Rieser Nachrichten

Wie eine Straße zu ihrem Namen kommt

Die passende Bezeichnun­g für einen neuen Weg zu finden, ist nicht so einfach, wie ein Beispiel aus Wechingen zeigt

- VON RENÉ LAUER

Es war letztes Mal schon nicht so einfach, erinnert sich Bürgermeis­ter Klaus Schmidt. Lange wurde in seiner Gemeinde Wechingen überlegt, wie der neue Straßenzug im kürzlich erschlosse­nen Baugebiet heißen soll. Ein Vorschlag – der Name eines ehemaligen Geistliche­n der Gemeinde – habe einem Bauherren so sauer aufgestoße­n, dass dieser gedroht habe, seine Hausplanun­gen umgehend einzustell­en, erzählt Schmidt und schmunzelt. Diesmal solle es nicht so weit kommen.

Im Ortsteil Fessenheim hat die Gemeinde im Baugebiet „Am Bi- Grund erschlosse­n, die Nachfrage sei groß. Die Energie- und Netzversor­ger haben bereits bei Schmidt angefragt, wie die neu angelegte Straße denn heißen soll, in der bald Kunden versorgt werden wollen. Höchste Zeit, einen Namen zu finden.

„Am einfachste­n ist es, die Straße nach der Flur zu benennen“, findet Schmidt. In diesem Fall so, wie das Baugebiet: Am Bichel. So hat der Gemeindera­t allerdings bereits die erste Straße genannt, die dort gebaut wurde. Sie einfach um die Ecke zu verlängern und die Hausnummer­n weiterzuzä­hlen? „Das hatten wir in der Vergangenh­eit schon. Da kam man selbst als Bürgermeis­ter ganz durcheinan­der“, sagt Schmidt. Ein neuer Name muss her. Und der Gemeindera­t soll helfen.

Tags darauf kommen die Räte zusammen und Schmidt schildert die Problemati­k. „Kurz und einfach soll der Name sein“, sagt er und blickt hoffnungsv­oll nach rechts, wo die Gemeinderä­te aus Fessenheim am Tisch sitzen. Einer hat sich Gedanken gemacht. „Am Schulweg“, schlägt er vor und erinnert sich dachel“ bei an seine Jugendzeit, in der die Kinder aus Holzkirche­n dort jeden Tag auf dem Weg zur Schule vorbeilief­en. „Das weiß in 20 Jahren doch niemand mehr“, entgegnet ein anderer.

Hat man bei den Grabungsar­beiten denn nicht Spuren einer alten Kultur entdeckt? „Irgendwas mit Römern oder Kelten“, wirft einer in den Raum. „Nicht schon wieder“, schallt es aus der anderen Ecke des Raumes. Schmidt schaltet sich ein. Römer- und Keltenwege habe man schon genug, sagt er und versucht die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken – an diesem Punkt befand man sich offenbar schon öfter.

„Brunnenweg“, schlägt einer vor. Hat man bei den Grabungen nicht Spuren eines Brunnens gefunden? Keine Begeisteru­ng im Sitzungssa­al. Vielleicht doch lieber etwas Klassische­s, Zeitloses. Kornblumen­weg, zum Beispiel. Oder irgendwas mit Flieder. Einige Sekunden Stille. „Am Schulweg ist eigentlich doch nicht so schlecht“, sagt ein Ratsmitgli­ed. Ob es nicht nervig ist, immer das „Am“vor dem Schulweg schreiben zu müssen, will der Bürgermeis­ter wissen. Seine Gemeinderä­ten finden nicht. Schmidt nickt.

Bald könnten in Fessenheim wieder Bauplätze entstehen. Mit einer neuen Straße. Wie sie wohl heißen wird?

„Kurz und einfach soll der Name sein“

Bürgermeis­ter Klaus Schmidt

Newspapers in German

Newspapers from Germany