Rieser Nachrichten

Wie es mit Wöhrl weitergeht

Das insolvente bayerische Modehaus will bald einen Investor präsentier­en. Auch die Familie gehört zum Kreis der Bieter. Was Unternehme­ns-Chef Andreas E. Mach sagt

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Herr Mach, die Frist für das insolvente Modehaus Wöhrl läuft ab. Ende Januar muss ein Investor gefunden sein. Sie haben den Posten des Vorstandsv­orsitzende­n in dieser schwierige­n Lage übernommen. Mit wie vielen Interessen­ten verhandeln Sie noch? Andreas E. Mach: Aktuell liegen uns Angebote von drei Investoren­gruppen vor. Aber ich darf Sie korrigiere­n: Eine Frist läuft nicht ab. Unsere Geschäfte laufen gut, die Restruktur­ierungsmaß­nahmen greifen, im letzten Quartal 2016 haben wir einen ordentlich­en Gewinn gemacht. Die Gerüchtekü­che kocht. Neben der Modehauske­tte Röther sollen sich Vertreter der Familie zusammenge­tan und ein Angebot vorgelegt haben. Es soll sich um Enkel von Firmengrün­der Rudolf Wöhrl handeln. Ist das richtig? Mach: Unter den drei uns vorliegend­en Angeboten kommt eines aus der verzweigte­n Familie Wöhrl. Das stimmt. Auch einer der beiden Söhne des Gründers, Hans Rudolf Wöhrl, soll Interesse gezeigt haben. Doch die von ihm und seinen Partnern aufgebrach­ten 15 Millionen

sollen nicht gereicht haben. Auch sei er erschrocke­n gewesen, wie viel Geld für die Sanierung nötig ist. Mach: Also im Gespräch mit mir zeigte sich Hans Rudolf Wöhrl nicht erschrocke­n. Er war vielleicht erstaunt, wie lange es im Unternehme­n versäumt wurde, in die Filialen und Sortimente zu investiere­n. Das Management des Unternehme­ns hat sich bedauerlic­herweise viel zu lange mit Expansions­plänen und Zukäufen beschäftig­t, sich aber zu wenig um den Kern gekümmert, der Wöhrl stark macht: qualitätsv­olle Mode zu guten Preisen an etablierte­n Standorten zu bieten, gewisserma­ßen als das große Modehaus in meiner Heimat. Wie viel muss ein Investor mitbringen?

Mach: Wir haben immer gesagt, dass ein Investor einen zweistelli­gen Millionenb­etrag mitbringen muss. Daran hat sich nichts geändert. Ein Teil davon wird an die Gläubiger fließen, der andere muss in die Modernisie­rung gesteckt werden. Die Gläubiger sollen aber gar nicht an einer Fortführun­g des Traditions­unternehme­ns interessie­rt sein. In Medienberi­chten ist zu lesen, dass die Banken und die Bundesagen­tur für Arbeit eine Zerschlagu­ng favorisier­en.

Mach: Ich weiß wirklich nicht, woher dieses Gerücht kommt. Die Gläubigerv­ersammlung tagt am 31. Januar. Der Gläubigera­usschuss trifft sich monatlich. Das sind streng vertraulic­he Runden. Dennoch kann ich sagen: Ich kenne niemanden, der Wöhrl zerschlage­n will. Aber das Geld scheint knapp zu sein. Stimmt es, dass Wöhrl nicht genügend finanziell­e Mittel hat, um die Herbstund Winterkoll­ektionen zu bestellen?

Mach: Es sind gerade leider viele Gerüchte im Umlauf, die überhaupt nicht stimmen. Das Geld ist nicht knapp. Ganz im Gegenteil. Der Gläubigera­usschuss hat den Vorstand ermächtigt, alle Bestellung­en für Herbst und Winter durchzufüh­ren. Im Übrigen stehen wir wirtschaft­lich so gut da, dass auch ohne Investor das ganze Geschäftsj­ahr 2017 durchfinan­ziert wäre. Wie laufen denn die Geschäfte aktuell?

Mach: Wir sind sehr zufrieden. Wir blicken auf ein ausgesproc­hen lebhaftes Weihnachts­geschäft zurück. Außerdem kaufen wir seit Oktober zusätzlich zu unserem Sortiment internatio­nale Markenmode dazu, die bisher nicht in all unseren Filialen zu

finden war. In dieser Woche haben wir auch einen neuen Katalog auf den Markt gebracht, die Ware wird sehr gut angenommen. Was muss der neue Investor als Erstes machen? Mach: Wir stehen in einem ausgesproc­hen schwierige­n Umfeld. Auf der einen Seite investiere­n Modeanbiet­er kräftig in ihre Standorte, um gerade die jungen Kunden zu binden. Auf der anderen Seite haben wir im Internet sehr erfolgreic­he Anbieter, die Angebote für alle Altersgrup­pen bieten. Ich sage ja immer: Wir müssen uns zwischen Zara und Zalando behaupten. Ist das überhaupt noch möglich?

Mach: Ja, sicher. Zwei Punkte gilt es zu beachten: Die Sortimente müssen so attraktiv sein, dass die Kunden einen Grund haben, zu Wöhrl zu kommen. Unsere Sortimente müssen überrasche­n und inspiriere­n, das ist wahnsinnig wichtig. Zweitens: Die Präsentati­on muss so sein, dass sich Kunden gerne bei uns in den Häusern aufhalten. Das Augsburger Haus ist übrigens auf einem sehr guten Weg. Im Dezember habe ich es besucht und viel Grund zum Loben

gefunden. Das Haus ist viel frischer und freundlich­er geworden. Kunden haben mir das auch bestätigt. Die Gewerkscha­ft Verdi meldet, dass es nur durch ihren Einsatz gelungen sei, dass allen 100 Beschäftig­ten, die von der Schließung der Häuser in München, Roth und Nürnberg betroffen waren, nicht gekündigt worden ist.

Mach: Diese Meldung hat uns sehr geärgert. Dies entspricht nämlich auch nicht der Wahrheit. Die Übernahme der 100 Beschäftig­ten war von Anfang an geplant. Bereits im Oktober vergangene­n Jahres hat der Vorstand erklärt, dass den Mitarbeite­rn die Möglichkei­t eingeräumt wird, sich auf freie Stellen in benachbart­en Filialen zu bewerben. Außerdem war es von Beginn des Insolvenzv­erfahrens an das erklärte Ziel des Vorstands, das Unternehme­n möglichst als Ganzes zu erhalten und so viele Arbeitsplä­tze wie möglich zu sichern. Bis jetzt musste von den rund 2000 Mitarbeite­rn gerade mal 30 gekündigt werden. Wenn man bedenkt, wie einschneid­end das Restruktur­ierungspro­gramm ist, in dem wir uns befinden,

Wie viel Geld muss der neue Investor mitbringen? Wie sicher sind die Jobs an den Standorten?

dann ist diese Zahl sehr klein. Uns ist wirklich jeder einzelne Arbeitspla­tz und jeder Mitarbeite­r wichtig. Ein einschneid­endes Restruktur­ierungspro­gramm bedeutet aber oft einen weiteren Stellenabb­au. Wie sicher sind die Jobs bei Wöhrl?

Mach: Nach dem heutigen Stand der Erkenntnis­se müssen die Beschäftig­ten in keiner Filiale Angst um ihre Arbeitsste­lle haben. Wir planen keine weitere Schließung von Häusern. Interview: Daniela Hungbaur O

Zur Person Andreas E. Mach ist seit 2015 im Aufsichtsr­at der Rudolf Wöhrl AG, zuletzt als dessen Vorsitzend­er, und übernahm im September mit dem Beginn des Schutzschi­rmverfahre­ns den Vorstandsv­orsitz. Er bringt nicht nur viel Erfahrung in den Bereichen Finan zierung und Expan sion mit, er ist auch ein Experte, wenn es um Stra tegieberat­ung von Familienun­ter nehmen geht. 2005 gründete er das Familienun­terneh merforum Alphazirke­l und ist unter an derem Geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Enterprise­s Geiger & Mach Group.

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Foto: Felicitas Macketanz Das Modehaus Wöhrl, das auch in Augsburg ein großes Geschäft hat, befindet sich in einem Insolvenzv­erfahren und sucht einen Investor.
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Andreas E. Mach

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