Vom Nachbarn verprügelt
Ein 58-Jähriger rastet aus und schlägt einen Bekannten krankenhausreif. Vor Gericht will er davon nichts wissen
Sachbeschädigung, Körperverletzung, Freiheitsberaubung – die Vorwürfe gegen den Angeklagten vor dem Nördlinger Amtsgericht wiegen schwer. Doch der 58-Jährige aus dem südlichen Donau-Ries–Kreis möchte von alldem nichts wissen. „Das stimmt alles nicht“, sagt er gleich zu Beginn der Verhandlung: „Ich bin ein unbescholtener Bürger.“
An einem Nachmittag im Februar 2016 soll der Angeklagte zusammen mit einem 52-jährigen Bekannten aus der Nachbarschaft in seinem Haus Alkohol getrunken und sich unterhalten haben. Als das Gespräch dabei auf die Exfreundin des Angeklagten fiel, sei der Mann ausgerastet, berichtet das Opfer: „Plötzlich spürte ich, wie er mir mit einem stumpfen Gegenstand gegen den Kopf schlug.“Der 52-Jährige berichtet, er sei daraufhin zu Boden gefallen, doch der Angeklagte habe dennoch nicht von ihm abgelassen. „Ich war außer Gefecht.“Immer wieder habe der Mann ihn mit den Füßen getreten, bis seine linke Schulter gebrochen und mehrere Rippen angebrochen waren. Als der Angeklagte schließlich von ihm abließ, habe er sich mit letzter Kraft die Treppe hinunter gerettet. Um zu verhindern, dass sein Opfer entkommt, habe der Angeklagte die Haustüre verschlossen. Dann soll er die Uhr und eine Mütze des 52-Jährigen genommen und in den brennenden Schwedenofen geworfen haben. Anschließend soll der Mann sein Opfer über eine halbe Stunde lang auf der Toilette eingesperrt haben.
Auch seine Exfreundin habe der Angeklagte einmal „über Stunden“eingesperrt, berichtet das Opfer. Beim Gespräch an jenem Tag im Februar habe er dem 58-Jährigen klar- machen wollen, dass die Frau seither nichts mehr von ihm wissen möchte. Daraufhin sei der Angeklagte ausgerastet.
Vorwürfe, von denen der 58-jährige vor Gericht nichts wissen möchte: „Ich kann nur sagen, dass ich unschuldig bin.“Der 52-jährige sei schwer alkoholkrank und verletze sich bei Unfällen häufiger selbst. Schon öfter sei er betrunken die Treppe hinunter gestürzt. Seinen Führerschein habe der Mann schon vor Jahren wegen Trunkenheit abgeben müssen und auch auf dem Rad sei er mehrmals stark alkoholisiert kontrolliert worden. „Es ist jedem bekannt, dass er ein Alkoholiker ist“, sagt der Angeklagte. Dies bestätigte auch die Aussage eines Freundes des Angeklagten. Er spricht von einem „Rachezug“des Opfers. Eigentlich seien der Angeklagte und der 52-Jährige Freunde gewesen, berichtet der Zeuge. Doch seit der 58-Jährige das Alkoholproblem des Opfers offen angesprochen und ihm den Zugang zum Bier in seinem Keller verweigerte habe, sei die Freundschaft vorüber.
Entscheidend für das Urteil von Richterin Andrea Eisenbarth ist die Aussage der Exfreundin des Angeklagten. Denn am Abend nach der Tat habe sie sich um den 52-Jährigen gekümmert, der sich erst Tage nach dem Vorfall zur Behandlung in die Klinik begab. Zusammen seien sie im Haus des Opfers gewesen, als der Angeklagte plötzlich vor der Terrasse gestanden habe. „Er wollte sich entschuldigen“, sagt die Zeugin. Doch das Opfer habe diese Entschuldigung nicht annehmen wollen. „Wer nichts getan hat, braucht sich auch nicht zu entschuldigen“, sagt die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. An der Aussage des Opfers habe sie keine Zweifel, auch wenn der Mann ein Alkoholproblem habe. Zudem seien die Aufnahmen der Verletzungen eindeutig. Weil er noch keine Vorstrafen hat, verurteilte Eisenbarth den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 2400 Euro (120 Tagessätze à 20 Euro). Zudem muss er die Kosten des Verfahrens tragen.