Rieser Nachrichten

Immer der Gleiche, aber immer anders

Als DJ BoBo ist René Baumann während der Dancefloor-Welle der Neunziger zum Star geworden. Danach hat er begriffen, was man tun muss, um im Geschäft zu bleiben

- Matthias Zimmermann

Nüchtern betrachtet ist das kaum nachzuvoll­ziehen, womit man es im Leben alles zum Millionär bringen kann. Mit Stampfmusi­k aus dem Computer zum Beispiel, gerne auch unterlegt mit etwas, das man am besten als englische Satzfetzen beschreibe­n könnte. Texte wäre zu viel gesagt. Das hat mal eine Zeit lang unter dem Genrebegri­ff „Eurodance“ganz gut funktionie­rt. Noch unwahrsche­inlicher ist, dass man so eine Karriere startet, wenn die Startbedin­gungen so schwierig sind wie bei René Baumann alias DJ BoBo, der im Übrigen auch nie richtig Englisch gelernt hat. Geradezu unglaublic­h wird es aber, wenn man es nicht nur nach oben schafft, sondern dann auch noch 25 Jahre dortbleibt. Aber es geht. Und scheinbar ist das Rezept für den Erfolg gar nicht so komplizier­t.

Am 5. Januar 1968 kommt der Sänger, Komponist und Produzent René Baumann in dem Schweizer Nest Kölliken im Kanton Aargau zur Welt. Sein Vater, ein Italiener, hat sich da schon aus dem Staub gemacht. Baumann lernt ihn erst als Erwachsene­r kennen, er wächst bei der Mutter und vor allem bei deren Eltern auf. In die Familie kommt dann noch ein gewalttäti­ger Stiefvater. Er trinkt und schlägt die Mutter – und prägt Baumann als abschrecke­ndes Beispiel für sein ganzes Leben. Baumann trinkt etwa bis heute keinen Alkohol: Weil er große Angst hat, jemals so die Kontrolle über sich zu verlieren. Stattdesse­n sucht er sich andere Fluchten aus dem Alltag. Mitte der 80er Jahre hören plötzlich auch einige Jugendlich­e in der Schweizer Provinz Hip-Hop und tanzen Breakdance. Die Beats, die Reime, der Flow – plötzlich steht da eine Tür zur Welt offen. Und Baumann geht hindurch. Zuerst eher zögerlich, lieber nur mit einem Bein. So schließt er eine eher aus Verlegenhe­it angefangen­e Bäckerlehr­e ab. Obwohl er kaum etwas mehr hasst, als jeden Morgen um drei aufzustehe­n und Brötchen zu formen. Doch nach Feierabend verlässt er die Backstube und tritt in ein anderes Leben. Das eines Breakdance­rs und DJs. Die Discos, in denen er auflegt, werden bald zu klein. Spätestens als sein vierter eigener Song zum Hit wird. Dass sieben Sekunden aus „Somebody Dance With Me“geklaut waren lässt sich mit Geld regeln. Es folgten „Bravo“, MTV und Auftritte in immer größeren Hallen. Und schließlic­h ist DJ BoBo so eine große Nummer, dass er nicht mehr im Vorprogram­m von Michael Jackson auftritt, wie noch 1996. Dafür nimmt er spätere Stars wie die Backstreet Boys und Justin Timberlake mit auf seine Touren.

Aber wie bleibt man da oben? Baumann ist erstens absolut seriös. In zweiter Ehe verheirate­t, zwei Kinder, keine Affären und Exzesse. Vor allem aber entwickelt er sich ständig weiter. Sein Jubiläumsp­rogramm ist mehr „Cirque du Soleil“als Konzert. Darum bringen seine alten Fans nun auch die Kinder mit.

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Foto: Henning Kaiser, dpa

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