar ein Einzeltäter, der nach offizieller Einschätzung noch keine Terrorzelle bilden konnte und noch keine konkreten Anschlagspläne hatte. In ganz Spanien wurden in den letzten 18 Monaten 175 mutmaßliche Islamisten festgesetzt.
Doch auch das sei kein Grund zur Sorge, heißt es im Innenministerium in Madrid. Vielmehr signalisiere dies, dass die spanische Polizei äußerst wachsam sei und die angeordnete verschärfte Überwachung der Islamistenszene Wirkung zeige. Wenn es gelingt, diese Ruhe zu sichern, gibt es wenig Zweifel, dass Spanien auch 2017 alle TouristenRekorde bricht.