Ein Job für Lorant
Unter den Berufszielen junger Leute rangiert der FußballProfi noch immer deutlich vor dem Bundespräsidenten und dem Bäcker. Das überrascht ein wenig, weil die Arbeitsagenturen im Zuge der Berufsberatung weitgehend darauf verzichten, den Jugendlichen den kürzesten Weg zum FC Bayern und in die Nationalmannschaft aufzuzeigen.
Andererseits ist das zu begrüßen, weil die Fußballer-Karriere, genauso wie das Amt des Bundespräsidenten, ins Desaster führen kann. Wir kommen darauf, weil Werner Lorant gerade einen neuen Vertrag als Trainer des österreichischen Viertligisten Union Hallein unterschrieben hat. Ob sich die abstiegsbedrohten Halleiner darüber freuen können, wird sich zeigen.
Lorant, der als gefürchteter Defensiv-Akteur viele Schneisen durch gegnerische Angriffsformationen geschlagen hat, erwarb sich später als Trainer-Legende der Münchner Löwen den Beinamen „beinhart“. Inzwischen ist er 68. Das Nikotin und der aufreibende Job haben dafür gesorgt, dass er keinen Tag jünger aussieht. Trotzdem muss Lorant auch als Rentner noch arbeiten. Von seinen ProfiEinkünften ist wenig geblieben. Sie verschwanden in Ost-Immobilien und einer spanischen Villa.
Zuletzt arbeitete er als Coach des TSV Waging, an dessen gleichnamigem See er zeitweise in einem Wohnwagen lebte. Der kurze Weg zum Arbeitsplatz ist zweifellos hoch einzuschätzen. Verliert aber an Wert, wenn der Arbeitgeber ein siebtklassiger Bezirksligist ist. Immerhin kann sich Lorant mit Österreich trösten. Thomas Häßler dagegen, Weltmeister und einst einer der feinsten Kicker des Landes, muss zum Broterwerb in den australischen Dschungel. Auch Häßler braucht Geld. Dafür lässt er sich Fischabfälle und Maden vorsetzen. Häßler ist der bislang Letzte einer Reihe von Fußball-Profis, die nach ihrer Karriere zum Grausen des Fernsehpublikums Würmer kauten. Mit einer solchen Perspektive vor Augen sollten junge Menschen überlegen, wie sie Bundespräsident oder Bäcker werden können.