Hollywoods großer Schwabe
Carl Laemmle war ein Pionier des Films
Laupheim/Los Angeles Seinen Namen spreche man „Lem-lee“aus, heißt es erklärend auf der Webseite des berühmten Universal Studios. Gemeint ist Carl Laemmle, der 1912 eines der größten Studios Hollywoods aus dem Boden stampfte. Sein Name ist heute noch an vielen Stellen in Los Angeles zu sehen, etwa am Eingang eines riesigen Bürohauses auf dem Studiogelände in Universal City. Oder in geschwungener Schrift an den acht Lichtspielhäusern der „Laemmle Theatres“-Kette im Raum Los Angeles. „Laemmle“stehe für großartige, unabhängige Art-House-Filme, wirbt das Kino-Unternehmen, das heute noch von Laemmles Nachfahren betrieben wird. Der deutsche Film „Toni Erdmann“steht dort in Kürze auf dem Programm.
Vor 150 Jahren, am 17. Januar 1867, kam Karl Lämmle als zehntes Kind einer jüdisch-schwäbischen Familie in Laupheim bei Ulm auf die Welt. Mit 17 Jahren wanderte er nach Amerika aus, hielt sich mit Jobs über Wasser, arbeitete lange im Textil-Business und stieg erst mit knapp 40 Jahren ins Filmgeschäft ein – eine amerikanische „Tellerwäscher“-Karriere. 1912 gründete er zusammen mit anderen Universal. Zunächst in New York, wurde die Produktion 1915 ins wärmere Kalifornien verlegt.
Tausende Filme produzierte Laemmle in seinem Leben – bis 1936, als er Universal verkaufen musste. Aus Laemmles Filmstudios stammen Kinohits wie „Der Glöckner von Notre Dame“, „Dracula“und der mit zwei Oscars ausgezeichnete Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“(1930). Als Laemmle 1939 mit 72 Jahren in Beverly Hills stirbt, trauert Hollywood um den beliebten „Uncle Carl“. Der gerade einmal 1,52 Meter große Schwabe, der sich gerne mit Stock, Hut und Nadelstreifenanzug in der Öffentlichkeit zeigte, war als Wohltäter bekannt.
Seiner Heimat Oberschwaben war er sein Leben lang verbunden geblieben – auch als er dort in den 1930er Jahren angefeindet und als „übler Filmjude“beschimpft wurde. In seinen letzten Lebensjahren wurde er zum Retter etlicher deutscher Juden vor den Nazis. Hunderten stellte er Bürgschaften aus, die ihnen die Einreise in die USA ermöglichten. Im vorigen Jahr wurde Laemmle posthum vom jüdischen Simon Wiesenthal Center für seinen Einsatz geehrt.
Der 150. Geburtstag wird auch in seiner Heimat groß gefeiert. Am heutigen 17. Januar eröffnet in Laupheim die Ausstellung „Carl Laemmle Reloaded“, in der 32 Künstler Leben und Wirken des Filmpioniers interpretieren (Museum Schloss Großlaupheim, bis 21. Mai). Das Stuttgarter Haus der Geschichte Baden-Württemberg würdigt die Kinolegende seit Dezember bereits mit der Ausstellung „Ein jüdischer Schwabe erfindet Hollywood“. Laemmles Vorliebe für Torten wird an seinem heutigen Jubiläumstag übrigens mit einer 150 (amerikanische) Pfund schweren Torte gefeiert. Denn so hatte Laemmle einst in Hollywood seine Geburtstage begangen: mit einer Torte, die stets so viele USPfund wog, wie es seinem Alter entsprach.